Der Bielefelder Jazz Club startet wieder durch

Bielefeld. Steigt man die Stufen hinab in den Keller der Alten Kuxmann-Fabrik mit der sehenswerten Bogendecke, umweht Besucher sogleich ein Hauch von Nostalgie: Plakate vergangener Konzerte hängen am Treppenabgang und drinnen an den Wänden des urigen Saals mit den Bistrotischen, der langen Theke und der intimen Bühne – die Poster verweisen auf Leute wie Paul Kuhn, das Freddy Cole Quartett, Mr. Acker Bilk, Barbara Dennerlein. Sogar Helge Schneider gab sich 1984 ein Stelldichein im Bielefelder Jazz Club, damals noch mit seiner Swing Combo. Und auch noch an anderem Ort, denn in seinem Domizil an der Beckhausstraße 72 residiert der Verein erst seit 1991. Vor 42 Jahren war diese Bielefelder Institution gegründet worden, damals wie heute halten engagierte Ehrenamtliche den Laden am Laufen. 2020 hätte man eigentlich sein 40-jähriges Bestehen feiern wollen. &bdquo;Es war alles geplant“, sagt Irmgard Garic, 2. Vorsitzende und Finanzfrau des Clubs. Bekanntermaßen kam es anders. »Jeden Tag kommen 20 bis 25 Anfragen von Musikern« Garic ist froh über die Finanzmittel, die der Club in der Krise vom NRW-Projekt &bdquo;Neustart Kultur“ erhielt. So sei es möglich gewesen, den Club am Leben zu halten. Auch habe der Vermieter in der ganz finsteren Zeit der Komplettschließung auf einen Teil der Miete verzichtet. Jetzt, nach zwei Jahren Pandemie, will der Verein wieder durchstarten, aber es geht ihm wie vielen Veranstaltern – das Publikum kehrt nur sehr zögerlich zurück. &bdquo;Dabei haben wir ein ausgeklügeltes Hygienekonzept“, berichtet der Vorsitzende Tom Schröder, &bdquo;mit Desinfektionsstationen, Hepa-Filtern samt Virenabwehr und bis dato auch noch 3G-Kontrollen“. Diese sollen allerdings demnächst wegfallen. Statt vor 120 Zuschauern spielen die Bands derzeit manchmal vor nur 25 bis 30 Jazzfans. Der Begeisterung tue das keinen Abbruch, denn diese Menschen sehnten sich offensichtlich mehr nach Kultur und guter Musik, als sie ihre Sorgen die Oberhand gewinnen ließen. Doch noch passt der Andrang der Auftrittswilligen nicht so recht zur Resonanz. &bdquo;Jeden Tag kommen 20 bis 25 Anfragen von Künstlern, die bei uns spielen wollen“, gibt Ulli Wegener zu Protokoll, der für das Booking zuständig ist. Für Nachwuchsmusiker eine tolle Chance Man spürt, dass der fünfköpfige erweiterte Vorstand – neben Garic, Schröder und Wegener gehören auch Fiddi Götte (Bandtechnik, Bühne, Mixer) und Holger Roggemann (Grafik und Tickets) dazu – Lust hat, wieder regelmäßig Konzerte aus den Bereichen Jazz, Blues, Funk und Soul anzubieten. Dazu die berühmte Bluesbörse, bei der Musiker Gelegenheit zum ungezwungenen gemeinsamen Jammen haben. Außerdem die Smart Stage, ein Experimentierfeld für Schul-Bigbands, die hier zu ersten Auftritten gelangen können. &bdquo;Gerade für Nachwuchsmusiker ist das eine tolle Chance“, so Schröder. Und für die rund 100 Club-Mitglieder sei es eine Gelegenheit, Nachwuchs zu gewinnen. Auch im Kreis der ehrenamtlich Aktiven, die sich auch um Werbung, Theke, Betreuung der Bands und vieles mehr kümmern müssen, sind jüngere Leute willkommen. Inhaltlich hat sich der Jazz Club &bdquo;völlig vom Dixieland früherer Jahre verabschiedet“, so Wegener. »Der Ostwestfale ist leidensfähig, er hat den Blues« Das sei nicht mehr die bevorzugte Musikrichtung der meisten Mitglieder. Gefördert wird allerdings das enorme Blues-Potenzial der Region: Greyhound George, Michael van Merwyk, Richie Arndt, Bad Temper Joe, aber auch Kristin Shey sind einige der Namen, die regelmäßig im Jazz Club auftreten – die ersten vier werden sogar regelmäßig zur International Blues Challenge nach Memphis/USA eingeladen – und landen dort immer mal wieder im Finale. Dieses lokale und regionale Potenzial zu präsentieren, hat sich der Verein auf die Fahnen geschrieben. Aber auch viele auswärtige Musiker kommen gern in den Jazzkeller alter Prägung, aber mit modernster Technik: Im Juni nimmt er wieder den wöchentliche Konzert-Rhythmus auf: Adina and the Snakecharmers kommt am 3. Juni, Sheffield Steel präsentiert am 10. Juni ein Joe-Cocker-Tribute, die Mojo Blues Band folgt am 17. Juni, am 24. Juni Kaiser Beats. Für den Spätsommer sollte man sich Rüdiger Baldauf mit Band (12. August) sowie das Kristin Shey Jazz Quartett (26. August) vormerken. Vermietungen laufen auch allmählich wieder an Ulli Wegener träumt derweil schon davon, &bdquo;auch international bekannte Zugpferde in den Club zu holen“, vielleicht als &bdquo;Zwischenstopp“ in Bielefeld, während sie auf Tour zwischen Berlin und München sind. &bdquo;Wir haben eine super Location mit toller Bühne und Technik auf dem neuesten Stand“, wirbt Wegener. Auch die Vermietung der Räume für Geburtstage, Hochzeiten, Firmenfeste soll wieder Fahrt aufnehmen und laufe auch langsam wieder an. Das &bdquo;Kerngeschäft“ aber, da von ist Tom Schröder überzeugt, bleibt die Bluesmusik: &bdquo;Der Ostwestfale ist leidensfähig, er hat einfach den Blues.“ Vielleicht gebe es da Parallelen zwischen dem regionalen Flachsanbau früherer Jahrhunderte und der Baumwollherstellung im amerikanischen Süden. Doch so ganz ernst meint er den Vergleich dann auch wieder nicht. Weitere Infos auf www.bielefelder-jazzclub.de, Tickets im Musikhaus Wolf (Schildesche), Tel.: 94 988 708, bei KonTicket im Loom und an der Abendkasse.

Meistgelesen