Nach dem Chefarzt-Krach: Vertrauen ins Bielefelder Klinikum steht auf dem Spiel

Das Klinikum Bielefeld kommt nicht zur Ruhe. Präsentiert sich das Haus äußerlich mit Neubau des Haupteingangs und des Notfall- und Intensivmedizinischen Zentrums als riesige Baustelle, so gilt dies gleichermaßen für die Führung des Hauses. Höhepunkt der seit vier Wochen in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Auseinandersetzung zwischen dem Ärztlichen Direktor, Holger Sudhoff, und dem Geschäftsführer, Michael Ackermann, war am vergangenen Montag die sofortige Freistellung des Medizin-Professors. Dieser habe, so der Geschäftsführer, die Verschwiegenheitspflicht verletzt und interne Unterlagen aus dem Klinikum an Dritte weitergeben. Sudhoff wies die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen natürlich zurück. Gleichwohl musste der angesehene Mediziner am Montag unter Aufsicht umgehend sein Büro im Klinikgebäude an der Teutoburger Straße räumen. Zuvor hatte er selbst gekündigt, wollte seinen Vertrag aber bis zum 31. März kommenden Jahres erfüllen. Der Konflikt im Klinikum ist der Außenwirkung des Hauses nicht gerade förderlich. Das Vertrauen der Bielefelder in ihr Klinikum steht auf dem Spiel. Auch wenn ein Eingriff die Gesundheit wiederherstellen oder gar lebensrettend sein kann: Patienten haben zumindest ein mulmiges Gefühl, wenn sie unters Messer müssen. Negative Schlagzeilen in der Presse über das Krankenhaus seiner Wahl mag man da lieber nicht lesen. Nicht irgendwelche Lappalien angeprangert Denn der scheidende Ärztliche Direktor prangert ja nicht irgendwelche Lappalien an, sondern er erhebt schwere Vorwürfe: Durch den strengen Sparkurs gebe es eine hohe Fluktuation im Klinikum, immer häufiger würden Operationen von Tumorpatienten verschoben und fast täglich soll es außerdem Überlastungsanzeigen von Beschäftigten geben. Und natürlich widersprach und relativierte Geschäftsführer Ackermann diese Vorwürfe. Doch es bleibt mehr als ein fader Beigeschmack. Dass Operationen abgesagt werden müssten, komme immer wieder vor, so Ackermann, weil dabei die Zahl der zur Verfügung stehenden Intensivbetten berücksichtigt werden müsse. Diese könne aber wegen akuter Notfälle immer wieder variieren, was kurzfristige Umorganisationen erfordere. Nun, das ist nicht unbedingt feinfühlig gegenüber Patienten, die sich demnächst im Klinikum einem Eingriff unterziehen müssen. Sich vor einer Operation nächtelang Sorgen zu machen, ist ganz normal. Und wenn man dann, nachdem man sechs Stunden vor dem Eingriff nichts mehr gegessen und getrunken hat, praktisch im OP-Hemd nach Hause geschickt wird, weil die OP aus Personalmangel nicht stattfinden kann, dann ist das eine in hohem Maße psychische Belastung für den Patienten. Operationen von Tumorpatienten verschoben Da hat sich der neue Pflegedirektor des Klinikums, Maik Toremans, kürzlich im NW-Interview wesentlich ehrlicher geäußert. Weil sogar Operationen von Tumorpatienten verschoben wurden, &bdquo;müssen wir uns die Frage stellen, wie wir uns in Zukunft aufstellen, um das zu verhindern. Wichtig sind Innovationen, um unsere Mitarbeiter zu entlasten und somit Ausfälle zu minimieren.“ Solche Aussagen hätten Ackermann besser gestanden. Nicht nur darum geht auch der Geschäftsführer aus dem Klinik-Krach zumindest angezählt hervor. Zumal es sich vielleicht ein Fußball-Bundesligist leisten mag, einen freigestellten Trainer (oder bei Arminia auch mal zwei) bis Vertragsende zu entlohnen, ohne dafür Leistungen zu bekommen. Wenn ein Krankenhaus, wo ohnehin alles auf Kante genäht ist, einen freigestellten Chefarzt über ein halbes Jahr weiterbezahlen muss, dann fehlt eine üppige sechsstellige Summe in der Kasse – wohlgemerkt Geld von den Krankenkassen und von uns Steuerzahlern.

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