Bielefelder Kinderärzte bekommen dringend benötigte Verstärkung

Bielefeld. Verzweifelte Eltern berichten von monatelangen vergeblichen Versuchen, in der Stadt einen Kinderarzt zu finden. Obwohl laut zuständiger Kassenärztlicher Vereinigung (KV) die Versorgung abgesichert ist, sieht es in der Realität doch aktuell häufig anders aus. Mehrere Praxen, wie kürzlich die von Uwe Büsching in Schildesche, wurden geschlossen. In Heepen hingegen gibt es jetzt bald noch zusätzliche Kapazitäten. Wenn alles nach Plan läuft, kann Bülent Adasoglu seine Praxis für Kinder und Jugendliche weiter ausbauen. Jeden Tag zehn Anrufe von Eltern, die einen Kinderarzt suchen "Auch wir haben jeden Tag bestimmt zehn Anrufe von Eltern, die einen Kinderarzt suchen", berichtet Adasoglu, der aus Köln stammt und die Praxis Ende 2015 übernommen hat - und sie habe beinahe einige Zeit danach schon wieder schließen müssen. "Meine Frau arbeitet als Lehrerin, ohne Großeltern war das echt schwierig", berichtet der 43-Jährige. Das hätten sie festgestellt, als das erste Kind geboren war "und feststand, dabei soll es nicht bleiben". Die Familie zog zurück Richtung Heimat, Adasoglu übernahm eine Kinderarztpraxis in Leverkusen. Mit Fachärztin Asma Rhouma fand er aber glücklicherweise Unterstützung für seine Praxis in Heepen. Ihr Mann, ebenfalls Mediziner, hatte gerade eine Stelle am Klinikum Bethel angenommen, berichtet die vierfache Mutter, die aus Libyen kommt, in Tripolis Medizin studiert hat und in der Kinderklinik gearbeitet hat. Es habe perfekt gepasst. Montags bis mittwochs kümmert sich Rhouma um die "in Spitzenzeiten täglich oft mehr als 120" jungen Patienten. Donnerstags und freitags ist Adasoglu selbst vor Ort. Seit Oktober verstärkt jetzt zudem Facharzt Anatoli Kundurdzhiev, der aus Bulgarien stammt und zuvor in Lippstadt am Klinikum unter anderem auf der Frühgeborenen-Intensivstation gearbeitet hat, das Team als sogenannter Entlastungsassistent. Digitalisierung hat Arbeitsalltag vereinfacht Wenn alles nach Plan läuft, kann Adasoglu "hoffentlich ab Februar" den Kassensitz von Uwe Büsching übernehmen, der zum 30. September seine Praxis in Schildesche geschlossen hat. Und dann dank Kundurdzhiev die Kapazitäten erhöhen. "Zumindest etwas, denn wir haben auch so schon gut zu tun", sagt Adasoglu. Zwar habe die Praxis eigentlich Aufnahmestopp, aber Geschwisterkinder und andere Neugeborene würden immer noch hinzukommen. Dass viele Medizinkollegen eine Anstellung in einer Klinik der in einer eigenen Praxis vorziehen, können die drei Kinderärzte nicht nachvollziehen. "Hier hat man keine akuten Notfälle und keine Schichtdienste", sagt Adasoglu. Auch Teilzeit sei möglich. An der Praxistätigkeit schätzen alle drei, dass sie die Kinder und Jugendlichen über einen langen Zeitraum in der Entwicklung begleiten und sie und ihre Eltern wirklich kennenlernen können. "Als Kinderarzt ist man irgendwie Teil der Familie und Vertrauensperson", sagt Adasoglu. Oft ginge es nicht nur um Krankheiten, sondern auch um Erziehungsfragen. Zudem seien die Kinder- und Jugendärzte erste Ansprechpartner bei psychischen Problemen. Die Digitalisierung der Patientenakten habe den Arbeitsalltag deutlich vereinfacht. "Als es das noch nicht gab, habe ich hier manchmal abends noch bis 22 Uhr gesessen und Daten eingegeben", berichtet Adasoglu. Zudem nähmen ihm seine Medizinischen Fachangestellten viel Verwaltungsarbeit ab. Die Arbeitsbelastung sei auch relativ, ergänzt Rhouma. Das Pensum in der Kinderklinik in Tripolis sei ein ganz anderes gewesen. Da habe sie mitunter 400 Kinder am Tag behandelt. Das läge daran, dass es nur wenige niedergelassene Kinderärzte gebe, die zudem auch nur Privatpatienten behandelten, so die 44-Jährige. Sicher könnte die Vergütung der Kinderarztleistungen besser sein, ergänzt Adasoglu. Aber man komme gut zurecht und er sei "absolut glücklich" mit seinem Beruf, der für ihn echte Berufung ist. Zudem sei Bielefeld gut aufgestellt, was die Notfallversorgung angehe. "So haben wir abends wirklich Feierabend", ergänzt Adasoglu.

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