Bielefeld wird zur Smart City: Mit Sensoren weg von der gefühlten Wahrheit

Bielefeld. Sie werden in der Vergangenheit wahrscheinlich nicht vielen Bielefeldern aufgefallen sein. Die Studenten, die im Auftrag der Stadt die Passantenfrequenz der Innenstadt gemessen haben, waren am Rand der Fußgängerzone mit ihren Handzählern eher unscheinbar. Und sie tauchten höchstens einmal im Jahr auf.Die leise klickenden Helfer werden in Zukunft wahrscheinlich noch seltener, wenn nicht sogar gar nicht mehr zu sehen sein. Denn die Stadt Bielefeld plant, mit einer neuen Technik zur Speerspitze der digitalen Datenerfassung im innerstädtischen Bereich zu werden. Das Digitalisierungsbüro, das City.Team und das Fraunhofer IOSB-INA Lemgo als wissenschaftlichem Partner wollen mit einem Pilotprojekt am Süsterplatz modernste Sensortechnik im Kleinen erproben und auf Herz, Nieren und die Belange des Datenschutzes überprüfen. Geben die Experten aus Lemgo am Ende des &bdquo;Reallabor“ getauften Probelaufs grünes Licht, soll die Technik von einem der zwei in Frage kommenden Anbietern im gesamten Stadtgebiet flächendeckend installiert werden – und dabei Daten in einer bislang ungekannten Qualität liefern. Welche Routen bevorzugen die Besucher der Innenstadt? Welche Bereiche werden stark frequentiert, welche drohen zu veröden? An welchen Stellen ballt es sich bei Stadtfesten? Wo bestehen nach Einbruch der Dunkelheit gemiedene Angsträume? Und welche Auswirkungen haben Straßensperrungen auf die Besuchsfrequenz? Diese Fragen sollen durch die bislang nur in geschlossenen Räumen wie Einkaufszentren zum Einsatz gekommene Sensortechnik beantwortet werden. Die Fragen wurden zuvor in Workshops zusammen mit den Kaufleuten der Altstadt und der Bahnhofsstraße, der IHK, der Feuerwehr, Mobiel oder auch dem Ordnungsamt erarbeitet.&bdquo;Das würde uns wichtige Erkenntnisse für eine strategische Ausrichtung von Projekten geben“, sagt Charlotte Höpker vom City.Team Bielefeld. Die detaillierteren Angaben würden vieles, was aktuell im Bereich der gefühlten Wahrheiten liegt, entweder mit validen Daten unterfüttern oder in den Bereich der Mythen verbannen. Denn im Gegensatz zu den manuellen Messungen oder der 2019 vom Anbieter Hystreet in Bielefeld installierten &bdquo;Zähllinientechnik“ arbeitet das neue System mit den Smartphones der Passanten. Sobald diese sich mit Bluetooth verbinden oder in W-LAN-Netzewerke einwählen wollen, werden sie von den Sensoren erfasst. Dabei kann festgestellt werden, ob die Person mit der Bahn oder mit dem Auto in die Innenstadt gekommen ist, wie lange sie in Geschäften verweilt oder ob sie einfach nur so durch die Altstadt flaniert. &bdquo;Es wird dabei aber niemand verfolgt oder überwacht“, betont Höpker.Denn die Messlatte der Datenschutzverordnung liegt sehr hoch. &bdquo;Es interessiert uns nicht, wer wo ist, sondern dass jemand wo ist“, erläutert Jens-Peter Seick von Fraunhofer IOSB-INA Lemgo. Entsprechend sollen durch die Sensoren keinerlei Daten erfasst werden, die Rückschlüsse auf den Besitzer des Smartphones liefern könnten. &bdquo;Das wurde uns von den Herstellern garantiert. Wir werden das hier aber noch einmal selbst genau überprüfen.“ Erst wenn diese Hürde genommen ist, kann das System in ganz Bielefeld &bdquo;ausgerollt“ werden, wie Höpker sagt. Am Süsterplatz werden die Geräte jetzt installiert, um &bdquo;den größten Teil der identifizierten Anwendungsfälle nachbilden und pilotieren können“, sagt Seick. Zusätzlich sind zum Abgleich auch Geräte im Bereich der Bahnhofstraße installiert. Während der Erprobung sollen Testpersonen durch den Bereich geschickt werden, um die Funktionen der Geräte überprüfen.Wenn dies erfolgversprechende Daten liefert, könnte das System bereits im zweiten Halbjahr 2022 Daten liefern. Die Investitionssumme dafür wird sich laut Höpker im &bdquo;sechsstelligen Bereich“ befinden.

Meistgelesen