Zu warm, zu nass: Der Winter in Bielefeld war außergewöhnlich

Bielefeld. Am allerletzten Tag hat der Winter versucht, es noch einmal rauszureißen: Am 28. Februar schien die Sonne an der Messstation in Bielefeld-Deppendorf 9,3 Stunden. Mehr geht kaum bei noch recht niedrigem Sonnenstand. Auch die beiden Tage zuvor haben mit 6,8 beziehungsweise 7,8 Stunden Sonnenschein Wiedergutmachung geleistet. Aber nur ein klitzekleines bisschen, und wir sind noch etwas nachtragend. Der Winter 2022/23 war in Bielefeld dafür einfach zu nass, zu grau und zu dunkel. Und das ist nicht nur ein Gefühl. Der Deutsche Wetterdienst (DWD), der zum Start des meteorologischen Frühlings am 1. März ein Fazit gezogen hat, bestätigt unsere Sicht auf die Monate Dezember bis Februar. Nahezu rekordverdächtig war der Silvestertag. Meteorologe Frank Kahl spricht es aus: Nordrhein-Westfalen war im zurückliegenden Winter die nasseste Region in Deutschland. Über die Landesfläche gemittelt fielen in den vergangenen drei Monaten 242 Liter auf den Quadratmeter. Im langjährigen Mittel der aktuellen Referenzperiode von 1961 bis 1990 waren es 223 Liter. Bielefeld wollte sich offenbar damit nicht zufrieden geben. Hier fielen 284 Liter/m², das langjährige Mittel fürs Stadtgebiet wären 237 Liter gewesen -- fast 20 Prozent mehr. Frank Kahl tröstet: "Es ging schon mal noch nasser." Im Winter 2007/8 mussten die Bielefelder 372,1 Liter Niederschlag ertragen. Damals fielen am 18. Januar allein 50,1 Liter auf den Quadratmeter, in diesem Winter war es am 12. Januar im Maximum gerade mal die Hälfte. Ein schwacher Trost, und wir denken natürlich auch ans Grundwasser. Aber seien wir froh, dass wir nicht im Sauerland wohnen. Da fielen akkumuliert in der Spitze mehr als 500 l/m², sagt der DWD. Manches davon ist zumindest im Sauerland als Schnee runtergekommen. Winterliebende Bielefelder mussten wegfahren, um in den Genuss zu kommen oder Fernsehen gucken. Der DWD hat in Deppendorf gerade mal zehn Tage registriert, in denen ein Hauch von Schnee gefallen ist. Am 22. Januar hat es immerhin zu einer Schneehöhe von zwei Zentimetern gereicht. Da konnte die Stadt beim Streusalz sparen - hat ja auch was. Ältere Semester denken jetzt vielleicht zurück, beispielsweise an den Winter 1968/69. Damals fielen am 18. Februar allein 48 Zentimeter Neuschnee. Fast Wärmerekord an Silvester Der Winter in Bielefeld brachte es bei seinen 90 Tagen immerhin auf 38 Frosttage. Tage, an denen die Tiefsttemperatur des Tages unter null Grad liegt. Und es gab sieben Eistage, an denen auch die gemessene Höchsttemperatur bei null oder unter null Grad lag. Der kälteste Tag in Bielefeld war der 18. Dezember mit minus 13,1 Grad Celsius. Da der DWD Messdaten bis zurück ins Jahr 1935 hat, kann Frank Kahl berichten, dass der 27. Januar 1942 mit minus 28 Grad den Kälterekord für Bielefeld hält. Und damit war der Winter 22/23 deutlich zu warm. NRW war neben Hamburg das zweitmildeste Bundesland: mit 4,0 Grad im Schnitt. Das langjährige Mittel liegt bei 1,7 Grad Celsius, sagt der DWD. In Bielefeld sah es ähnlich aus. Die Mitteltemperatur lag bei 3,9 Grad (1,9), so Meteorologe Kahl, "und damit bei zwei Grad, der der Winter in Bielefeld zu warm war". Beim Blick in die Statistik findet er noch einen milderen Winter, nämlich diesen extrem nassen 2007/8. Da lag die Mitteltemperatur sage und schreibe bei 5,7 Grad.Zum Vergleich: Im Kältewinter 1962/62 lag die mittlere Temperatur bei minus 4,2 Grad. An den wärmsten Tag dürften wir uns gewiss noch erinnern. Der Silvester sorgte mit 17,4 Grad für T-Shirt-Wetter und einen warmen Jahreswechsel. Wärmer war es am 24. Februar 2021 mit 19,2 Grad - ein Frühsommertag im Februar. Ach ja, zu dunkel war es auch in Bielefeld, sagt Meteorologe Kahl. "Die in Deppendorf aufgezeichneten 133,5 Sonnenstunden waren leider nur 87 Prozent des Mittels." Im langjährigen Schnitt kommt Bielefeld nämlich auf 153,5 Stunden, was in etwa dem Bundesschnitt entspricht. Im Vergleich zur Periode 1991 bis 2020 (170 Stunden) gab es ein Minus von rund 6 Prozent. Hatten wir es nicht auch im Gefühl? Frank Kahl sieht das Positive: "Seit der Wintersonnenwende nimmt die Sonnenscheindauer pro Tag zwei bis drei Minuten zu."

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