Neue Polizeipräsidentin greift durch auf Bielefelds Problemplätzen

Bielefeld. In Europa tobt ein brutaler Angriffskrieg. Für andauernde Krisenherde in Afrika und im Nahen Osten scheint es kaum Lösungen zu geben. Und geopolitische Spannungen zwischen China und den USA halten die Welt in Atem. Mit diesen Bildern im Kopf fällt es schwer, das Thema Sicherheit in Bielefeld in den Blick zu nehmen. Dennoch bieten einige Ereignisse dazu Anlass. Drogen-Razzia auf dem Kesselbrink Das jüngste Beispiel ist die Drogen-Razzia am Dienstag auf dem Kesselbrink. Das Ergebnis: Zehn Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsgesetz wurden eingeleitet, 38 als verdächtig geltende Drogendealer kontrolliert. Natürlich hat es diese Art von Einsätzen auch früher in der Stadt gegeben. Das ist aber einige Jahre her: 2016 hatte die Polizei gleich mehrere Razzien an der Tüte durchgeführt – nicht zuletzt wegen des politischen Drucks. Vor allem die CDU hatte auf die &bdquo;schmuddelige und latent gefährliche Gegend am Hauptbahnhof“ hingewiesen. Deutlich häufiger, so wurde der Inspektionsleiter damals zitiert, sollten unangekündigte Razzien folgen. Selbsterklärtes Ziel war, das Milieu derart zu entnerven, dass sich Drogenhändler dauerhaft verziehen. Daraus wurde allerdings nichts. Tempo beim Thema Sicherheit Inzwischen hat sich der Fokus auf andere Plätze der Stadt ausgeweitet: So überrascht es nicht, dass am Dienstag die Polizei-Großkontrolle auf dem Kesselbrink stattfand. Auffällig ist allerdings, dass die Behörde für die nächste Woche schon eine neue Razzia angekündigt hat. Der Einsatzort ist noch geheim. Offenbar macht da jemand Tempo beim Thema Sicherheit. Für diese These sprechen gleich mehrere Hinweise: Die aktuelle Ankündigung des Ordnungsamtes, in Absprache mit der Polizei die Präsenz der Einsatzkräfte im Stadtgebiet spürbar zu erhöhen, gehört dazu. Das Amt wolle das Sicherheitsgefühl in der Stadt stärken, hieß es. Auch wenn Bielefeld eine der sichersten Großstädte sei, gebe es viele Bürger, die sich auf bestimmten Plätzen nicht wohl fühlen. Image-Kampagne der Polizei soll für mehr Vertrauen sorgen Noch ein Indiz für die Veränderung ist die Neuigkeit, dass sich der Sozial- und Kriminalpräventive Rat der Stadt (SKPR) neu aufstellen will. Ein wesentliches Augenmerk des SKPR werde nun auch auf dem &bdquo;Sicherheitsgefühl der Bürger“ liegen. Die neue Polizeipräsidentin Sandra Müller-Steinhauer habe bereits einige Ideen dafür im Kopf, die nun angegangen werden sollen. Noch ein Punkt ist eine aktuelle Image-Plakat-Kampagne der Polizei, die ein neues Selbstverständnis der Beamten sichtbar machen will. Müller-Steinhauer spricht von Verantwortung, Vertrauen und Verlässlichkeit. Alle diese Dinge erwecken den Eindruck, dass ein frischer Wind in der Stadt weht. Diese Luftveränderung hat offensichtlich viel mit der neuen Polizeipräsidentin selbst zu tun. Überraschung bei Arminia-Spiel Die 50-Jährige ist seit Oktober 2022 im Amt. Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit überraschte die gebürtige Warsteinerin viele Bielefelder damit, dass sie sich unter die Einsatzkräfte beim Arminia-Spiel gegen St. Pauli mischte, um den Einsatzalltag der Beamten mitzuerleben. Noch bevor Müller-Steinhauer in der Stadt angekommen war, sorgten sich einige Beamte, dass die ausgewiesene Fachfrau für Clan-, Cyber- und Wirtschaftskriminalität sehr auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und damit vor allem auf die Kripo-Beamten konzentriert sei. Man fürchtete, dass sie dabei den Blick auf den anderen wichtigen Teil der Behörde vergessen könnte, womit die uniformierten Kollegen gemeint waren. Diese Sorge scheint sich aufgelöst zu haben. Ex-Polizeipräsidentin zeigte sich zuletzt resigniert Die neue Polizeipräsidentin hat sich ein Ziel auf die Fahnen geschrieben. Sie will das subjektive Sicherheitsgefühl der Bielefelderinnen und Bielefelder verbessern. Damit ist der Ton gesetzt: Denn es ist inzwischen bekannt, dass nicht allein die tatsächliche Sicherheit zählt, sondern schon der Eindruck genügt, es könne daran mangeln. Schon in diesem Moment verlieren Behörden ihre Autorität und büßen Ansehen in der Bevölkerung ein. Das subjektive Sicherheitsgefühl der Bielefelder stand zuletzt an bestimmten Plätzen der Stadt auf tönernen Füßen. Gewalttaten am Treppenplatz, an der Tüte oder auf dem Kesselbrink lösten Unsicherheit aus. Ex-Polizeipräsidentin Katharina Giere befand in einem NW-Interview resigniert, dass diese Plätze immer schon Thema in der Stadt gewesen seien und dass sich dies auch in zehn Jahren nicht ändern werde. Mehr Armut und Verwahrlosung Als Grund nannte sie eine veränderte Gesellschaft, mehr Armut und eine wahrnehmbare Verwahrlosung im öffentlichen Raum. Vielleicht gibt sich die neue Polizeipräsidentin nicht mit dieser Feststellung zufrieden, sondern hat Antworten auf diese Veränderung. Als langjährige Staatsanwältin dürfte sie viele Probleme der Gesellschaft zur Genüge kennen.

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