Ende der Kastrationspflicht: Knapp 60.000 Katzen in Bielefeld

Bielefeld. Die Bielefelder Tierschützer fordern eine Verlängerung der städtischen Katzenschutzverordnung, die nächstes Jahr ausläuft. Zwar sei die Regelung kein Allheilmittel gegen Tierelend und Überpopulation, sagt der Vorsitzende des Bielefelder Tierschutzvereins, Helmut Tiekötter. Aber sie sei ein wichtiger Schritt, um beidem entgegenzuwirken - und das aus mehreren Gründen. Die Regelung sollte auf ganz Deutschland ausgeweitet werden, um die bislang unterschiedlichen Rechtsordnungen in den Kommunen zu vereinheitlichen. Die Entscheidung liegt nun bei der Politik. Geldbußen von bis zu 1.000 Euro Die "Verordnung zum Schutz freilebender Katzen auf dem Gebiet der Stadt Bielefeld" gilt seit dem Frühsommer 2018. Sie soll dazu beitragen, dass die Tiere "vor erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden, die auf eine hohe Anzahl dieser Katzen innerhalb des Stadtgebiets zurückzuführen sind", bewahrt werden. Die Halter müssen ihre freiheitsliebenden Samtpfoten kastrieren, kennzeichnen und im Haustier-Register Tasso registrieren. Die Kosten - für Ersteres sind beim Tierarzt sind rund 130 Euro zu berappen - trägt der Besitzer. Bei Missachtung drohen Geldbußen von bis zu 1.000 Euro. Bescheidene Zwischenbilanz Nach vier Jahren sieht die Zwischenbilanz allerdings bescheiden aus. Seit 218 gingen 41 Anzeigen bei der Verwaltung ein, die einen Hinweis auf freilaufende Katzen enthielten. Dadurch wurden zwölf von ihnen "nach amtlicher Anordnung" kastriert. Bei den übrigen habe es sich entweder um keine Freigängerkatzen gehandelt, das Tier sei bereits kastriert gewesen oder der Besitzer ließ sich nicht ermitteln. Bußgelder gab es gar nicht. Rund 59.500 Katzen in Bielefeld Die Stadt schätzt die Zahl der Bielefelder Katzen auf rund 59.500. Da diese nicht steuerpflichtig seien, gebe es keine konkreten Daten. Die Samtpfoten sind bereits nach einem halben Jahr geschlechtsreif, und ihre Vermehrungsfreudigkeit ist auch das Problem: Weibliche Tiere können mehrfach im Jahr Junge zur Welt bringen, im Durchschnitt vier bis sechs. "Angenommen, eine Katze bekommt zweimal im Jahr Nachwuchs und davon überleben jeweils drei Junge pro Wurf", rechnet der Deutsche Tierschutzbund vor. "Dann kann theoretisch, wenn sich diese jeweils weiter paaren, bereits ein einziges unkastriertes Tier in zehn Jahren rund 200 Millionen Nachkommen zeugen." Er schätzt allein die Zahl der Streunerkatzen auf rund zwei Millionen bundesweit. Gezielt in Schrebergärten ausgesetzt 120 von ihnen leben in einer Schrebergartenanlage im Bielefelder Süden. Florence Köster, die im Tierschutz aktiv ist, versorgt sie, kastriert und kennzeichnet die Neuzugänge. Leider würden immer wieder unkastrierte Tiere gezielt in den Schrebergärten ausgesetzt, kritisiert sie. Tiekötter ergänzt, dass Menschen dem Tierschutzverein beinahe jeden Tag scheue Katzen im Garten oder in der Umgebung meldeten. Für ihn ist die Verordnung auch nur ein erster Schritt. Die Stadt müssen darüber immer wieder informieren, denn viele Bürger wüssten gar nichts davon. "Und wie sollen sie davon erfahren, wenn nicht regelmäßig darauf aufmerksam gemacht wird?" Anfangs habe das Veterinäramt befürchtet, dass die Folgen der Verordnung zu einer "nicht leistbaren Mehrbelastung führen könnte", sagt Tiekötter weiter. Das sei nicht passiert, "und das ist nicht zuletzt unseren Bemühungen als Tierschutzverein zu verdanken". Nur "unbelehrbare Tierhalter" seien weitergemeldet worden. Der Verweis auf die Verordnung habe meist für eine Kastration gereicht. Tiekötter verwies zudem auf den Einsatz der beiden vereinseigenen Katzenfängerinnen. Kadaver in der Tiefkühltruhe Und auf eine weitere positive Folge der Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht: Dadurch könne eine steigende Zahl von Fundtieren an ihre Halter zurückgegeben werden. Und diese könnten nun auch benachrichtigt werden, wenn ihr Stubentiger im Straßenverkehr getötet wurde. Denn die Kadaver werden seit einiger Zeit in einer Kühltruhe auf dem Gelände des Umweltbetriebs verwahrt, bis Mitarbeiter des Tierheims ihre Tätowiererungen oder Chips ausgelesen hätten. Tiekötter: "Nichts ist für Menschen, die ihre Haustiere lieben, schlimmer als die Ungewissheit." Politik muss entscheiden Nun ist die Politik am Zug. Sie entscheidet über eine Verlängerung der Katzenschutzverordnung.

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