Was ist da los? Eine Bielefelder Kirche zieht so viele Menschen an, dass der Platz nicht reicht

Bielefeld. Negativschlagzeilen und Austrittswellen: Viele wenden sich von der Kirche ab. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel der evangelischen Gemeinde in Hoberge-Uerentrup. Hier gab's jetzt so viele Konfirmandinnen und Konfirmanden, dass gar nicht alle in die Kirche passten. Zumindest nicht mit allen Gästen. Was ist da los? "Man kann hier mit den Predigten wirklich etwas anfangen", sagt Johannes (14), einer der knapp 30 Jugendlichen, die am Wochenende - aufgrund der Vielzahl in zwei Gruppen aufgeteilt - von Pastor Volker Tosberg in der Markuskirche konfirmiert wurden. "Sie haben immer einen Bezug zum echten Leben, zu unserem Alltag." Das bestätigen auch die anderen Konfis. An welchen Mast will ich mein Segel festmachen? Für welche Werte stehe ich ein? Und was bedeutet Glaube für mich? Darum ging's nicht nur am großen Tag jetzt am Sonntag. Auch in den knapp zwei Jahren Konfi-Zeit hätten sie sich gemeinsam Gedanken darüber gemacht, was im Leben zählt und trägt, auch in stürmischen Zeiten. "Der Unterricht hat wirklich immer Spaß gemacht, war gar nicht langweilig und trocken", sagt Clementine (13). Sie habe Bibelgeschichten nochmal ganz anders wahrgenommen, ergänzt Emilie (13). Das könne doch nicht wahr sein, habe sie früher oft gedacht. An Wunder glauben: Das hilft im Alltag "Aber im Konfi-Unterricht haben wir die Botschaft betrachtet, die dahintersteckt." Dass man auf Gott vertrauen kann, egal wie finster es manchmal aussehe, zum Beispiel. Oder dass man ruhig auch an Wunder glauben dürfe. Das könne sehr hilfreich sein im Alltag. "Es ist schön, wenn man etwas hat, woran man sich festhalten kann, egal was passiert" sagt auch Clementine. Sie wolle zusammen mit ihren Freundinnen auf jeden Fall auch weiter zu den wöchentlichen Jugendtreffs in der Gemeinde gehen, vielleicht selbst dann auch Teamerin werden und als Betreuerin mit auf die Konfi-Freizeit nach Wangerooge fahren. Das sei auf jeden Fall auch ein Höhepunkt der Konfi-Zeit gewesen. "Es geht doch nur ums Geld", ist oft im Zusammenhang mit Konfirmation zu hören. Klar, Geschenke gehören auch dazu. In welcher Dimension, das müsse jeder für sich entscheiden, sagt Pastor Tosberg. Dass aber wirklich etwas Wesentliches ankomme bei den Jugendlichen, bestätigten nicht nur Rückmeldungen von ihnen und ihren Eltern. Auch nach der Konfi-Zeit kämen viele weiterhin in den Gottesdienst, oder engagierten sich in der Jugendarbeit der Gemeinde. Dass sie mit Vertrauen und Zuversicht ins Leben hinausziehen, dass sie ihre Werte, ihren Kurs und ihre Haltung hinterfragen und den Mut haben, gegen den Strom zu schwimmen, wünscht Tosberg den Jugendlichen. Viele kennt er von klein auf. Entspannung beim Gottesdienst am Sonntag Auch über ihre Konfi-Sprüche haben sie sich gemeinsam Gedanken gemacht. "Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit": Diese Bibelstelle hat Johannes sich ausgesucht. Mit der Kombination - und mit Vertrauen auf Gott - könne man doch gut durch Leben kommen, sagt er. Seit einiger Zeit spielt er im Posaunenchor der Gemeinde, noch länger schon auch immer mal wieder die Orgel in der Kirche. Er gehe gerne am Sonntag in den Gottesdienst. Das sei nach den oft doch recht vielen anderen Aktivitäten in der Woche schön entspannend. Auch Jell (14) wurde am Wochenende konfirmiert, in der Lutherkirche der Markusgemeinde in Sieker, von Pastorin Uta Meyer zu Helligen und Pastor Hartmut Brünger. "Glaube bedeutet für mich Geborgenheit", sagt Jell. "Ich bete oft zu Gott, wenn ich allein bin und kann dabei meinen Gedanken und Gefühlen freien Lauf lassen." Es sei ihm wichtig gewesen, konfirmiert zu werden. Er habe selbst zwei tolle Paten und freue sich, jetzt auch die Möglichkeit zu haben, selbst einmal Pate zu werden. Radtour am Weserradweg, Skydiving im Windkanal "Die Konfirmandenzeit war für mich recht kurzweilig", sagt er. Es habe immer interessante Gespräche gegeben. Die Konfigruppe sei durch die einwöchige Freizeit auf Langeoog im vergangenen Sommer stark zusammengewachsen. "Ich habe mir vorgenommen, noch regelmäßig in der Kirche oder im Gemeindehaus vorbei zu schauen", sagt Jell. Am Freitag finde dort eine Party für die Konfis und ihre Freunde statt. Hartmut und Uta, wie sie ihre Pastorin und ihren Pastor nennen dürfen, ließen sich immer etwas Nettes einfallen. Über das Thema "Geschenke" habe er sich schon einige Zeit vorher Gedanken gemacht, da seine Gäste im Vorfeld nachgefragt hätten. Einfach Zeit zusammen zu verbringen, habe er sich gewünscht. Und so kann er sich jetzt auf viele tolle Unternehmungen, wie eine Radtour am Weserradweg, Skydiving im Windkanal oder Besuch der Terra-Wortmann-Open freuen.

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