Exklusiver Einblick: Bielefeld verkauft außergewöhnliche Immobilie

Bielefeld. Warum steht so ein großes, städtisches und stadtbekanntes Gebäude in zentraler Lage so lange schon leer und nichts passiert? Das fragen sich viele Brackweder. Bereits vor fünf Jahren stand die alte Mittelschule an der Germanenstraße zum Verkauf. Der Haken: Für das marode Gebäude auf dem insgesamt rund 3.500 Quadratmeter großen Grundstück war lediglich eine Nutzung als Schule definiert. Durch die Änderung des Bebauungsplans hofft die Stadt, nun einen Investor zu finden, der das historische Gebäude erhält und in zentraler Lage zusätzlichen Wohnraum schafft. "Jetzt ist hier eine Mischnutzung aus Wohnen und Gewerbe möglich, auch auf der zusätzlichen Fläche auf dem Parkplatz", berichtet Stephan Heidbrink vom für das Objekt zuständigen Immobilienservicebetrieb der Stadt (ISB). "Wenn man die richtigen Ideen hat, kann man hier in Toplage etwas Großes draus machen." Nicht nur Ideen, den auf 1,715 Millionen Euro angesetzten Kaufpreis, sondern ein deutlich höheres Budget ist allerdings gefragt. Denn das seit 2017 leerstehende, große, ortsteilprägende Gebäude aus dem Baujahr 1912 soll erhalten bleiben, so eine Bedingung für den Kauf. Neu gebaut werden darf laut Beschreibung im Exposé, das auf den Seiten der Stadt einsehbar ist, auf dem aktuell als Parkplatz genutzten, hinteren Teil des Grundstücks. Repräsentatives Kanzleigebäude oder Ärztehaus denkbar Nicht wirtschaftlich erhaltenswert hingegen sei das alte Badehaus mit Anbau, das neben dem Schulgebäude liegt, ergänzt Heidbrink. Die ehemalige Schule selbst mit rund 1.000 Quadratmetern Nutzfläche, in der bis Anfang 2017 ein Griechisches Lyzeum untergebracht war, sei von deutlich besserer Substanz. Gewerblich Nutzung, etwa als repräsentatives Kanzleigebäude oder Ärztehaus, sei hier denkbar. Das historische Treppenhaus, Details wie Solnhofer-Fließen im Flurbereich und die ehemaligen Klassenräume mit den fast vier Meter hohen Altbaudecken - an den Tafeln sind noch die Inhalte der letzten Unterrichtstage zu lesen - seien gut erhalten. Auch unterkellert ist das Gebäude. Eine Nutzung für eine der von der Stadt neu geplanten Schulen sei allerdings nicht denkbar. Die würden heute größer geplant. Inklusive Platz für Sporthalle und Mensa kalkuliere man mit 10.000 Quadratmetern Flächenbedarf. "Hier haben wir insgesamt aber nur 3.500 Quadratmeter", sagt Heidbrink. Bereits 2017 hatte die Stadt einen Versuch gestartet, das Gebäudeensemble zu verkaufen. Allerdings sei das aufgrund der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten gescheitert. Der damalige Preis lag bei 1,55 Millionen, langwierige Verkaufsverhandlungen mit einem interessierten Brackweder Mediziner scheiterten allerdings. Im Frühjahr 2019 nahm der ISB die Schule erst einmal wieder vom Markt, schob eine Änderung des Bebauungsplans an, um das Gesamtobjekt attraktiver zu machen. Die sei jetzt durch, das Grundstück als sogenanntes "Urbanes Gebiet" ausgewiesen. Damit sind laut Anlage zum Exposé Wohn-, Geschäfts- und Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige Gewerbebetriebe und Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zulässig. Abgabe eines Angebots mit Nutzungskonzept und Entwurf bis zum 15. Dezember Die Stadt sei zuversichtlich, das Objekt jetzt, mit den neuen Perspektiven und Möglichkeiten, verkaufen zu können, so Heidbrink. Erste Anfragen gebe es bereits. Die Rettung der alten Mittelschule oder zumindest ihrer anerkannt erhaltenswerten Fassade ist vielen engagierten Brackwedern seit Jahren ein Anliegen. Es sei ein Jammer, dass das städtische Gebäude an der Germanenstraße, erbaut nach einem Entwurf des bekannten Architekten Bernhard Kramer (1869 bis 1953), immer mehr vergammele und nicht genutzt werde, sagen Bürger. Bis zum 15. Dezember können Bewerbungen bei der Stadt eingereicht werden. Bei Abgabe eines Angebotes werde ein Entwurf zum künftigen Nutzungskonzept, zur möglichen Lage der Baukörper, zu stadträumlichen Verknüpfungen, zu möglicherweise neu geplanten Gebäuden mit Angaben zur Geschossigkeit und Dachform, Erschließungs- und Parkplatzflächen sowie ein Freiflächenkonzept gewünscht, heißt es im Exposé. Dem erwarteten Kaufpreis "in der Größenordnung von 1,715 Millionen Euro" liege der reine Bodenrichtwert von 490 Euro pro Quadratmeter für das 3.500 Quadratmeter große Grundstück zugrunde.

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