Wenn Baby nicht durchschläft: Bielefelder Schlafberaterin gibt Tipps

Bielefeld. Schlaflose Nächte - viele Mütter und Väter kennen sie nur zu gut. Insbesondere Babys und Säuglinge schlafen nachts nicht durch und halten ihre Eltern wach. Bis zu einem gewissen Grad ist das völlig normal. Doch es gibt auch die extremen Fälle. Zum Beispiel, wenn die Familie nachts nochmal eine Runde mit dem Auto drehen muss, weil der Nachwuchs nur beim Autofahren einschläft. Oder wenn das vierjährige Kind 19 Mal in einer Nacht wach wird - und das über Monate. Mit diesen Fällen hat Ivone Silvestri zu tun. Als Schlafcoach berät sie verzweifelte Eltern, deren Babys und Kleinkinder extrem schlecht schlafen. Sie weiß, dass sich der katastrophale Schlaf der Kleinen auf die ganze Familie auswirken kann. "Nicht nur die Kinder leiden darunter, auch die Eltern sind extrem angespannt. Teilweise führt das bis zum Burnout", berichtet sie. Die 42-Jährige arbeitet schon lange mit Familien und Kindern. Vor 20 Jahren schloss sie ihre Ausbildung zur Erzieherin ab. Nach ihrem Bachelorabschluss in Sozialer Arbeit war sie einige Jahre in einer Familienberatungsstelle angestellt. Dann folgte die mehrwöchige Online-Weiterbildung zum Babyschlafcoach. Seit zwei Jahren ist sie jetzt mit ihrem Angebot "Hello Luna" selbstständig. Ihr Büro hat sie zu Hause, in Bielefeld-Mitte, wo sie mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern lebt. Ihre Beratungen finden meist per Videoanruf statt. In vier Sitzungen, über einen Zeitraum von vier Wochen, hilft sie Eltern dabei, die Schlafsituation ihrer Kinder zu verbessern. Aber wie können derart immense Probleme innerhalb von vier Wochen verbessert werden? "Da fließen auch mal Tränen" "Zunächst schildern mir die Mütter und Väter ganz genau die Schlafrituale ihrer Kinder. So bekomme ich ein Gefühl dafür, wo die Probleme liegen", erklärt sie. Ihr sei es besonders wichtig, in die Tiefe zu gehen und die Gesamtsituation der Familie zu betrachten. "Ich frage immer auch nach der Vorgeschichte der Familie. Gab es zum Beispiel lange einen unerfüllten Kinderwunsch? Oder hat es Probleme bei der Geburt des Kindes gegeben?" All das könnten Gründe für die angespannte Schlafsituation sein, erklärt Silvestri. Denn diese Vorgeschichten hätten oft Einfluss darauf, wie Eltern mit den Problemen der Kinder umgehen. So würden Eltern häufig versuchen, ihren Nachwuchs bei Schlafproblemen durch Hilfestellungen zu unterstützen. Das führe oft dazu, dass die Kleinen ohne diese Hilfestellungen nicht mehr in den Schlaf finden. "Es gibt Kinder, die jedes Mal zum Einschlafen an den Haaren der Mutter ziehen, weil sie das so gewohnt sind", erzählt sie. In anderen Fällen würden Eltern in ihrer Verzweiflung stets den Föhn anschalten, damit das Kind einschlafe. Nicht selten seien insbesondere die ersten Beratungsgespräche sehr emotional für Mütter und Väter. "Manche von ihnen haben das Gefühl, als Eltern nicht gut genug zu sein. Da fließen auch mal die Tränen", berichtet Silvestri. Umso wichtiger sei es ihr, Eltern zu stärken und ihnen zu zeigen, dass sie nicht perfekt sein müssen. Das sei auch der Grund, wieso sie sich für den Beruf entschieden habe. Kinderarzt mahnt zur Vorsicht Im weiteren Verlauf der Beratung erstellt Silvestri gemeinsam mit den Eltern einen Plan, in dem sie Lösungen für die Probleme der Familie aufstellen. Ein Geheimrezept für guten Schlaf hat die 42-Jährige dabei allerdings nicht. "Jede Methode ist individuell, weil auch die Probleme unterschiedlich sind", erklärt sie. Wichtig sei, das Vertrauen der Eltern in sich selbst und in ihre Kinder zu stärken. Ivone Silvestri ist nicht die einzige Bielefelderin, die Babyschlafcoaching anbietet. Derartige Angebote haben sich mittlerweile zu einem Trend entwickelt. Marcus Heidemann, Sprecher der Bielefelder Jugend- und Kinderärzte, mahnt deshalb zur Vorsicht. "Eltern sollten die Qualifikationen dieser Personen sehr kritisch hinterfragen und nicht auf vermeintliche Pseudozertifikate vertrauen", sagt er. Da die Berufsbezeichnung "Babyschlafcoach" nicht geschützt ist, können auch Menschen ohne entsprechende Ausbildungen solche Titel verwenden. Die Theorien, die dahinter stecken, seien gegebenenfalls nicht wissenschaftlich fundiert, erklärt Heidemann. Nichtsdestotrotz wolle er keine Pauschalaussage treffen. "Im Einzelfall können die Angebote durchaus auch sehr gut sein", ergänzt er. "Ich schaue auf die Gesamtsituation" Auch Ivone Silvestri ist sich der Problematik bewusst, dass die Berufsbezeichnung nicht geschützt ist. Sie wolle sich mit ihrem Angebot daher von reinen Beratungsangeboten zum Thema Babyschlaf unterscheiden. "Durch meine pädagogische Vorerfahrung kann ich Familien ganzheitlich beraten, ich schaue mir immer die Gesamtsituation an und fokussiere mich nicht nur auf den Schlaf", sagt sie. Marcus Heidemann rät Eltern, deren Kinder starke Schlafprobleme haben, zunächst einen Kinder- und Jugendarzt oder -psychologen aufzusuchen, der selbst berät oder Angebote vermitteln kann. Oft könne dort geholfen werden.

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