Anwohner ärgern sich über Umbenennungs-Debatte der Karl-Peters-Straße

Bielefeld. Es sind einige der schönsten Häuser Bielefelds. Wer die Karl-Peters-Straße entlanggeht und die Anwesen zusammen mit den Autos in den Einfahrten betrachtet, merkt schnell, dass dort eine wohlsituierte Wohngegend liegt. Seit mehr als zwei Wochen trübt aber etwas den ruhigen Eindruck: Das Bündnis Decolonize Bielefeld - ein Zusammenschluss verschiedener Gruppen vom Jugendwerk der AWO bis zu den Jusos - fordert, den Straßennamen zu ändern. Zuletzt gab es diese Debatte 2008. Sie endete mit einer Umwidmung der Straße. Seitdem gilt nicht mehr der Kolonialverbrecher Carl Peters als Straßenpate, sondern der Bielefelder Industrielle Karl Peters. Die Anwohner selbst sind von der erneuten Debatte alles andere als begeistert - und drohen sogar zu klagen. "Wir sammeln gerade Unterschriften gegen eine Umbenennung. Mehr als 90 Prozent der Anwohner haben am ersten Tag der Unterschriftenaktion schon unterschrieben und sind einstimmig gegen eine Umbenennung", sagt Karsten Jorewitz. Der Immobilienmakler war schon bei der letzten großen Umbenenungs-Debatte im Jahr 2008 einer der Sprecher der Anwohner. "Wenn eine Umbenennung beschlossen wird, würden wir juristische Schritte gegen die Stadt einleiten", sagt er. Als Unternehmer wäre er von einer Umbenennung hart betroffen. Von der Stadt selbst heißt es auf Nachfrage, dass besonders Firmen durch einen solchen Vorgang finanzielle Lasten zu tragen hätten. Für sie sei es ein höherer Aufwand, Kunden und Zulieferer über die "neue" Adresse zu informieren. Die Nachbarn sind bei einer Umbenennung bereit zu klagen Für Anwohner seien die Kosten dagegen "niedrig und zumutbar", heißt es von Kristina Buchmiller von der Pressestelle der Stadt. "Die Eintragung der geänderten Adresse in den Personalausweis ist kostenfrei, beim Fahrzeugschein bzw. bei der Zulassungsbescheinigung wird auf eine Gebühr verzichtet", so die Pressesprecherin. Um den Übergang zu erleichtern, würde die alte Adresse zusammen mit einer neuen noch für sechs Monate ausgeschildert sein. Dennoch könnte es für Anwohner problematisch werden, gefunden zu werden, weil Navigationssysteme nur sehr zeitverzögert aktualisiert werden. Diese sehr praktischen Überlegungen treiben die Anwohner im Gespräch mit der NW aber kaum an. Stattdessen verstehen die meisten von ihnen nicht, warum die Debatte erneut geführt wird. Nur einer der Nachbarn, mit dem die NW spricht, zeigt sich einer Änderung des Namens offen gegenüber. "Den Namen hätte man frühzeitig ändern müssen", sagt der Anwohner, der anonym bleiben möchte. Dem kolonialen Erbe des ursprünglichen Straßenpaten Carl Peters (siehe Infokasten) sei er sich sehr bewusst. Trotzdem lehnt auch er den neuen Gegenvorschlag des Bündnisses Decolonize Bielefeld ab, die Straße nach Fatuma Elisabeth zu benennen. Das afrikanische Mädchen mit diesem Namen war vor 130 Jahren von einem Missionar nach Bethel gebracht worden, wo es vier Jahre später verstarb. "Besser wäre ein Name, der in die Gegend passt", sagt der Anwohner. Für einen Anwohner ist der Vorschlag der Aktivisten sogar eine "Reizthema". "Warum denn einen afrikanischen Namen nehmen? In Afrika werden doch auch keine Straßen nach Deutschen benannt", sagt er. (Anmerkung der Redaktion: Tatsächlich gibt es aufgrund der Kolonialzeit viele deutsche Straßennamen in Afrika. In Namibia wurden aufgrund einer ähnlichen Debatte über Kolonialismus eine ganze Reihe deutscher Straßennamen getilgt.) "2008 wurde doch sehr eine elegante Lösung gefunden", so der Anwohner. "Dass man sich jetzt wieder damit beschäftigt, finde ich ganz schlimm." "Es ist einfach die falsche Straße dafür" Aber auch Nachbarn, die Verständnis für die Aktivisten zeigen, sprechen sich gegen eine Umbenennung aus. "Ich kann das Anliegen gut nachvollziehen und es ist eine gut gemeinte Aktion", sagt eine weitere Anwohnerin, die nicht namentlich genannt werden möchte. "Aber es ist einfach die falsche Straße dafür." Denn durch die Umwidmung von 2008 sei die Debatte eigentlich schon abgeschlossen. Zudem bezweifelt sie, dass die Aktion die Anwohner erreichen würde. "Das geht an deren Lebensrealität vorbei", sagt sie. Denn die Anwohner seien zum großen Teil älter und wohlhabend. Der Fokus auf die Karl-Peters-Straße sei deswegen "politisch unklug". "Wir können mit dem Maschinenbauer gut leben", sagt Heinrich Plassmeier, ein weiterer Anwohner. Auch er zeigt Verständnis für die Aktivisten, aber: "Es gibt so viele Punkte in Bielefeld, wo man etwas gegen Rassismus machen müsste", sagt er. Da verstehe er den Fokus auf eine Straße nicht, bei der die koloniale Vergangenheit für alle Beteiligten schon ausdiskutiert sei. Einer Fatuma-Elisabeth-Straße sei er aber nicht abgeneigt. "Den Namen kann man doch gerne in einem Neubaugebiet verwenden."

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