Experte meint: Ein drei Meter hoher Zaun um Olderdissen wäre das Richtige

Herr Brekenkamp, Jahrzehnte waren Sie Chef in Olderdissen – vor allem waren Sie immer für den offenen Tierpark, die &bdquo;fließende, offene und barrierefreie“ Olderdissen-Vision. Jetzt fordert Ihr Nachfolger einen Zaun. Sind Sie empört? Volker Brekenkamp: Im Gegenteil. Ich verstehe das, wichtig ist doch der Schutz der Tiere. Nachts gibt es für sie keine Ruhe, es wird gelärmt, mit Taschenlampen in die Augen geleuchtet, beschädigt, zerstört, gestohlen. Nachtaktive Tiere werden in Stallungen zurückgedrängt. Ist es nachts wirklich so gravierend? Brekenkamp: Es war schon damals erheblich. Ich war oft nachts im Park und hatte mit angetrunkenen Gruppen zu tun, die unglaublich laut sind, aber selbst gar nicht merken, dass sie stören. Leider ist es so, dass ich oft eine Tracht Prügel angedroht bekommen habe, wenn ich was gesagt habe. Ganz ehrlich: Mein Motto war dann &bdquo;Vorwärts, Volker, es geht zurück.“ Aber das geht so nicht. Und doch gab es damals keine Zaundebatte. Brekenkamp: Doch, aber sie blieb intern. Die meisten Menschen sind mehr als irritiert, dass &bdquo;ihr“ Olderdissen nun plötzlich umzäunt werden soll, die FDP wirft sich – bildlich gesprochen – massiv gegen den Zaun. Wenn wir sehen, wie Nutztiere behandelt werden, ist da nicht Olderdissen ein Paradies und übertreiben wir es hier nicht mit dem Tierwohl?Brekenkamp: Nein, und es geht ja auch nicht nur ums Tierwohl. Das ist doch nur ein Punkt von vielen. Sie glauben ja nicht, wie viel Vandalismus es gibt, von Futterautomaten bis hin zu Spendenkästen. Das alles zu reparieren, das kostet. Und dauert oft auch lange. Gehege werden aufgeschnitten, Tiere gestohlen – es ist schon erheblich, was da so alles geschieht. Menschen tun so etwas, leider. Brekenkamp: In meiner Zeit hatten wir samstags nachts einen jungen Mann im Bärengehege. Der ist da am Wasserfall rumgeklettert und reingefallen. Wären die Bären nachts nicht immer im Haus, hätten wir nicht den Mann gefunden, sondern nur noch zwei Turnschuhe. Es soll versucht worden sein, die Bärenanlage aufzuschneiden. Brekenkamp: Das weiß ich nicht, das ist auch nicht so einfach. Es gibt drei Stromkreisläufe. Und das ist echte Arbeit, das würde tagsüber bemerkt werden. Nachts aber nicht. Deshalb sind die Bären immer im Haus – und das ist massiv gesichert, da kommt keiner rein. Geht von freigelassenen Tieren denn eine Gefahr aus? Brekenkamp: Definitiv. Wie gesagt, bei den Bären halte ich das Freilassen für unmöglich, aber bei den Wölfen? Natürlich geht das. Und es ist ja auch schon passiert. Und ja, die sind dann auch gefährlich. Ein Zaun um den Tierpark herum wäre da eine Hilfe, er darf aber nicht 1,50 Meter hoch sein, sondern eher drei Meter. Das erschwert vieles. Fest steht jedoch auch: Alles ist immer irgendwie möglich. Wir können Dinge nur erschweren. Für die Dummheit von wenigen Tierbefreiern und einzelnen Zerstörern sollen nun Hunderttausende Besucher bezahlen? Brekenkamp: Na ja, wenn wir von einem Promille ausgehen, die dazu gehören, dann sind das bei 800.000 Besuchern 800 Menschen. Und nachts definitiv mehr. Und es geht ja um viele Punkte. "Musste den Hund töten" Was noch? Brekenkamp: Der Tierpark wird sicherer, wenn bei Vorfällen binnen 15 Minuten alles geschlossen werden kann. Ob ein Tier befreit worden ist oder bei Sturm ein heruntergebrochener Ast Tieren die Flucht ermöglicht, ein Außen-Zaun würde da helfen. Übrigens hilft er auch bei Tierseuchen wie Maul- und Klauenseuche, Vogelgrippe oder Afrikanischer Schweinepest – da muss man schnell reagieren können. Auch bei Corona war es ja ein Problem: Bis Barrieren aufgebaut sind, ist schon die nächste Regelung gültig. Übrigens dringen auch Tiere von außen ein: Ich habe einen großen Schäferhund erlebt, der erst sechs Hühner getötet hat, danach ins Wisentgehege gesprungen ist und dort ein neugeborenes Kalb gejagt hat. Den musste ich leider erschießen. Große Hunde sind wirklich immer wieder ein echtes Problem. Angeblich gibt es EU-Richtlinien, die den Zaun erfordern. Brekenkamp: Es geht ums Erhaltungszuchtprogramm EEP – und da ist Olderdissen sehr aktiv, so bei Vielfraß, Luchs, Steinkauz, Wisent; und bald auch bei den Bären. Die Zulassung fürs EEP ist an eine Außenabgrenzung gebunden, also einen Zaun. Aber das ist doch nicht jetzt plötzlich vom Himmel gefallen. Brekenkamp: Nein, wir haben uns da immer ein wenig vor gedrückt. Ich habe schon damals Hinweise renommierter Zoologen bekommen – und denen dann immer gesagt, sie sollten bitte den Ball flach halten. Wir sind ein Risiko eingegangen und es wurde nie direkt und offiziell moniert. Aber jetzt, wo das Zaun-Thema auf dem Tisch liegt, gehört auch das dazu. "Wer hat was versäumt?" Wird nicht eher der Corona-Zaun benutzt für Ziele, die schon länger existieren? Brekenkamp: Nein, auf keinen Fall. Es ist in der Summe schon alles sehr eindeutig. Die Diskussion ist eröffnet – und wir müssen Ross und Reiter benennen. Noch einmal: Meine ersten zehn Jahre als Leiter bin ich nicht ein Wochenende weggewesen, weil ich immer in Bereitschaft war, falls was passiert. Das belastet, damals mich, heute die Mitarbeiter im Bereitschaftsdienst, der eingeführt worden ist. Seien wir doch mal ganz ehrlich: Wenn da nachts was passiert, kommt doch sofort die Öffentlichkeit, auch die Medien, – und es wird gefragt: &bdquo;Wer hat da was versäumt?“ Olderdissen ist einer der beliebtesten Tierparks in Deutschland – folgt nun per Zaun der große Imageschaden? Brekenkamp: Ein bisschen schon, fürchte ich. Aber man kann den Zaun ja gut einpassen ins Gelände, unauffällig. Er muss optisch passen. Und, ganz wichtig: Alle Ein- und Ausgänge müssen so wie sie sind erhalten werden. "Olderdissen muss gratis bleiben" Und dann kommt der Eintritt. Brekenkamp: Der darf nicht kommen. Es wäre auch nicht klug. Spenden würden einbrechen, Besucherzahlen auch. Kosten entstünden für Personal und Kassenhäuschen. Und wir sind nicht der Tierpark, der 20 Euro Eintritt nehmen könnte. Das lohnt nicht. Nein, Olderdissen muss kostenlos bleiben.

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