Sorgen um Bielefelder Einkaufsmeile: Warum die Bahnhofstraße um Kunden kämpft

Bielefeld. Ein herber Schlag für die Bahnhofstraße: Ende Februar war bekanntgeworden, dass die Modekette Sinn der Einkaufsstraße den Rücken kehrt und in die Altstadt abwandern will. Nicht aber aus wirtschaftlichen Gründen. &bdquo;Wir wollen in Richtung Altstadt umziehen, da wir dort unsere Kunden haben“, sagte Geschäftsführer Thomas Wanke zu seinen Beweggründen. &bdquo;Wir sehen uns künftig nicht in der Bahnhofstraße.“ Diese Aussage hat für Diskussionen gesorgt. Denn die Bahnhofstraße ist nach wie vor ein Frequenzbringer. Laut dem Unternehmen Hystreet, das die Passantenströme in den Innenstädten misst, schoben sich im Jahr 2022 8,3 Millionen Menschen zwischen Jahnplatz und Arndtstraße durch die Innenstadt. Zum Vergleich: In Essen (Limbecker Straße) waren es 7,9, in Bochum 7,2. Mit der Besucherfrequenz hat das Problem Bahnhofstraße offenbar also nichts zu tun. Dennoch kämpft die Einkaufsmeile um Kunden. &bdquo;Man muss schauen, dass die Bahnhofstraße nicht abrutscht“, sagt Bielefeld-Marketing-Chef Martin Knabenreich. Die Fußgängerzone sei geprägt von Filialisten. Um Aufenthaltsqualität zu schaffen, brauche es aber neue Inspirationen und andere Shoppingkonzepte, die mehr Aufenthaltsqualität schaffen würden. Ein Schritt ist getan: Im Untergeschoss des Shoppingcenters Loom eröffnet Intersport Vosswinkel am 16. März für mehrere Monate einen Pop-up-Store. Im Sommer kommen mobile Sitzgelegenheiten für die Bielefelder Bahnhofstraße Seit Januar ist Desirée Lukowski als neue City-Managerin in Bielefeld im Einsatz. Sie soll als Kopf des &bdquo;City.Teams“ die Innenstadt voranbringen. &bdquo;In der Bahnhofstraße muss Veränderung stattfinden, damit sie attraktiver wird“, sagt sie. Händler klagen über fehlende Umsätze, Besucher fühlen sich teilweise nicht wohl und bemängeln fehlende Sauberkeit. &bdquo;Wir tun etwas“, sagt sie. So kommen im Sommer mobile Sitzgelegenheiten, auch neue Mülleimer werden aufgestellt. Das sei bitter nötig, finden auch andere. Wie Thomas Kunz. Er ist seit 2009 Chef des Handelsverbands OWL und kennt die Bahnhofstraße gut, war von 2002 bis 2009 als damaliger Chef des Bielefelder Karstadt-Hauses Vorsitzender der Werbegemeinschaft City. Er sagt: &bdquo;Die Bahnhofstraße ist einfach in die Jahre gekommen.“ Es sei lange nicht investiert worden, das räche sich jetzt. Kunz spricht sich gar für ein komplett neues Pflaster aus, um die Attraktivität zu erhöhen. Wie in der Altstadt: 2005 war die Fußgängerzone mit chinesischem Granit neu gestaltet worden, seitdem ist sie eine einladende Flaniermeile. Vier Jahre wurde darüber gestritten, mehrere Monate dauerte dann der Umbau. Aber in der Bahnhofstraße steht das erst einmal hinten an: Schon 2016 hatte die Politik einen flächenhaften Austausch des Pflasters aus Kostengründen ausgeschlossen. Damals verwies Baudezernent Gregor Moss auf die Sanierungen am Kanal- und Leitungsnetz, die 2030 anstünden. Teure Umgestaltungen hielt er deswegen vorher für wenig sinnvoll. Was passiert mit Galeria Karstadt Kaufhof? Eine der wichtigsten Fragen aus Sicht der Bielefelder Händler Die großen Filialisten in der Bahnhofstraße sind laut Kunz zwar nach wie vor Riesen-Frequenzbringer. Aber das alleine reicht anscheinend nicht mehr. &bdquo;Wir haben dort immer noch eine 1a-Lage“, sagt er. Häuser wie Peek & Cloppenburg oder auch Galeria Karstadt Kaufhof seien &bdquo;Magneten“. Noch. Denn sicher ist es noch nicht, ob Galeria Karstadt Kaufhof auch in Bielefeld bleibt. Verlässt das Haus Bielefeld, könnte es problematisch für die Bahnhofstraße werden, sagen Experten. Noch in diesem Monat soll die Entscheidung über die Zukunft der Bielefelder Filiale fallen. Damit zu rechnen ist ab Montag. Johannes Göke, Vorsitzender der Werbegemeinschaft City, macht sich indes keine Sorgen um die Bahnhofstraße, wie er erklärt. &bdquo;Ich bin Optimist“, sagt er. Man müsse jetzt aber eben abwarten, was mit Galeria Karstadt Kaufhof passiere und was auf Görtz an der Stresemannstraße folge. &bdquo;Wir als Händler müssen sehen, dass wir die Geschäfte vernünftig betreiben und für unsere Kunden und Mitarbeiter da sind“, sagt er. &bdquo;Wir sind nach Corona in einer Umbruchphase mit verschiedenen Schwierigkeiten.“ Im Dezember haben die Ratsfraktionen eine &bdquo;Allianz“ geschmiedet: Eine XXL-Koalition aus CDU, SPD, Grünen, FDP und Linken will ein Gesamtkonzept mit dem Ziel einer &bdquo;vitalen Innenstadt“ erarbeiten. Laut Simon Lange (CDU) muss sich in der City was tun. &bdquo;In der Bahnhofstraße ist noch Luft nach oben“, sagt er. &bdquo;Man muss aber auch links und rechts schauen.“ Für Sven Rörig (SPD) passen die Planungen für einen autofreien Emil-Groß-Platz, das Jugendkulturzentrum im Jahnplatzforum und ein Umbau des Bahnhofsvorplatzes in eine moderne Innenstadt. &bdquo;Das lockt Menschen ins Zentrum und stärkt unseren wichtigsten Handelsstandort“, sagt er. Rörig spricht von einer guten Arbeitsatmosphäre in der XXL-Koalition. &bdquo;An dieser Stelle braucht die Stadt den Zusammenhalt.“

Meistgelesen