Vergewaltigungsserie in Bethel: Die Zahl der Opfer in Bielefelder Klinik steigt weiter an

Bielefeld. Den Vergewaltigungen eines Assistenzarztes am Klinikum Bethel sind noch mehr Frauen zum Opfer gefallen als bislang bekannt. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft Duisburg davon aus, dass der inzwischen verstorbene Assistenzarzt 32 Patientinnen im Klinikum Bethel vergewaltigt oder missbraucht hat – und somit drei mehr als bislang angenommen. Das geht aus einem Bericht der NRW-Landesregierung an den Rechtsausschuss des Landtags hervor, der dieser Zeitung vorab vorliegt. In dem Schreiben heißt es weiter, dass bislang 30 der 32 Opfer &bdquo;sicher identifiziert“ werden konnten. &bdquo;Ein identifiziertes Opfer ist zwischenzeitlich verstorben und daher nicht benachrichtigt worden“, heißt es in dem Schreiben von NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne). Der Ehemann dieses Opfers wurde später nachträglich über die Tat benachrichtigt und über seine Rechte informiert. Die Identität eines der Opfer werde aktuell noch geprüft; bei einem weiteren Opfer sei die Identifikation nicht möglich, da es keine Hinweise auf dieses Opfer gebe. Nur ein Klinik-Opfer steht auf der Namensliste Der 32-jährige Täter, der sich wenige Tage nach der Festnahme in der U-Haft das Leben genommen hatte, hatte zudem eine Liste erstellt, auf der er seine privaten, sexuellen Kontakte im gesamten Bundesgebiet vermerkt und mit Zusatznotizen versehen hatte. Auf dieser Liste findet sich nur eines der 32 Opfer aus dem EvKB. Damit scheint klar, dass sich die erste Vermutung der Kripo, diese Liste sei eine reine Opferliste, nicht erhärtet habe. Laut Limbach ist nach aktuellem Ermittlungsstand davon auszugehen, dass es sich bei der &bdquo;weit überwiegenden Anzahl“ der auf der Liste benannten 80 Frauennamen nicht um Opfer einer Sexualstraftat handele. Die Einträge in der Tabelle seien &bdquo;rudimentär geführt“, oftmals würden nur Spitznamen, Berufsbezeichnungen oder kompromittierende Bezeichnungen aufgeführt. Inzwischen gehen Kripo und Staatsanwaltschaft auch davon aus, dass die Patientin einer Klinik in Kempen (Kreis Viersen), die schon 2016 Anzeige gegen den damaligen Medizinstudenten Philipp G. erstattet hatte, ebenfalls Opfer des Sexualstraftäters wurde. Die Ermittlungen gegen G. wurden damals von der Staatsanwaltschaft Krefeld aus Mangel an Beweisen eingestellt. Auch diese Frau soll in Kürze über die festgestellten Geschlechtskrankheiten des Verstorbenen informiert werden. 80 Frauennamen, 69 mit dem Vermerk "aktiv" Die Liste offenbart obendrein, in welcher Skrupellosigkeit der Täter wahrscheinlich vorgegangen ist. Die Liste enthalte eine Spalte mit der Überschrift &bdquo;aktiv“, die der Verstorbene möglicherweise zur Unterscheidung von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr und Übergriffen an bewusstlosen, sedierten Frauen angelegt haben könnte, so die Vermutung der Ermittler. In insgesamt 69 Fällen habe der Verstorbene in der Spalte &bdquo;aktiv“ den Vermerk &bdquo;+“ angebracht. In neun Fällen wurde die Spalte mit &bdquo;-“ ausgefüllt. Bei einem Abgleich mit den Videos des Täters weisen alle Frauennamen der Liste, die in bewusstlosem Zustand gefilmt und Opfer einer Straftat wurden, ein "-" auf. Bei einem Eintrag ist ein "+/-" zu finden. Demnach sei davon auszugehen, dass 69 der 80 Frauen einvernehmlichen Sex mit dem Assistenzarzt hatten. Die Namensliste hatte er seit 2013 geführt. Der letzte Eintrag stammt von Oktober 2019. 16 Videodateien aus dem privaten Umfeld des Assistenzarztes liegen vor Abgesehen von den zahlreichen Videodateien aus dem Krankenhaus in Bethel liegen den Ermittlern noch Videodateien von 16 Frauen vor, die der Täter privat angefertigt hatte. Neun dieser gefilmten Frauen finden sich namentlich auch auf der Liste wieder. In fünf Fällen soll es sich auf den Videos um augenscheinlich einvernehmlichen Geschlechtsverkehr handeln; in vier Fällen um Missbrauch betäubter Frauen, also um potenzielle Sexualstraftaten, heißt es in dem Schreiben. Von den 16 Frauen, von denen Videodateien vorliegen, seien bisher elf identifiziert worden, heißt es weiter. Eine Unterrichtung aller elf Personen, deren Aufenthaltsorte sich über das ganze Bundesgebiet erstrecke, sei veranlasst. Die Polizei unterrichtet also nicht nur die Opfer der Vergewaltigungsserie. Hintergrund sind die Geschlechtskrankheiten des Assistenzarztes, mit denen er seine Opfer, aber auch seine Sexualpartnerinnen angesteckt haben könnte. Ermittlungen gegen Vorgesetzte von Philipp G. "kurz vor dem Abschluss" In dem Schreiben heißt es weiter, dass die Ermittlungen &bdquo;hinsichtlich der möglichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Vorgesetzten des Assistenzarztes“ einen Schwerpunkt bildeten. Die aufwendige Auswertung der im Klinikum sichergestellten Asservate stehe &bdquo;kurz vor dem Abschluss“ und ziehe weitere &bdquo;sich aufdrängende“ Ermittlungen nach sich. Nach wie vor seien zwei Abteilungsleiter und zwei Dezernenten mit dem Verfahrenskomplex betraut. Dafür seien sie zum Teil von ihren übrigen Aufgaben freigestellt worden, heißt es in dem Schreiben.

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