Stuttgart/Bielefeld/Minden (dpa/groe). Erneut bringt die Corona-Pandemie die Planung des großen Terrorprozesses gegen die mutmaßlich rechtsextremistische „Gruppe S." in Stuttgart durcheinander. In einer Justizvollzugsanstalt habe sich ein weiteres Mal ein Bediensteter oder Häftling mit dem Coronavirus angesteckt, teilte das Oberlandesgericht mit. Deshalb werde der Hauptverhandlungstermin an diesem Mittwoch im Staatsschutzverfahren aufgehoben.
Vor Gericht stehen insgesamt elf mutmaßliche Mitglieder und ein mutmaßlicher Unterstützer der rechtsterroristischen Vereinigung „Gruppe S.", darunter zwei Männer aus Minden.
Benannt nach ihrem mutmaßlichen Rädelsführer Werner S., der aus dem Raum Augsburg stammt, soll die Gruppe Waffen gehortet und Anschläge geplant haben. Der Anklage zufolge wollten die Männer Moscheen überfallen und Muslime töten, um „bürgerkriegsähnliche Zustände" auszulösen.
Anschlag auf Großmoschee verworfen
Bei der Verhandlung am Dienstag stand Paul U. im Mittelpunkt. Er ist Kronzeuge, aber auch Angeklagter. Einen Tag nach einem Treffen der Gruppe in Minden Anfang Februar 2020 hatte er die Polizei mit Informationen beliefert. Die Anfänge seiner Verhöre wurden am Dienstag vor Gericht als Video vorgespielt.
Daraus gehe hervor, dass bei dem Treffen zunächst eine Großmoschee in Köln ins Auge gefasst worden sei, berichtet der WDR. Wegen der großen Polizeipräsenz in der Millionenstadt habe man das verworfen und mittelgroße Städte ins Auge gefasst.
Als erstes Beispiel sei laut den Aussagen des Angeklagten Paul U. Bielefeld ins Spiel gebracht worden, berichtet der WDR. Fast alle Teilnehmer hätten Waffen bestellt - auch die beiden Mindener Gastgeber des Treffens, Thomas N. und Markus K..
Abgehörte Telefongespräche zwischen Werner S. und den Mitglieder der Gruppe gaben einen Einblick in die Rollen der einzelnen Angeklagten, so der WDR. So soll sich der Mindener Thomas N. zur Mitfinanzierung eines Rückzugsortes der Gruppe in Süddeutschland bereit erklärt haben.
Von den zwölf Angeklagten, die am 14. Februar 2020 festgenommen worden waren, sitzen elf in Untersuchungshaft, einer befindet sich auf freiem Fuß. Verhandlungstermine sind bis Mitte 2022 angesetzt.