Bielefeld Bielefelder klagen gegen Fingerabdruckpflicht

Bielefeld. Bis zum vergangenen Sommer hatten die Bürger die Wahl, ob sie die Abdrücke der beiden Zeigefinger auf ihrem neuen Personalausweis speichern lassen wollen oder nicht. Seitdem ist es Pflicht. Dagegen klagt der Bielefelder Verein Digitalcourage - nachdem er in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden gewonnen hat - nun auch vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dort haben die Mitgliedsstaaten jetzt bis zum 3. Juni Zeit für eine Stellungnahme zur Klage mit dem Aktenzeichen C-61/22. Auch die Bundesregierung. Die hat Digitalcourage bereits aufgefordert, sich ablehnend zur Abdruckpflicht zu äußern. Der Verein repräsentiert über 13.000 Menschen, die sich per Unterschrift ebenfalls dagegen ausgesprochen haben. Kriminelle, Unternehmen und autoritäre Regierungen Selbst das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) habe bestätigt, "das die Sicherheit des Personalausweises ohne Fingerabdruck, allein durch die herkömmlichen Sicherheitsmerkmale wie zum Beispiel Kippbilder, gegeben ist", erklärt Konstantin Macher von Digitalcourage. Die Datenschützer warnen vor dem massenhaften Erheben und Speichern von biometrischen Daten: "Heute als sicher geltende Schutzmaßnahmen können in der Zukunft leicht zu umgehen sein." Die Speicherung des gesamten Fingerabdrucks - und hier sind es ja sogar zwei - auf Ausweisen erhöhe das Risiko eines Identitätsdiebstahls, falls es zu einem Datenleck komme. Solch ein Datenklau sei nicht nur für Kriminelle, sondern auch für manche Unternehmen oder für autoritäre Regierungen attraktiv. "Da biometrische Daten nicht veränderbar sind und Menschen ein Leben lang identifizierbar machen, stellt die Speicherung des Fingerabdrucks auf Personalausweisen ein enormes Risiko dar.""Behandelt wie eine Straftäterin" "Und ich fühle mich behandelt wie eine Straftäterin - als ob der Staat mir unterstellt, ich würde etwas Kriminelles planen", ergänzt Julia Witte von Digitalcourage. Dabei habe die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag versprochen, die Freiheitsrechte aller Bürger ernstzunehmen und "Gesetze, die diese Freiheiten zugunsten einer angeblichen Sicherheit einschränken, überprüfen zu wollen".Fingerabdrücke werden gescannt Die Stadt Bielefeld stellt jährlich und 34.000 Personalausweise aus. In der Bürgerberatung im Neuen Rathaus werden die Fingerabdrücke von einem Scanner abgenommen und direkt an die Bundesdruckerei weitergeleitet. Dort werden sie auf einem Chip im neuen Ausweis gespeichert. Nach Produktion und Aushändigung der Plastikkarte werden sie laut Bundesinnenministerium "umgehend" gelöscht. Gleichwohl sind zahlreiche Menschen und Ämter berechtigt, die Fingerabdrücke auf dem Chip auszulesen: Personalausweis- , Pass-, Melde- und Polizeibehörden, Zollverwaltung und Steuerfahndung sowie die Sicherheitsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten.

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