Kurios: Bielefelder Müllwagen müssen zum Wasserstoff-Tanken nach Rheda fahren

Bielefeld. Saubere Sache für die städtische Abfallentsorgung – eine kleine Flotte von Wasserstofffahrzeugen wird in Zukunft in der Stadt emissionslos Mülltouren fahren. Ab September bekommt das Pilotfahrzeug, dass der Umweltbetrieb seit 2021 ausgiebig getestet hat, Verstärkung von sechs weiteren Wasserstoff-Müllwagen. Doch die neue Technologie hat einen stolzen Preis und zum Tanken müssen die Fahrzeuge ein- bis zweimal die Woche bis nach Rheda fahren. Obwohl es in Bielefeld eine Wasserstoff-Tankstelle gibt. Rund eine Million kostete die Anschaffung des ersten Testfahrzeugs, doch das teure Gefährt für die Müllentsorgung hat sich bewährt. Eine neue Wasserstoff-Flotte wird im Herbst jetzt schrittweise beim Umweltbetrieb anrollen. &bdquo;Im September nehmen wir zwei weitere Fahrzeuge in Betrieb, dann jeweils zwei im Oktober und November“, sagt Corinna Horstmeier, die als Abteilungsleiterin beim Umweltbetrieb für den Fuhrpark zuständig ist. Zusammengenommen kosten die Wasserstoff-Müllwagen mehr als sechs Millionen Euro und sind damit etwa viermal so teuer wie die gängigen Diesel-Modelle. Fast ein Drittel der Reichweite geht für die Tankfahrt drauf Die hohen Anschaffungskosten seien ein großer Nachteil, räumt Horstmeier ein. Doch 90 Prozent der Mehrkosten gegenüber einem gängigen Entsorgungsfahrzeug habe man – wie schon beim Testfahrzeug – mit Fördermitteln decken können. Der Gesetzgeber verlange zudem, dass zehn Prozent der bis Ende 2025 angeschafften schweren Nutzfahrzeuge mit Öko-Antrieb ausgestattet sein müssen, erklärt die Fuhrpark-Chefin. Bisher umfasst die städtische Abfallflotte 50 reguläre Sammelfahrzeuge mit Dieselmotor. Eine der größten Baustellen der neuen Technologie ist jedoch das Tanken: Um die Fahrzeuge mit Wasserstoff zu befüllen, müssen die Mitarbeiter des Umweltbetriebs ein- bis zweimal die Woche ins rund 40 Kilometer entfernte Rheda fahren. Hier gibt es seit Mai 2019 die erste öffentliche Wasserstoff-Tankstelle (Shell) in ganz Ostwestfalen-Lippe – bis heute die einzige. Zwar hat auch Bielefeld eine Wasserstoff-Tankstelle, betrieben vom Verkehrsunternehmen Mobiel. &bdquo;Aber wir können die vorhandene Tankstelle für die Mobiel-Busse an der Müllverbrennungsanlage leider nicht mit unseren Nutzfahrzeugen anfahren“, sagt Horstmeier. Denn für die Tankstelle seien Fördermittel geflossen, die ausschließlich für den öffentlichen Personennahverkehr bestimmt gewesen seien. Die Nutzung ist daran gebunden. Die Busse tanken zudem nur mit 350 Bar Druck, die Müllwagen mit 700 Bar - eine Umrüstung wäre notwendig gewesen. Auf dem eigenen Betriebshof könnten die Batterien der mit Elektromotor ausgestatteten Wasserstoff-Müllfahrzeuge zwar zur Not elektrisch geladen werden, so die Fuhrparkchefin. Doch eigentlich solle der Strom für den Antrieb ja mit den integrierten Wasserstoff-Brennstoffzellen erzeugt werden. Die Konsequenz: Trotz eigentlich rund 300 Kilometern Reichweite können die neuen Müllwagen nur auf rund 200 Kilometern für die Entsorgung eingesetzt werden. Dann steht die nächste Tankfahrt an, für die fast ein Drittel der Reichweite draufgeht. Bielefeld sollte ein Vorreiter beim Wasserstoff sein - doch in der jüngsten Förderrunde gab es keine neuen Gelder für das Projekt Absurd auch deshalb, weil Bielefeld zusammen mit den Kreisen Lippe und Minden-Lübbecke eine vom Bund geförderte Wasserstoff-Modellregion bildete. Daraus entstanden ist das Netzwerk &bdquo;HyDrive OWL“, das den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur vorantreiben soll. Auch der Umweltbetrieb engagiert sich hier. Leider sei man in der jüngsten Förderrunde jedoch leer ausgegangen und habe für eine eigene Tankstelle sowie für weitere Wasserstoff-Fahrzeuge für den Umweltbetrieb keine Mittel akquirieren können, erklärt Horstmeier. Diese hatte ebenfalls auf dem MVA-Gelände entstehen sollen für rund zwei Millionen Euro. Ohne Fördermittel ein zu teueres Unterfangen aus Sicht des städtischen Entsorgers. Der Umweltbetrieb hofft nun auf private Investoren, denn Bielefeld sei als Standort für eine Wasserstoff-Tankstelle attraktiv. Mit regionalen Tankstellenbetreibern und Logistikern sei man im Gespräch, eine geeignete Fläche werde gesucht, so Horstmeier. &bdquo;Wir brauchen in der Stadt jetzt Betriebe und Fuhrparks, die diese Fahrzeuge einsetzen.“ An einer Bielefelder Wasserstofftankstelle für Lkw und Co. könnten zukünftig dann auch Besitzer von Wasserstoff-Autos tanken. Lesen Sie auch: Batterie oder Wasserstoff? Womit werden Lkw in Zukunft angetrieben? Doch was sind eigentlich die Vorteile, die diesen Aufwand rechtfertigen? Dank der Energie aus den Wasserstoff-Brennstoffzellen und weil bei der Fahrt Bremsenergie zurückgewonnen wird, kämen die E-Fahrzeuge auf hohe Reichweiten, erklärt Horstmeier. Das mache die Technologie für Logistiker interessant. &bdquo;Der Nutzen ist in der Abfallsammlung groß, weil sehr schwere Fahrzeuge zum Einsatz kommen, die weite Strecken zurücklegen und im städtischen Stop-und-Go-Verkehr unterwegs sind.“ Leise seien sie obendrein. Und das Wichtigste: &bdquo;Aus dem Auspuff kommt nur Wasserdampf.“

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