Wachstumskurs

Bielefelder Firma liefert Stoffe für Kirschkernkissen - und für kugelsichere Westen

BVS Gewebetechnik hat sich bei hochspezialisierten Textilien einen Namen gemacht. Jetzt will das Unternehmen auch im Wellness-Bereich punkten.

Rolf Gramsch hat als Geschäftsführer von BVS unzählige Gewebe im Portfolio - neuerdings allerdings auch Kirschkernkissen. | © Sarah Jonek

Eike J. Horstmann
14.03.2023 | 22.01.2025, 16:23

Bielefeld. Es ist schon einige Jahre her, dass Bielefeld den Ruf einer Textilien-Metropole hatte. Spinnereien, Webereien und ganze Handelshäuser sorgten einst dafür, dass Bielefeld und gute Stoffe praktisch in einem Atemzug genannt wurden. Davon ist heute nicht mehr viel übrig, es gibt allerdings noch einige wenige Aufrechte der Textilbranche, die in der Stadt verblieben sind.

Einer davon ist BVS Gewebetechnik. Das an der Stadtheider Straße ansässige Unternehmen betreibt zwar keine Webstühle und stellt auch selbst keine Stoffe her. Doch als Spezialist für Stoffe und Gewebe in technischen Anwendungsbereichen hat sich der Fachbetrieb in Bielefeld und weit darüber hinaus einen Namen gemacht – und er ist auf Wachstumskurs.

Uniformen für die Bundeswehr, Schutzjacken für Rettungsdienste

Seit etwa 25 Jahren versorgt die Firma Unternehmen mit technischen Geweben, die besonderen Anforderungen genügen müssen. „Es gibt viele Faktoren, die wichtig sind“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Rolf Gramsch, der BVS Gewebetechnik vor zwei Jahren übernommen hatte. Abriebfestigkeit, Lichtundurchlässigkeit, Reißfestigkeit oder auch eine dem Einsatzgebiet genau angepasste Webart können je nach Einsatzbereich entscheidend sein. Aus den Stoffen entstehen so Uniformen für die Bundeswehr, Schutzjacken für Rettungsdienste oder Einsatzkleidung für die Feuerwehr. Selbst die Stoffe für kugelsichere Westen der Polizei werden geliefert.

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Der Blaumann von einst hat praktisch ausgedient

„Es gibt in diesen Bereichen sehr strenge Vorgaben, die die Textilien erfüllen müssen“, so Gramsch. Und doch ist das Segment in den vergangenen Jahren deutlich bunter und abwechslungsreicher geworden: Denn die klassische Standard-Arbeitsbekleidung hat in vielen Unternehmen ausgedient. „Den Blaumann von früher gibt es inzwischen in den Farben des Unternehmens, mit Firmenlogo und auch in modischem Zuschnitt“, sagt Gramsch. Da geht es inzwischen nicht mehr nur um die Stabilität des Gewebes, sondern auch um feine Farbnuancen. Und diese genauen Spezifikationen liefert BVS Gewebetechnik – und das gleich rollenweise.

Einstieg in den Reha- und Wellness-Bereich

Zusätzlich zu den Bereichen Feuerwehr, Landwirtschaft, Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt oder Bauwesen hat Rolf Gramsch nun seit Beginn des Jahres durch die Übernahme der A-Tex-Gruppe aus Osnabrück das Portfolio seines Unternehmens um eine weitere Branche erweitert. „Das ist unser Einstieg in den Reha- und Wellness-Bereich“, sagt der Geschäftsführer. Denn auch in diesem Segment werden zahlreiche spezielle Gewebe benötigt: So müssen etwa die aus Stoff gefertigten Sitzschalen von Rollstühlen individuell an die körperlichen Bedürfnisse des Nutzers angepasst werden, zahlreiche weitere Produkte von Sanitätshäusern benötigen ebenfalls hochgradig spezielle Textilien.

Beliebte Alternative zur Wärmflasche

Deutlich massentauglicher sind wiederum die Körnerkissen, die von A-Tex als beliebte Alternative zur Wärmflasche auch direkt vertrieben wurden: Auch die haben die Bielefelder ab sofort im Programm – allerdings deutlich ausgefeilter als die Kissen, die viele bereits bei sich zu Hause haben. So können die mit Roggen, Dinkel oder Kirschkernen gefüllten Kissen in allen möglichen Farben auch mit unterschiedlich vielen Innentaschen auch in verschiedenen Größen produziert werden. „Das nächste, was wir dafür entwickeln werden, sind abnehmbare und damit waschbare Bezüge“, sagt Gramsch.

Mit diesen und weiteren Ideen ist der Geschäftsführer von BVS Gewebetechnik weiter auf Wachstumskurs. Und wer weiß: Vielleicht ist das Unternehmen in Zukunft nicht mehr einer der letzten verbliebenen Aufrechten der Bielefelder Textilbranche. Denn die Diskussion um Materialknappheit und Lieferschwierigkeiten ist auch in diesem Segment nicht ohne Folgen geblieben. Gramsch: „Ich gehe davon aus, dass viele Hersteller wieder verstärkt in Europa und auch in Deutschland produzieren werden.“