Bielefeld. Auf der gesperrten Ziegelstraße mit einem Cocktail und einer Bratwurst in der Hand bei Livemusik sitzen, das funktioniert nur einmal im Jahr beim Straßenfest im fünften Kanton. Zuletzt fand es 2019 vor der Pandemie statt, jetzt erfreuten sich die Veranstalter beim 13. Straßenfest wieder großem Zulauf.

Freitag- und Samstagabend sowie Sonntagnachmittag wurde die Ziegelstraße zwischen Petri- und Bernhard-Kramer-Straße gesperrt. Verkaufsstände wurden entlang der Straße aufgebaut und haben die Bewohner im Viertel bei einem kühlen Getränk zusammengebracht. „Der Flohmarkt am Sonntag war wie immer der Höhepunkt, mit etwa 50 Ständen gehört er zu den größeren in Bielefeld“, sagt Veranstalter Wolfgang Lückewille von Little Raven und Vorsitzender der Werbegemeinschaft. Er hat selbst 35 Jahre in der Straße gewohnt und freut sich über die steigenden Besucherzahlen.
„Lückewille ist das Herzstück hier, er hält das Straßenfest am Leben – auch die Bands haben alle ihre Wurzeln hier und spielen nur auf Hut“, sagt Siedlungssprecher Henrik Ulatowski. Viele Einrichtungen aus der Umgebung präsentierten sich. Mit dabei war der CVJM der Petrigemeinde, die Arbeiterwohlfahrt, das Johanneswerk, die Freiwillige Feuerwehr, Gemeinsam leben im 5. Kanton, Raphaela Kula vom Atelier Ostbahnhof, die Fahrschule Rückenwind, die Bulldogs und Wildcats, der Förderverein Radrennbahn, der Kantontreff am Meinolfzentrum und die Sattelbar mit einem Paralleltandem.
Jedes Jahr der Höhepunkt

Für Michael Rohr vom Papperla Pub ist es jedes Jahr der Höhepunkt für sein Bistro. „Gerade nach den schweren Monaten in der Pandemie sind die Besucher beim Straßenfest für uns extrem wichtig“, sagt er. Gemeinsam mit seiner Familie betreibt er einen Bratwurst- und einen Getränkestand. Parallel ist das Bistro mit den Dartautomaten geöffnet und vor dem Eingang wird eine Tombola für die Aktion Lichtblicke veranstaltet. „Sonntag ist hier viel los, die Abende vorher leider weniger – wir würden uns wünschen das Konzept anzupassen, sodass es auch die anderen Tage früher losgeht und ein Rahmenprogramm die Besucher anlockt“, sagt Rohr.
Lückewille kennt die Problematik. Die Ziegelstraße darf Freitag und Samstag auch aufgrund der Buslinien erst abends gesperrt werden. Gleichzeitig beklagt er den hohen bürokratischen Aufwand: „Statt wie früher mit zwei habe ich inzwischen mit sechs Mitarbeitern im Ordnungsamt zutun, die Genehmigungen werden immer teurer und die Anforderungen komplizierter – besonders in Bielefeld fällt das im Gegensatz zu anderen Orten schon auf.“

Viele Beschwerden wegen der Lautstärke abends seien an ihn herangetragen worden, obwohl es ein Straßenfest von den Anwohnern für die Anwohner ist und die Livemusik in der Genehmigung der Stadt bis Mitternacht genehmigt wurde. „Solche Leute gibt es eben immer, sie sollten die Verhältnismäßigkeit sehen – wir machen das hier einmal im Jahr“, so der erfahrene Veranstalter.
Neun Stolpersteine im Kanton
Rund um Ulatowski hat sich eine kleine Gruppe als Geschichtswerkstatt zusammengefunden. Sie sammeln und werten viele historische Berichte aus der Tagespresse und alte Fotos aus. Im ersten Schritt entstand eine kleine Ausstellung im Schaufenster der ehemaligen Stoffboutique Tersch, aus der die Geschichte der Ziegelstraße hervorgeht und wie sie sich in den vergangenen Jahren baulich verändert hat.
„Kaum einer weiß, dass hier im fünften Kanton neun Stolpersteine zu finden sind – wir haben sie auf einer Karte verortet und für die Bewohner sichtbar gemacht“, sagt Ulatowski. Ein Teil der Ausstellung dreht sich um die abgerissene Petrischule, die sich die Bewohner als Gemeindezentrum gewünscht hätten. Auch sehr spannend: Für einige Monate existierte an den Heeper Fichten mal ein Freibad. Nach dem Straßenfest wird die Historie noch einige Zeit zu sehen sein.
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