Anwohner stinksauer: Stadt verteilt plötzlich Knöllchen an Bielefelder Straße

Bielefeld. Thomas Seidenberg lebt an der Detmolder Straße im Bielefelder Osten. Parkplätze sind hier rar gesät – insbesondere abends. Wenn alles voll ist, dann nutzen Gäste des Bielefelders manchmal eine angrenzende Anliegerstichstraße. Eine kurze Sackgasse, die kaum benutzt wird. Die Freundin seines Sohnes stellte sich dazu mit ihrem Fahrzeug auf den schmalen Gehweg, der auch von den Anliegern nie benutzt werde. Für das Ordnungsamt stellte der Wagen aber eine Behinderung dar. Nun droht ihr ein Punkt in Flensburg. &bdquo;Jahrzehntelang hat das Ordnungsamt hier in dieser Stichzuwegung das Parken auf dem Gehweg geduldet“, sagt Seidenberg. &bdquo;Doch seit ein paar Jahren werden hier Tickets verteilt.“ Ein älterer, gehbehinderter Nachbar habe seitdem lange Wege in Kauf nehmen müssen. Gerade abends blieb den Parkplatzsuchenden oft aber keine Alternative. &bdquo;Ich warne meine Gäste immer: Versucht es, aber es kann Euch 55 Euro kosten.“ An einem Juliabend kommt die Freundin des Sohnes zu Besuch. Sie geht das Knöllchen-Risiko ein und staunt enorm, als sie wenige Tage später ein Bußgeld von 70 Euro berappen soll. Mit Gebühren kommen fast 100 Euro zusammen – und ein Punkt in Flensburg. Der Grund: Der Wagen stand nicht nur auf dem Gehweg, er behinderte dort auch Fußgänger. Das führt zu dem erhöhten Bußgeld samt Aufstockung im Fahreignungsregister. Dagegen geht die Betroffene nun in einem Einspruchsverfahren gerichtlich vor. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld Bielefelder ärgert sich über Radfahrer an Detmolder Straße &bdquo;Für mich ist das eine Stufe zu viel“, sagt das ehemalige Ratsmitglied der Bielefelder FDP. &bdquo;Ich habe den Eindruck, in unserer Stadt wird mit unterschiedlichem Maß gemessen. Dass Radfahrer auf dem Gehweg der Detmolder Straße fahren, wird geduldet. Dass manche dabei rücksichtlos Fußgänger wegklingeln und gefährden, bleibt ohne Folgen. Im Minutentakt kommt es hier zu gefährlichen Situationen. Aber wenn ich mit einem Auto auf einem Gehweg stehe, den niemand benutzt, dann gilt das als Behinderung und ich bekomme einen Punkt.“ Lesen Sie auch: Knöllchen-Ärger auf Bielefelds Supermarkt-Parkplätzen: So entgehen Sie Bußgeldfallen Dass der Wagen auf dem Gehweg stand, bestreitet er nicht. Einen Punkt aber erhalte man sonst bei einem einfachen Rotlichtverstoß und bei 21 km/h über dem erlaubten Limit. Das sei wirklich gefährlich. Aber dieser schmale Gehweg sei in einem so schlechten Zustand, dass die vier Anlieger der Sackgasse ohnehin auf dem Fahrweg gingen. &bdquo;Der Einzige, der hier das Gefühl hatte, behindert zu werden, war der Mitarbeiter des Ordnungsamtes.“ Bielefelder hat kein Verständnis für Strafmaß Seidenberg wehrt sich dagegen, einfach nur gegen die Stadt zu poltern. Er habe als Ratsmitglied wie auch als Kreisvorsitzender der FDP (bis 2012) immer viel Verständnis für die Verwaltung aufgebracht. &bdquo;Auch von uns Bürgern wird immer erwartet, alle Fünfe gerade sein zu lassen.“ So sei es beim Umbau der Detmolder Straße gewesen, als die Anwohner viel ertragen mussten. &bdquo;Aber anders herum gibt es inzwischen wenig Verständnis von der Stadt. Wenn das so bleibt, dann darf sich niemand wundern, wenn die Bürger immer häufiger erregt reagieren.“ Er habe inzwischen den Eindruck, dass die Knöllchen-Praxis beim Ordnungsamt politisch gewollt sei. Die Anwältin, die den Einspruch der Autofahrerin juristisch begleitet, spricht von einem &bdquo;unverhältnismäßigem Bußgeld“. Auch interessant: Identische Nummernschilder in Bielefeld: Rentnerin bekommt falsche Knöllchen Norman Rosenland, Leiter der Abteilung für Verkehrsordnungswidrigkeiten bei der Stadt, gibt zum laufenden Verfahren keine Auskunft. Grundsätzlich aber lässt er mitteilen, &bdquo;nehmen wir durchaus eine Behinderung von Fußgängern an, wenn der Gehweg zu 100 Prozent blockiert ist und Passanten auf die Fahrbahn ausweichen müssen.“ Tatsächlich war der schmale Gehweg komplett blockiert. Ob er überhaupt benutzt wird, das wird in Kürze vor Gericht erörtert.

Meistgelesen