Verleihung an der Uni Bielefeld

Bielefelder Wissenschaftspreis geht an Expertin für Medizinethik

Nach zwei Jahren Corona-Pause wird der Preis der Stiftung der Sparkasse Bielefeld jetzt offiziell verliehen. Die Preisträgerin ist Pionierin auf ihrem Gebiet. Sie beschäftigt sich mit besonders schwierigen Themen - von Sterbehilfe über Organtransplantation bis zur Impfpflicht.

Bettina Schöne-Seifert ist seit 2009 auch Mitglied der naturwissenschaftlichen Akademie Leopoldina und übt unter anderem Kritik an der Homöopathie. | ©WWU Münster/ Bernhardt Link -Farbtonwerk

04.07.2022 | 04.07.2022, 12:36

Bielefeld. Wegen Corona musste sie zwei Jahre auf die Preisverleihung warten. Am Montag, 4. Juli, wird nun der Bielefelder Wissenschaftspreis an die Münsteraner Professorin für Medizinethik Bettina Schöne-Seifert verliehen. Den Presi vergibt die Stiftung der Sparkasse Bielefeld im Gedenken an den Bielefelder Soziologen Niklas Luhmann alle zwei Jahre. Er ist mit 25.000 Euro dotiert.

Der Vorsitzende der Jury für den Wissenschaftspreis und Rektor der Bielefelder Universität, Gerhard Sagerer, erklärte die Entscheidung der Jury von 2020 wie folgt: „Bis heute hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass sich die Moral von Ärztinnen und Ärzten wesentlich an dem aus der Antike stammenden Hippokratischen Eid bemisst.“ Dabei habe sich die medizinische Ethik in den letzten Jahrzehnten längst von dieser herkömmlichen Standesethik gelöst. Sie bilde eine vielfach aufgefächerte, hochprofessionelle Disziplin, die wesentlich zur Bewältigung der Probleme der modernen Medizin beitrage. Bettina Schöne-Seifert habe in diesem Prozess in Deutschland eine führende Rolle gespielt.

Der Preis wird am Montag, 4. Juli, um 18 Uhr in der Universität Bielefeld verliehen.

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Von Sterbehilfe über Organtransplantation bis zur Impfpflicht

Schöne-Seifert war langjähriges Mitglied des Deutschen Ethikrates und ist bis heute in zahlreichen Akademien und Kommissionen aktiv. Schon während ihres Studiums in Freiburg, Göttingen, Wien (Österreich), Los Angeles (USA) und Washington DC (USA) hat sie sich parallel mit Medizin und Philosophie auseinandergesetzt. Sie ist promovierte Ärztin und zugleich habilitierte Philosophin. In den USA lernte sie aus erster Hand die Diskussionskultur der sich damals gerade entwickelnden biomedizinischen Ethik kennen. Kennzeichnend für diese Ethik sind die Betonung sorgfältiger analytischer Argumentationen, die naturwissenschaftliche Fundierung und ihre liberale, menschenrechtlich geprägte Grundhaltung.

Die Preisträgerin habe „dieses Verständnis medizinischer Ethik in Deutschland kenntnisreich und meinungsstark umgesetzt“, heißt es in der Jurybegründung. Und weiter: „Ihre prägende Bedeutung für die deutsche Medizinethik liegt zum einen in ihren einflussreichen Beiträgen zu praktisch allen Debatten, die in den letzten dreißig Jahren in Deutschland geführt wurden: über Hirntod, Embryonenforschung, Sterbehilfe, Organtransplantation, Neurowissenschaften, demenzielle Erkrankungen, Gerechtigkeit im Gesundheitswesen, Impfpflicht und Komplementärmedizin.“

Kritik an Homöopathie

Dabei beziehe Bettina Schöne-Seifert stets klar Position und scheue auch nicht vor öffentlichem Streit zurück, wie ihre engagierte Kritik an der Homöopathie in den letzten Jahren belege. Zum anderen sei sie eine der führenden Theoretikerinnen des Konzepts der Autonomie von Patientinnen und Patienten in Deutschland. „Ihre Position ist dabei von einer großen Freiheitsliebe und tiefem Misstrauen gegenüber allen paternalistischen Tendenzen in der Medizin bestimmt“, so die Jury.

Der Bielefelder Wissenschaftspreis wird seit 2004 verliehen. Er richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland, insbesondere aus den Gesellschafts-, Sozial- und Lebenswissenschaften.