Jahnplatz-Kostenanstieg: So rechnet der Oberbürgermeister

Bielefeld. 22,3 statt 13,9 Millionen Euro, ein Anstieg von 60 Prozent – die Kosten des Jahnplatz-Umbaus laufen davon. Das sorgt für viel Kopfschütteln und Kritik. Doch Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) wehrt sich dagegen und macht eine ganz andere Rechnung auf. Und bei der kommt Bielefeld trotz der Mehrkosten gut weg. Die Reaktionen fallen heftig aus. Clausen steht wie Bau- und Verkehrsdezernent Gregor Moss (CDU) angesichts der Kostenexplosion und der sehr späten Erkenntnis und Information darüber unter Beschuss. Bisher ließen sie den stellvertretenden Verkehrsamtsleiter Dirk Vahrson die unerfreulichen Zahlen erklären. Erst am Dienstag im Stadtentwicklungsausschuss stellte sich der OB erstmals – in Vertretung des seit der gescheiterten Abwahl krank geschriebenen Verkehrsdezernenten. &bdquo;Eine Operation am offenen Herzen" Und Clausen, der vor einer Woche mit Fahrrad das neue Radverkehrskonzept auf dem ersten frisch freigegebenen Abschnitt an der Friedrich-Verleger-Straße vorstellte, betonte, dass der Jahnplatz-Umbau &bdquo;ein Megaprojekt" sei – &bdquo;eine Operation am offenen Herzen, bei der viel Unerwartetes geschehen kann". Der OB verwahrte sich dagegen, dass das Rathaus &bdquo;Kostentreiber" sei: &bdquo;Im Wesentlichen liegt der Anstieg an Leistungsveränderungen und -ausweitungen. Und die sind alle durch politische Beschlüsse legitimiert". &bdquo;Wir haben die Investitionen gesteigert, dadurch entsteht kein Schaden für die Stadt, sondern wir schaffen Vermögen", sagte Clausen: &bdquo;Wir haben einen Gegenwert." Die Verwaltung habe regelmäßig über Bauablauf und Korrekturen berichtet: &bdquo;Waren da nicht alle dabei?", fragte der OB in Richtung der Kritiker aus der Opposition: &bdquo;Der Umbau war von Anfang an großer Zankapfel. Das erklärt wohl jetzt manch schrillen Ton. Auch in den Medien." "Der Quadratmeterpreis bleibt gleich" Clausens Rechnung sieht etwas anderes aus: 2019 sei die Stadt von einer Baufläche von 14.000 Quadratmetern ausgegangen, jetzt liege man bei 22.500 Quadratmetern. Das seien in etwa 60 Prozent mehr – so wie bei den Kosten. Der Quadratmeterpreis sei mit 990 Euro in etwa gleich geblieben: &bdquo;Wir haben viel mehr bekommen, als wir in Angriff genommen hatten." Und dafür habe Bielefeld auch entsprechend mehr Fördergeld erhalten – durchweg 90 Prozent. Allerdings stimmt das nicht für die Gesamtsumme. Sonst wäre der Anteil der Stadt nicht auf 8,4 Millionen Euro, mehr als ein Drittel der 22,3 Millionen, gestiegen. Clausen sieht jedenfalls &bdquo;keinen Grund zur Panik". Vieles sei dem Zeitdruck geschuldet und erklärbar: &bdquo;Jetzt arbeiten wir daran, dass der Patient Jahnplatz bis 30. Juni 2022 (Ablauf der Förderfrist) genesen und wohlauf ist." Steigen die Kosten weiter? Das Bild des Patienten nahm Simon Lange (CDU) gern auf: Ehe ein Arzt operiere, führe er Patientengespräche, lese gründlich die Krankenakte und informiere sich über Risiken: &bdquo;Von so detaillierter Planung ist hier nichts zu sehen. Das Projekt wurde rein ideologisch durchgeboxt, mit Tricksereien, als die Paprika-Koalition des Thema in den Rat zog, weil ihr im Stadtentwicklungsausschuss die Mehrheit fehlte." Rot-Grün habe &bdquo;jedes Augenmaß" verloren: &bdquo;Das Ergebnis ist eine komplette Fehlplanung, die jetzt schöngerechnet wird." Und die Kosten würden weiter steigen. Das schließt auch der OB nicht aus. Rainer Seifert (FDP) fühlte sich an den BER-Flughafen in Berlin erinnert: &bdquo;Das Projekt ist aus dem Ruder gelaufen." Jetzt müsse man daraus lernen und das Controlling verbessern. Heliane Ostwald (AfD) nannte die Kostensteigerung &bdquo;skandalös" und wunderte sich, dass auch Architekten und Bauüberwacher 60 Prozent mehr erhielten. &bdquo;Eine komplette Fehlplanung wird schöngerechnet" Rückenwind erhielt der OB von der rot-grün-roten Koalition. Der neue Jahnplatz sei &bdquo;ein Meilenstein für Bielefeld mit der höchsten Förderzusage im Land", sagte Jens Julkowski-Keppler: &bdquo;Wir sind froh, dass wir das angepackt haben." Die Kostensteigerung sei im &bdquo;normalen Bereich: Das müssen wir akzeptieren, das ist oft nicht zu vermeiden." Es gebe keinen Grund, Emotionen zu schüren. Sven Frischemeier (SPD) hob hervor, dass die OP am offenen Herzen dringend nötig gewesen sei, um die Gesundheit der Menschen zu schützen: &bdquo;Auf dem alten Jahnplatz hat vorher wenig funktioniert. Da musste man ran." Zum Schluss gab sich Clausen aber auch selbstkritisch: &bdquo;Es ist uns nicht gelungen, einen Konsens für das wichtige Projekt zu erreichen. Das ist schade. Wir sollten uns bei so großen Infrastrukturprojekten ein ruhigeres Miteinander vornehmen. Sonst erreichen wir die Zustimmung in der Gesellschaft nicht."

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