Anwohner wollen umstrittene neue Bielefelder Stadtbahnlinie blockieren

Bielefeld. Die Bürgerversammlung zur Verlängerung der Stadtbahnlinie 1 von Bielefeld-Senne nach Sennestadt war am Mittwochabend kaum beendet, da wurde dem städtischen Verkehrsunternehmen Mobiel in den Sozialen Medien öffentlich der Kampf angesagt. Die Hälfte einer großen Wohnungseigentümergemeinschaft hat verkündet, alle juristischen Mittel gegen die Linienführung ausschöpfen zu wollen und die Sennestädter dazu aufgerufen, dem &bdquo;40 Jahre alten Prestigeprojekt die Stirn zu bieten“. Nachdem Mobiel Mitte Oktober planerische Details zum Mammutkonzept bekannt gegeben hatte, fand dazu jetzt in der Aula der Hans-Ehrenberg-Schule ein Informationsabend statt. Mehr als 200 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, etwa 50 verfolgten die Veranstaltung zudem online. Auf der Bühne hatten Verkehrsdezernent Martin Adamski, Cornelia Christian, Leiterin des Kundenmanagements bei Mobiel, und vor allem Projektleiterin Léa Gauthier von Anfang an einen schweren Stand. Die Stimmung der Mehrheit war eindeutig gegen die gepriesene Mobilitätslinie, die nach jetzigen Schätzungen zwischen 100 und 150 Millionen Euro kosten könnte. Sie soll die Stadtbahnlinie 1 über 7,5 Kilometer von der Wendeschleife in Senne bis in die nördliche Sennestadt und zur Endhaltestelle Alsterweg verlängern. An der Kreuzkirche, im Zentrum und in der Elbeallee würden dabei vier Hochbahnsteige entstehen. Bürger können Entscheidungskriterien nicht nachvollziehen Um die zusätzliche Stadtbahnstrecke herum soll ein neu strukturiertes Busliniennetz entstehen, ein ausgewachsener On-demand-Verkehr, zudem Park+Ride-Anlagen und Fahrradparkanlagen. In der Diskussion konzentrierte sich die Kritik jedoch auf die Linienführung durch die Elbeallee. Immer wieder wurde stattdessen die Weiterführung in den Ortsteil Dalbke und damit Richtung der angrenzenden Kreise Lippe und Gütersloh gefordert. Eine Variante von vielen, die Mobiel mehrfach geprüft und verworfen hat. Aus früheren Bürgerbeteiligungen und den örtlichen Gegebenheiten hatten sich letztlich neun Strecken herauskristallisiert, bevor nach Detailprüfungen und Kosten-Nutzen-Analysen externer Gutachter die &bdquo;Vorzugsvariante Elbeallee bis zum Alsterweg“ übrig geblieben war. Eine Vorprüfung, die viele Bürger offensichtlich nicht nachvollziehen können, wie viele Nachfragen deutlich machten. Es wurde auch klar, dass viele glauben, schon jetzt vor vollendeten Tatsachen zu stehen, auch wenn auf dem Podium immer wieder betonte wurde, dass sich das Projekt erst in der Vorplanung befindet und erst nach vielen weiteren Planungsschritten, Gutachten und Beteiligungsverfahren die Bezirksregierung Detmold frühestens ab 2024 entscheide, ob alle Belange ausreichend nachvollziehbar abgewogen sind. Bielefelder fürchten Wertminderung ihres Eigentums Die Sorgen gelten der Verschandlung des Stadtbezirks, der Wertminderung von Eigentum, wegfallenden Parkplätzen, gekappten Wegebeziehungen. Befürchtet werden auch mehr Staus auf der L 756, die im Zuge des Stadtbahnbaus in Teilen von vier auf zwei Spuren rückgebaut werden soll. Die Gegner kritisieren Mobiel auch wegen mangelhafter Information. Die Aussage, es sei schon mit allen Grundstückseigentümern gesprochen worden, die Flächen abgeben müssten, wurde mit zynischem Gelächter quittiert. Doch es gab auch Stimmen für die Stadtbahnverlängerung. Thomas Kiper, Vorsitzender des Sennestadtvereins, hielt ein Plädoyer für den Nahverkehr, der einen bedeutenden Teil der Wohnviertel direkt endlich an die Innenstadt anbinde. Auch Verkehrsdezernent Adamski betonte, wie wichtig die Stadtbahn &bdquo;als Instrument der Zukunft für die Mobilität" sei und bat nahezu händeringend darum, die Gegner mögen ihre &bdquo;subjektiven Aspekte überschlafen und über die Grenzen der eigenen Haustür denken“. Wer die weit mehr als dreistündige emotionale Veranstaltung verpasst hat, kann sie sich auf der Homepage von Mobiel online noch einmal anschauen. --- Kommentar Klimaschutz fängt vor der Haustür an Kompletter Irrsinn? Bis zu 150 Millionen Euro für eine 7,5 Kilometer lange Stadtbahnlinie nach Sennestadt? Da würden viele Sennestädter, viele Besucher der Bürgerversammlung zur Verlängerung der Linie 1, heftig nicken. Sie würden das Geld lieber für andere Dinge ausgeben. Vor allem wollen sie keine Stadtbahn und Hochbahnsteige vor ihrer Nase. Darum hat die Hälfte einer großen Eigentümergemeinschaft an der Elbeallee nach der Versammlung Mobiel öffentlich den Kampf angesagt. Sie sieht keine Verbesserungen für sich. Das genau ist der springende Punkt. Persönliche Befindlichkeiten sind das Maß aller Dinge, nicht der Blick über den Tellerrand und in die Zukunft. Doch genau das ist gefordert, auch wenn ein Hochbahnsteig vor der Haustüre sicher keine Freude macht. In Bielefeld braucht es mehr öffentlichen Nahverkehr: Menschen werden weniger Geld haben, auch für Mobilität. Außerdem müssen wir alle die Klimakrise im Blick haben. Den Preis für misslungenen Klimaschutz wird am Ende niemand mehr bezahlen können. Eins muss jedem klar sein: Die Klimakatastrophe rückt uns genauso auf die Pelle wie ein Hochbahnsteig. Mobiel wiederum könnte in der Kommunikation deutlich besser werden. Da ist noch viel Luft nach oben.

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