Teure Knöllchen: Stadt Bielefeld bestraft Gehweg-Parker rigoros

Bielefeld-Sudbrack. Ulrich Przybilla versteht die Welt nicht mehr. Jahrelang parkte der Maurer und Fliesenleger vor seinem Wohnhaus Am Feuerholz teilweise auf dem Gehweg. Dieser ist zwischen Grasweg und Kurve mit 2,95 Meter ungewöhnlich breit und bietet Platz für Fußgänger – und Autofahrer. Wer halb auf dem Gehweg parkte, ermöglichte damit anderen das Parken auf der gegenüberliegenden Seite. Für die Fußgänger blieb dennoch genügend Platz. Doch das ist jetzt vorbei. Das Ordnungsamt verteilte zuletzt an alle Gehwegparker Knöllchen über 55 Euro. Wie bei der jüngsten Knöllchen-Offensive an der Bandelstraße, wo jahrelanges Gehwegparken plötzlich geahndet wird, scheint es auch hier eine neue Politik des Ordnungsamtes zu geben. &bdquo;Damit genügend Platz für den Verkehr bleibt, standen die Autos auf der Parkseite mit ihren Reifen auf dem Bordstein“, erklärt der Bielefelder. Direkt an dieser Stelle beginnt der Bultkamppark. &bdquo;Aber dort riskiert man auch ein Knöllchen, wenn man mit seinen Reifen auch nur ein Stückchen im Grünen steht“, sagt der Handwerker. "Seitdem ist das hier eine Katastrophe" Der Erfolg der Knöllchen-Offensive: &bdquo;Seitdem parken alle komplett auf der Straße“, sagt Przybilla. Die Zahl der Parkplätze vor Ort ist damit halbiert. &bdquo;Seitdem ist das hier eine Katastrophe. Die parken hier jetzt kreuz und quer. Ich komme oft sehr spät von der Arbeit und suche mir dann einen Wolf.“ Tatsächlich stehen die Fahrzeuge nur noch versetzt, entweder rechts oder links, aber alle komplett auf der Straße. Fürs Parken auf beiden Seiten reicht so der Platz nicht. Für die Verkehrsteilnehmer wird die Fahrt durch diesen Straßenabschnitt zum echten Slalom-Parkour. Ohne Schild oder weiße Linien ist Gehwegparken immer verboten Norman Rosenland von Ordnungsamt bestätigt: &bdquo;Das Parken auf dem Gehweg ist grundsätzlich verboten. Es sei denn, dort steht ein Verkehrsschild, wonach das Parken mit zwei Reifen erlaubt ist.“ Eine andere weit verbreitete Möglichkeit seien die auf dem Gehweg aufgemalten weißen Linien, die den erlaubten Bereich für Autos markieren. Beides gibt es Am Feuerholz nicht. Als im März die Müllabfuhr die zugeparkte Kurve nicht mehr schaffte, gab es Beschwerden. Das Ordnungsamt schaute vorbei und verteilte laut Rosenland sieben Knöllchen – sowohl für Gehwegparker als auch für welche im Grünstreifen. Im April kamen noch drei weitere Knöllchen nach Anwohnerbeschwerden dazu. Im Mai gab es dann nichts mehr zu beanstanden. 27 Knöllchen in diesem Jahr bezeichnet der Leiter der Bußgeldstelle als &bdquo;nicht so auffällig“. Wie viel Gehweg muss mindestens sein? Przybilla ärgert sich dennoch: &bdquo;Dabei hatten die den Bürgersteig extra für die Autos abgesenkt. Ich wollte diese weißen Linien schon selbst auf dem Gehweg ziehen“, sagt er. Aber die Stadt riet ihm davon ab: &bdquo;Die haben mir gesagt, der Gehweg muss mindestens noch 2,45 Meter breit sein.“ In diesem Fall wäre also noch 50 Zentimeter Platz für Autos, die eine Breite von 2 bis 2,40 Meter mitbringen. Das wäre in der Tat zu wenig, um auf der 6 Meter breiten Straße Platz für Parker auf beiden Seiten zu bieten. Doch die vom Amt für Verkehr geschilderte Gehwegmindestbreite gibt es gar nicht. Bei Stichproben ist auf zahlreichen Gehwegen der Stadt deutlich weniger Raum zur Verfügung: An der Friedrichstraße darf auf beiden Seiten auf dem Gehweg geparkt werden. Auf einer der Seiten haben Autofahrer eine 1 Meter breite Parkbox. Für die Fußgänger bleiben jeweils 1,40 Meter. Am Ehlentruper Weg ist das Verhältnis Auto zu Fußgänger 90 cm zu 140 cm. Und dort schränken Verkehrsschilder den Raum für die Fußgänger stellenweise noch ein. Mancherorts in Bielefeld dürfen Autos sogar 1,40 Meter des Gehwegs nutzen An der Regerstraße hat die Stadt gerade neue Markierungen auftragen lassen. Hier haben Fußgänger nicht einmal einen Meter Platz. An der Neustädter Straße stehen Autos auf dem Gehweg sogar 1,40 Meter zur Verfügung. Die Fußgänger haben maximal die gleiche Breite, denn Stromkästen und Verkehrsschilder minimieren dieses Platzangebot immer wieder. Die Stadt bestätigt auf Anfrage: &bdquo;Fürs Gehwegparken gibt es kein konkretes Maß für die Restgehwegbreite.“ Parken auf den Gehwegen dürfe nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für Fußgänger – auch mit Kinderwagen und Rollator – sowie Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer bleibt. Der Weg müsse auch dann nutzbar sein, wenn sich Personen begegnen, heißt es weiter. Die Straße darf nicht schmaler als 3,05 Meter breit werden Wie viel Platz das sein muss, sei nicht genau geregelt. Zu bedenken sei seit 2016 auch die Vorgabe, dass Kinder bis 8 Jahren mit dem Rad inzwischen auch von radelnden Eltern auf dem Gehweg begleitet werden dürfen. Das müsse seitdem bei der Abwägung mit berücksichtigt werden. Die Straße Am Feuerholz hat an dieser Stelle eine Fahrbahnbreite von 6 Metern. Laut Amt für Verkehr muss immer eine Restfahrbahnbreite von 3,05 Meter vorhanden sein, damit Feuerwehr, Müllabfuhr und Lkw zu jeder Zeit durchkommen. Bleiben 2,95 Meter für Parker. Reicht das für beidseitiges Parken? Jahrelange Praxis: Trotzdem ist beidseitiges Gehwegparken keine Option Aus Sicht der Behörde nicht: &bdquo;Für ein beidseitiges Parken müssten Fahrzeuge mindestens mit halber Fahrzeugbreite (1 bis 1,20 Meter) auf dem Gehweg stehen.“ Während an der Neustädter Straße also 1,40 Meter vom Gehweg für Autos zur Verfügung stehen, stellt das Gehwegparken auf dem 2,95 Meter breiten Gehweg Am Feuerholz für das Amt keine Option dar. Das Problem ist die Parkseite. Dort können die Autos offenbar nicht zur Hälfte im Grünen stehen. Przybilla fragt sich verzweifelt: &bdquo;Warum hat es vorher jahrelang geklappt? Und jetzt ist es plötzlich undenkbar?“

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