Verkehrswende in Bielefeld: Schleichfahrt statt Top-Speed

Bielefeld. Das rot-grün-rote Bündnis im Rat setzt auf die Mobilitätswende – weg vom Auto. Dafür hat es eine Mehrheit. Und es geht das Thema sehr ernsthaft an. SPD, Grüne und Linke drücken aufs Tempo. In einer Pressekonferenz legten sie ein halbes Dutzend Anträge vor, damit es schneller voran geht. Doch die Hürden sind teils hoch. Der Oberbürgermeister musste jetzt bei einem wichtigen Projekt die Notbremse ziehen. Ein alter Vorwurf in der Verkehrspolitik ist, dass es kein Gesamtkonzept für Bielefeld gibt. Ein Stück weiter wäre die Stadt, wenn der Nahverkehrsplan endlich aufgestellt wäre. Daran wird gearbeitet mit Gutachtern. Doch es zieht sich. Und es wird neuen Zeitverlust geben: Denn Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) grätschte jetzt in den Entwurf seiner Verwaltung rein. "Steuerung erheblich geändert" Clausen, der den erkrankten Verkehrsdezernenten Gregor Moss (CDU) vertritt, lud angesichts des ihm Vorgelegten am 30. April zum Spitzengespräch mit Stadtkämmerer und MoBiel-Geschäftsführung. Das Ergebnis: &bdquo;Wir haben die Steuerung erheblich geändert", räumte der OB im Stadtentwicklungsausschuss Korrekturen ein. Der Entwurf, der jetzt eigentlich in die Bürgerbeteiligung gehen soll, scheint für eine Umsetzung zu wenig realistisch zu sein. Clausen: &bdquo;Wir wollen einen qualitativ belastbaren Vorschlag für einen zukunfts- und konsensfähigen Plan vorlegen." Daran werde mit Hochdruck gearbeitet. Allerdings bedeute das auch, dass es mindestens sechs Wochen länger dauere. Bis Ende des Jahres sei aber ein Beschluss des Rates möglich: &bdquo;Auch wenn es eng wird." Damit zog er der Koalition aber auch etwas den Zahn. Denn die wollte im Ausschuss beantragen, dass der Entwurf noch vor der Sommerpause beraten wird, um Tempo zu machen, wie Jens Julkowski-Keppler (Grüne) betonte. Denn zum Fahrplanwechsel am 1. August sollten erste Verbesserungen im ÖPNV schon greifen. &bdquo;Die Vorlage, Beratung und öffentlich Beteiligung geht aber erst ab August", erwiderte Clausen. Radkonzept vertagt Doch auch bei anderen Verkehrsthemen hakt es. Das neue Radverkehrskonzept, das der OB mit dem Fahrrad an der Jahnplatz-Baustelle vorstellte, hat der Ausschuss erst noch vertagt. Dabei will Rot-Grün-Rot es beschleunigen. Schon bis 2025 sollen wichtige Maßnahmen eingeleitet sein, andere nicht erst bis 2035, sondern möglichst bis 2030. Dabei wird betont, dass die Ziele, an die sich die Stadt im Vertrag mit der Initiative Radentscheid gebunden hat, erreicht werden. Härtetest dürfte dabei die Artur-Ladebeck-Straße werden, bei der möglichst schnell ein geschützter Radweg (protected bike lane) ausprobiert werden soll. Auf der 2,9 Kilometer-Strecke zwischen Adenauerplatz und Gotenstraße in Brackwede soll so ein Unfallschwerpunkt für Radfahrer behoben und ihnen ein komfortableres und sicheres Fahren ermöglicht werden. Sicher auf der Artur-Ladebeck-Straße Das soll nach dem Bündnis schnell gehen. Doch weil der Verkehr auf dem Ostwestfalendamm bis 2022 durch Baustellen beeinträchtigt ist, wird der Pop-up-Radweg auf der Ladebeck-Straße verschoben, um hier keinen zusätzlichen Engpass zu schaffen. Die Verwaltung schreibt, sie werde ihn ab 2022 planen. Doch Rot-Grün-Rot drängt darauf, dass die Pläne schon jetzt fertig gemacht werden, damit sie 2022 sofort umzusetzen sind. Nicht recht voran geht es außerdem mit Fahrradparkhäusern oder Radstationen. Am Jahnplatz ist die große Lösung vom Tisch, die kleine wird neu geprüft, dürfte aber dauern. Aber klar ist allen, der wichtigste Standort wäre am Hauptbahnhof. Und dort ist die alte Radstation längst abgerissen, das Provisorium ein schwacher Ersatz. Doch für eine neue Radstation fehlt immer noch der Standort. SPD, Grüne und Linke hoffen jetzt, dass der alte Bunker unter dem Bahnhofsvorplatz der Ausweg ist. Hierfür hatte Radentscheid eine machbare Lösung vorgeschlagen. Die gilt jetzt auch für das Bündnis &bdquo;als Favorit", wie Sven Frischemeier (SPD) betont. Deshalb soll der Stadtentwicklungsausschuss eine Machbarkeitsstudie beschließen. Beim Bunker, der zentral läge, wäre das Bauwerk schon da. Allerdings wird die Zufahrt von außen ein Problem.

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