Hohe Strafen drohen: Bielefelder müssen ihre Katzen kastrieren lassen

Bielefeld. Man hört sie nicht, man sieht sie nicht, und keiner weiß so recht, wie viele es sind: frei laufende Katzen, mit eigenem Zuhause, aber auch herrenlose, die mehr recht als schlecht in Schrebergärten, auf Friedhöfen, Firmen- oder Brachflächen überleben. "Es ist schon viel, wenn da man irgendwo mal ein Tier wahrnimmt", meint der Vorsitzende des Tierschutzvereins, Helmut Tiekötter. Er verfolgt das Leid der scheuen Streuner, darunter viele ehemalige Hauskatzen, seit Jahren. Trotz regelmäßiger und aufwendiger Kastrationsaktionen vermehren sie sich unkontrolliert. "Wir kämpfen da gegen Windmühlenflügel." Er ist deshalb sehr erleichtert, dass die Politik jetzt die städtische Kastrationspflicht verlängert hat. Das Grundproblem: Obwohl die "Verordnung zum Schutz frei lebender Katzen auf dem Gebiet der Stadt Bielefeld" seit dem Frühsommer 2018 durchgehend gilt, lassen viele Besitzer ihre Vierbeiner nicht kastrieren. Nicht artgerecht, zu teuer, nur Wohnungshaltung - es gibt eine ganze Anzahl von Begründungen. Tiekötter kennt sie alle, und für ihn ist keine davon stichhaltig. Selbst wenn Katzen nie nach draußen dürften, rät er dringend zur Kastration. Und erzählt von einer Studentin, die sich drei Stubentiger angeschafft hatte, die dann rollig wurden. "Sie hat gesagt, sie hält es nicht mehr aus, und hat uns um Hilfe gebeten." Die allerdings kann das Tierheim selbst bei absoluten Notfällen kaum noch leisten. "Wir haben sonst dafür immer mit zwei Tierärzten zusammengearbeitet", erzählt Bielefelds oberster Tierschützer. Die hätten dann einen Nachlass gewährt. Aber jetzt seien die Preise auf bis zu 200 Euro - und mehr - gestiegen, da lasse sich kaum noch etwas machen. Zudem schlage nun auch die Erhöhung der Futterkosten für die Streuner voll durch. "Dafür gibt es keine Spenden. Das müssen wir voll selbst tragen." Gerade an den Futterstellen kämen aber auch viele Katzen zusammen, dort könnten sie gefangen und kastriert werden. "In Brackwede am Hallenbad beispielsweise haben wir inzwischen über 100 Tiere kastriert." Doch es tauchten dort immer neue auf: "Da muss man schon unterstellen, dass die Leute da ihre Katzen entsorgen." Und zwar unkastriert. Innerhalb von zehn Jahren Millionen von Nachkommen Die Tierschützer beobachten seit Jahren, dass die Zahl nicht kastrierter Freigänger zunimmt. Eine Katze wirft in der Regel zweimal jährlich bis zu sieben Welpen. Da es keine natürlichen Feinde gibt, regelt sich die Populationsdichte nicht auf natürliche Weise. Und so kann die Nachkommenschaft einer einzigen Katze in zehn Jahren auf Millionen von Nachkommen anwachsen. Viele der scheuen Tiere sind zudem krank, unterernährt und verletzt. Das fällt kaum jemandem auf - Katzen leiden still. Dagegen seien bei einer Kastration keine negativen Folgen für Gesundheit, Verhalten oder Wohlbefinden bekannt, unterstreicht der Deutsche Tierschutzbund. Da Katzen nicht angemeldet werden müssen, nicht steuerpflichtig sind und auch der Tierarzt Kastrationen nicht melden muss, kann die Stadtverwaltung die Zahl der Bielefelder Katzen nur ansatzweise schätzen. Sie geht von rund 60.000 Tieren aus. Der Tierschutzverein hofft, dass die nun verlängerte Verordnung die Halter unkastrierter Minitiger zum Nach- und Umdenken bringt. "Wenn sie nicht verlängert worden wäre, dann wäre das eine Katastrophe gewesen", meint Tiekötter. Bei Missachtung der vorgeschriebenen Kastration, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht drohen hohe Strafen. Verordnung gilt bis 2028 Die in Teilen geänderte "Verordnung zum Schutz frei lebender Katzen auf dem Gebiet der Stadt Bielefeld" muss nach der Zustimmung des Sozial- und Gesundheitsausschusses am Donnerstag, 30. März vom Rat endgültig beschlossen werden. Sie gilt dann bis zum 31. Mai 2028.

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