Täglich 400 Portionen: Bielefelder Vesperkirche geht in die dritte Runde

Bielefeld. Es ist angerichtet: Die Vesperkirche 2023 lädt von Sonntag bis Sonntag, 12. bis 26. Februar, die ganze Stadt ein, um zusammenzukommen, gemeinsam zu essen und sich auszutauschen. Zum dritten Mal organisieren der Evangelische Kirchenkreis Bielefeld gemeinsam mit der Neustädter Mariengemeinde und der Diakonie für Bielefeld die kostenlose Ausgabe einer warmen Mahlzeit im warmen Kirchenschiff. Warme Räume sind in diesen Tagen – nicht nur jahreszeitlich bedingt – nicht selbstverständlich. Superintendent Christian Bald hatte bei den letzten beiden Vesperkirchen durchaus feststellen können, dass Wohnungslose und andere &bdquo;Gestrandete“ diesen einladenden Ort am Papenmarkt gerne aufsuchten – für ein warmes Essen und um sich aufzuwärmen. Das wird auch 2023 so sein. Hinzu kommen aber, so vermutet der evangelische Pfarrer und Amtsträger, Menschen &bdquo;wie du und ich“, die für ein paar Stunden ihre Heizung daheim etwas runterdrehen, um sich in der Kirche aufzuhalten. Kein Wunder, bei diesen Nebenkosten. Das eigentliche Ansinnen der Vesperkirche ist aber ein ganz anderes: Menschen zusammenbringen aus allen Schichten der Bielefelder Bevölkerung, Barrieren einreißen, Ressentiments abbauen durch unvoreingenommene Kontaktaufnahme, quasi ein Speed-Dating für die Stadtgesellschaft. Wie diese gelebte und vorurteilsfreie neue Art der Geselligkeit auch in diesem Jahr funktionieren wird, erklärt Pfarrer Uwe Moggert-Seils: &bdquo;Wenn etwa eine Gruppe zum Essen kommt, setzen wir diese bewusst auseinander und verteilen sie auf die 148 Plätze im Kirchenschiff.“ So sitzt dann der Bankvorstand einem Mann gegenüber, der auf der Parkbank schlafen muss. So kommt es unfreiwillig zum Erstkontakt, man kommt sich näher und ins Gespräch. Genau das ist der Sinn der Vesperkirche. &bdquo;Es ist ja auch ’ne Überraschung, wer mit am Tisch sitzen wird“, erklärt Christian Bald. Täglich werden 400 Portionen – sowohl mit als auch ohne Fleisch (und Schweinefleisch gar nicht) – angeliefert von der Lohöfener Landküche in Werther. Jeder Sitzplatz wird, so rechnet es die für die lukullischen Köstlichkeiten zuständige Organisatorin Christine Bode, Geschäftsführerin der Diakonischen Altenzentren, vor, &bdquo;im Schnitt 2,5 Mal besetzt pro Tag“. Und der Tag in der Vesperkirche geht immer von 11.30 bis 14 Uhr. Weit über 300 Freiwillige sorgen für das leibliche Wohl der Gäste. Auch das gehört zum Überraschungs-Speed-Dating-Konzept der Vesperkirche: Was es auf die Gabel geben wird – jeden Tag etwas anderes –, wird vorab nicht verraten. Jochen Häger, Vize-Governor des Lions-Club, ergreift als Vertreter eines großen Geldspenders kurz das Wort: &bdquo;Es sollen nicht nur das Gotteshaus und die Mägen gefüllt werden, auch die Seele wollen wir füttern.“ Ihm pflichtet Christel Weber, Pfarrerin der Neustadt Marien, uneingeschränkt bei: &bdquo;Seelsorge-Teams sind während der Vesper vor Ort und nehmen gern Gespräche auf. Sie hatten im letzten Jahr viel zu tun. An jedem Vesperkirchen-Tag wird es kleine spirituelle Mittagsimpulse geben, sowie an den drei Sonntagen thematische Gottesdienste.“ Die Seele wird auch durch Kultur wohlig massiert: Am Valentinstag, 14. Februar, findet um 18 Uhr ein Poetry-Slam statt mit dem Thema &bdquo;Liebe und anderes Gedöns“. Am Sonntag, 18. Februar, 18 Uhr, zeigt das Straßentheater &bdquo;Die Unerhörten“ das Stück &bdquo;Ich brauch’ ’nen Euro“, und am Freitag, 24. Februar, ebenfalls um 18 Uhr, am Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, singen die Chöre &bdquo;Can carmina“, &bdquo;Quintenkomplott“, &bdquo;Vocapella“ und der KuMuChor: Lieder zum Thema &bdquo;Make Peace Not War“. Und alle dürfen mitsingen unter dem diesjährigen Vesperkirchen-Motto: &bdquo;Einfach teilen“. vesperkirche-bielefeld.de

Meistgelesen