Stadtentwicklung Begehrtes Bielefelder Jahnplatz-Forum: Raum für Musiker und Jugendkultur?

Bielefeld. Was passiert mit dem Jahnplatz-Forum? Das fragen sich seit einigen Wochen nicht nur Politik und Verwaltung der Stadt, Gremien, Verbände und Organisationen – auch die Bielefelder wollen wissen, was eines Tages aus ihrem Tunnel unter dem Jahnplatz werden soll und sie machen sich Gedanken: Zuschütten? Fahrradparkhaus? Hitzeschutzraum? Aquarium? Zahlreiche Ideen sprudelten im Januar via Social Media in die NW-Redaktion. Im Objekt der Begierde, dem weitestgehend verwaisten Forum, steht Jochen Vahle. Er blickt sich um: &bdquo;Die Frage ist doch eigentlich, wie füllst Du das hier wieder mit Leben?“ An die Seite des Profi-Musikers (Frontmann der Kinderrockband &bdquo;Randale“) haben sich Kim Jodszuweit (Vorsitzende der Musikkooperative Auftakt) und Tom Kummerfeldt, Elder Statesman der heimischen Rockkultur, der zwar seit kurzem Rentner, aber längst noch nicht im Ruhestand ist, gesellt. Der 66-jährige Chef der Musikagentur &bdquo;Newtone“, Diplom-Pädagoge und Uni-Dozent nimmt Vahles Frage auf: &bdquo;Um sechs oder sieben Uhr, wenn die Läden hier in der Innenstadt schließen, ist alles tot“. In der Tat, nur noch ÖPNV-Nutzer hasten an die Haltestellen von Bus und Bahn, an Wochenenden ist etwas mehr los, wenn das Cafe Europa seine Türen öffnet und sich die jungen Party-People in den Fast-Food-Restaurants stärken. Den Tunnel zuschütten hält Kummerfeldt für die denkbar schlechteste Option. Den Tunnel zuschütten hält Tom Kummerfeldt für die denkbar schlechteste Option. Wie jüngst die Organisation &bdquo;Die Falken“, der SPD-Unterbezirk (&bdquo;Großartige Möglichkeit“ – Chefin Wiebke Esdar) und der Jugendring, sogar die Arbeitsgemeinschaft 60plus der SPD vorschlugen, begrüßt auch dieses Trio die Idee, aus der ehemaligen Einkaufspassage ein, wie Kummerfeldt es nennt, &bdquo;Jugendkulturforum“ zu machen. &bdquo;Wir müssen wagen, das zu denken“, sagt er. Und vieles spräche dafür, nicht nur die optimale Anbindung an das Nahverkehrsnetz. &bdquo;Es gibt hier kaum Anwohner, die wegen zu lauter Musik aufbegehren könnten“, startet Vahle den Reigen der Argumente und gibt als negatives Beispiel gleich den Falkendom an der Meller Straße an: &bdquo;Einwände der Bewohner des Quartiers führten dazu, dass dieser Stadtteil-Jugendtreff nicht in den Abendstunden genutzt werden darf“. Eine ähnliche Situation im JZ Kamp im Osten der Stadt. Hausherr ist dort das Kulturkombinat: &bdquo;Gerade Jugendkultur bildet in all seiner Diversität einen wichtigen Beitrag zur Sozialisation junger Menschen und macht allen Generationen und Kulturen Offerten und bietet Identifikationsmöglichkeiten“, heißt es auf der Homepage des Kombinats. Ein weiteres, unstrittiges Argument für ein zentrales Jugendkultur-Souterrain am Jahnplatz sei am Bedarf zu erkennen. &bdquo;Es gibt in Bielefeld etwa hundert junge Bands, die gemeinsam musizieren wollen. Viele tun das derzeit im elterlichen Wohnzimmer – wohl nicht zum Vergnügen beteiligter Mitbewohner“, ergänzt Kim Jodszuweit. Als Projektkoodinatorin bei &bdquo;Newtone“ und &bdquo;Auftakt“-Chefin ist sie sehr nah dran an der Bedürfnislage der jugendlichen Musikerinnen und Musiker. Ihre Musikkooperative sorgt dafür, dass Bands Auftritte und Aufmerksamkeit bekommen, etwa auf der kleinen Newtone-Bühne im Sommer auf dem Kesselbrink oder auf CD gebrannt bei den, erstmals 2006 veröffentlichten &bdquo;Soundz of the City“-Samplern. Heißbegehrte Übungsräume kann sie indes kaum vermitteln. &bdquo;Wir kriegen mehrmals in der Woche Anfragen, die wir fast alle unbefriedigend beantwortet werden müssen“, pflichtet ihr Jochen Vahle bei. Heißbegehrte Übungsräume für junge Bands sind schwer vermittelbar Einen weiteren Grund für einen zentralen musikalischen Jugendtreff nennt der praktizierende Sandkastenrocker Jochen: &bdquo;Es ist superwichtig, dass sich die Jugendlichen untereinander austauschen, sich gegebenenfalls unterstützen. Das Jahnplatz-Forum wäre für sie ein prima Kommunikationsort“. Praktisch wäre es auch ein Ort der kurzen Wege. Wenn einem Gitarristen mal die Saite reißt, oder er sein Plektron vergessen hat, geht er kurz in den benachbarten Ü-Raum und borgt sich das Benötigte. &bdquo;Win-Win“ also für die jungen Kunstschaffenden. Der Faktenchek ist noch nicht beendet: &bdquo;An der Paderborner Uni gibt es einen Studiengang für Popkultur. Die Studierenden zöge es bei einem Jugendkulturforum, gelegen im Herzen Bielefelds, durchaus in die Stadt und wer weiß, vielleicht gefällt es einigen so gut, dass sie hier bleiben“, fügt Kummerfeldt noch an und richtet kurz den Blick in eine andere Nachbarstadt: &bdquo;In Hannover, im Stadtteil Linden, gibt es schon seit über 30 Jahren das Kulturzentrum Faust, ein umgebauter und umfunktionierter Industriekomplex. Dort finden Kultur-Events von Lesungen über Konzerte und Theateraufführungen bis Partys statt. Über 30 Vereine agieren hier unter einem Dach – mit großer Sogwirkung weit über die Stadt hinaus“. &bdquo;Diese Potenzial gibt es in keiner anderen Großstadt“ &bdquo;Win-Win“ also auch für die Stadt. Für Kummerfeldt könnte das einen weit nach draußen strahlenden Leuchtturmcharakter haben. &bdquo;Diese Potenzial gibt es in keiner anderen Großstadt“, weiß er. Neben der Bereicherung des innerstädtischen Lebens als Kontrapunkt zur zunehmenden Verödung der Einkaufszonen in der City führt Kummerfeldt einen weiteren Aspekt an, die (gefühlte) Sicherheit: &bdquo;Als damals die Kfz-Zulassungsstelle an der Mindener Straße/Große-Kurfürsten-Straße unter dem Ossi dicht machte, war diese Passage lange eine No-Go-Area, die Drogenszene und Prostituierte fassten dort Fuß. Bis die Clubs &bdquo;Nr.z.P“ und &bdquo;Cutie“ öffneten. Jetzt ist die Gegend ein quirliger und beliebter Ort für Nachtschwärmer an den Wochenenden“. Nichts weniger wäre doch dem, alsbald durch bunt strahlende UFOs aufgepimpte Jahnplatz zu wünschen – ein Platz mit Strahlkraft, der dann zusätzlich noch &bdquo;von unten“ strahlt.

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