"Rambo-Nummer": Bielefelder Polizist lügt und wird zu hoher Geldstrafe verurteilt

Bielefeld. &bdquo;Die Angaben von Polizeibeamten genießen vor Gericht ein großes Vertrauen. Wir sind darauf angewiesen, was uns der Polizeibeamte sagt und glauben ihm. In diesem Fall wäre der Kradfahrer belangt worden. Wir müssen froh sein, dass sich eine unbekannte Person mit einem aussagekräftigen Video an die Neue Westfälische wandte und die uns informierte“, erklärte Oberstaatsanwalt Franz-Josef Weber. Am Mittwochvormittag sitzt ein 28-jähriger Kommissar der Bielefelder Polizei wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr geknickt auf der Anklagebank des Bielefelder Amtsgerichts. Zur Vorgeschichte: Am 13. August vergangenen Jahres fällt einer Polizeistreife, die mit ihrem Einsatzwagen unterwegs ist, kurz nach Mitternacht auf der Jöllenbecker Straße ein mit zwei Personen besetzter Roller durch eine auffällige Fahrweise auf. Versuche der Polizisten, am Steuer der Angeklagte, den mutmaßlich unter Drogen stehenden 20-jährigen Fahrer des offenbar getunten Zweirades zum Anhalten zu bewegen, scheitern. Der Rollerfahrer gibt Gas, flüchtet und wechselt laut Polizei von der Fahrbahn auf den Gehweg. In einem späteren Pressebericht, der nach Angaben der drei Einsatzbeamten gefertigt wurde und derzeit den Medien zuging, liest sich das Stellen des Rollerfahrers so: &bdquo;Die Beamten überholten den Fahrer erneut, wobei sie den Roller für kurze Zeit aus den Augen verloren. Als sie das Fahrzeug langsam seitlich abstellten, hörten sie nach kurzer Zeit einen Aufprall. Der 20-Jährige war mit dem Roller in das Heck des Streifenwagens gefahren. Er und sein Sozius blieben bei dem Unfall unverletzt.“ Damit wäre die Sache für die drei Streifenpolizisten eigentlich erledigt gewesen, wenn nicht ein Augenzeuge, der von der Verfolgungsfahrt mit seinem Handy ein Video drehte und es der Neuen Westfälischen zur Verfügung stellte. Handyvideo zeigt den genauen Tathergang Nur selten gibt es in Gerichtsverhandlungen so eindeutige Beweise für einen Tatablauf wie in diesem Fall. Auf dem offensichtlich aus einem oberen Stockwerk erstellten Film ist zu sehen, wie der Polizei-Van mit Blaulicht am Roller vorbeirast, der Fahrer des Streifenwagens, jetzt Angeklagter, nach rechts Richtung Gehweg steuert und mit quietschenden Reifen eine Vollbremsung hinlegt. Der völlig überraschte Rollerfahrer knallt ins Heck des Streifenwagens, es klirrt, ein Polizist springt aus dem Van und reißt die Besatzung des Rollers zu Boden. Der erdrückende Videobeweis für das Fehlverhalten mündete nicht nur in ein Disziplinarverfahren der Polizeibehörde sondern auch in eine Anklage. Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, hier das Bereiten eines Hindernisses, musste sich der 28-Jährige verantworten. Voll geständig und einsichtig zeigte sich der Angeklagte. &bdquo;Ich habe mich doof verhalten. Die Bremsung war viel zu stark. Es tut mir leid. Ich wollte keinen schädigen oder gefährden. Im Nachhinein war es eine Fehlentscheidung. Ich würde es nie wieder tun“, erklärte der Kommissar, der seit 10 Jahren als Polizist arbeitet. Auf die Frage des Oberstaatsanwalts Franz-Josef Weber, warum er seinen Kollegen, die den Unfall aufnahmen, falsche Angaben gemacht habe, mochte der Angeklagte nicht beantworten. Die Reaktion des Rollerfahrers, unter Drogen und ohne Führerschein, sei sehr gut gewesen. Mit rund 20 km/h sei er in das Heck des Polizeiautos gefahren, meinte der Staatsanwalt. &bdquo;Ich nehme ihnen ab, dass es eine Spontanreaktion war. Spontanversagen des Polizeikommissars Spontanversagen sind ein Dilemma für alle Polizeibeamten. Sie müssen oft innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheiden, sind hohem Stress ausgesetzt. Wir in der Justiz haben längere Zeit, Entscheidungen zu treffen. Sie müssen alle Umstände sofort bewerten, um richtig zu handeln. Doch hier wurden Grenzen überschritten“ führte der Oberstaatsanwalt in seinem Plädoyer aus. Er beantragte eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen, insgesamt 7.200 Euro und ein Fahrverbot von zwei Monaten. Dem folgte Richter Joachim Grunsky. Er habe zunächst auch über einen Führerscheinentzug nachgedacht. &bdquo;Ist jemand charakterlich ungeeignet, ein Fahrzeug zu führen? Besteht die Gefahr einer Wiederholung? Ich habe beste Hoffnung, dass sie aus dieser Geschichte gelernt haben“, gab der Richter dem Kommissar mit auf den Weg. &bdquo;Sie sollen ihrem Beruf weiter nachgehen, aber nicht ganz ungeschoren davonkommen. Mit ihrer Rambo-Nummer haben sie die Gesundheit von zwei Menschen gefährdet und wollten die Tat auch noch vertuschen“, sagte der Richter. Wie das Disziplinarverfahren ausgeht, ist noch offen. Bei einer Beförderungsrunde wurde der Beamte bereits übergangen.

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