Bielefeld muss das Jahr Corona-Jahr 2020 mit Anstand zu Ende bringen

Bielefeld. Haben die Stadt und ihr Krisenstab in der Pandemie, die mit der ersten Infektion am 7. März Einzug in Bielefeld gehalten hat, alles richtig gemacht? War sie streng genug oder zu streng? Wird zu wenig informiert, nutzt Krisenstabschef Ingo Nürnberger, seit gestern auch stellvertretender Oberbürgermeister, zu oft die Gelegenheit zur Selbstdarstellung? Oder stillen die Medienauftritte das berechtigte Interesse der Bielefelder nach Informationen? All das und mehr war in der Generaldebatte des neuen Stadtrates zur Corona-Pandemie Thema. Und es war wichtig, dass neben der Exekutive auch die Legislative endlich Gelegenheit hatte, ausführlich Stellung zu beziehen. Denn es läuft bei weitem nicht alles rund bei der Bewältigung einer bisher nie dagewesenen Krise, die nur die AfD nicht sehen mag, die jede Grippewelle für gleichwertig hält. Oberbürgermeister Pit Clausen hat erst am Donnerstag eingeräumt, dass die täglich veröffentlichten Quarantäne-Zahlen nicht den Realitäten entsprechen. Nachverfolgung klappt nicht mehr Obwohl das Personal im Gesundheitsamt von 80 auf 180 aufgestockt wurde und noch wird, zusätzlich 20 Bundeswehrsoldaten im Einsatz sind, kommt man bei 400 bis 700 Neuinfektionen pro Woche bei der Nachverfolgung der Kontaktpersonen nicht mehr hinterher. Seit kurzem werden auch keine Quarantäne-Bescheide mehr erstellt. Aber im Gesundheitsamt werden eben nicht nur unsere immer noch zu vielfältigen Begegnungen nachverfolgt, sondern auch Hygienekonzepte geprüft – für Kitas, Schulen, Gastronomie, Geschäft oder Weihnachtsgottesdienst . . . Und jetzt kommt auch noch das Impfzentrum dazu. Schnell in die digitale Neuzeit Auch die eingesetzte, veraltete Software ist verbesserungswürdig, wie es Ingo Nürnberger ausdrückt. Ja, aber warum kommt dann nicht ruckzuck das Programm &bdquo;Sormas", dessen Einsatz Gesundheitsminister Jens Spahn in Nigeria bewundert hatte? Weil laut Nürnberger der Software Schnittstellen fehlen und ein Wechsel mitten im Hochbetrieb der Pandemie eine zusätzliche Belastung für das bereits am Anschlag arbeitende Gesundheitsamt wäre. Ein nachvollziehbares Argument. Aber es muss gleichwohl auch in Bielefeld mit Hochdruck daran gearbeitet werden, in der digitalen Neuzeit anzukommen, um den langen Kampf gegen das Virus auch auf diesem Weg zu verbessern. Die große Ratsmehrheit hat der Verwaltung und allen Pandemie-Bekämpfern Lob gezollt. Gut so. Denn es gab und gibt keine Blaupause für kommunales Handeln. Die CDU vermisste jedoch in Clausens Pandemie-Bilanz Selbstkritik, Visionen und Mut. Schon diverse Klagen vor Gericht Mut zu rigideren Maßnahmen, mehr Kontrolle und Strafen sowie keine Scheu vor Klagen. Die es im Übrigen schon gibt: 13 Klagen sind bisher vor dem Verwaltungsgericht Minden erhoben, die meisten Entscheidungen, in denen es auch um viel Geld gehen kann, stehen noch aus. Besser, wenn die Verwaltung in solche Fälle nicht auch noch Kraft investieren muss. Insofern hat es Sinn gemacht, die Maskenpflicht in der Stadt zeitlich zu begrenzen. Es sei &bdquo;Luft nach oben", so die CDU. Das ist richtig, vieles kann noch verbessert werden, auch die Erreichbarkeit der Corona-Hotline. Aber, um nur ein Beispiel zu nennen, mit Blick auf die angespannte Situation in den Kitas und Schulen ist Bielefeld eben keine Insel. Es gibt auch höheren Orts Willen und Wünsche, landesweit einheitliche Regelungen wären an vielen Stellen besser. (Kaum geschrieben, kommen sie jetzt ab Montag. Vielleicht gelingt das auch noch im Hinblick auf ein generelles Böllerverbot zu Silvester.) Der völlige Lockdown kommt vermutlich auch schneller als wir als gedacht haben. Wir haben einfach zu viele Kontakte Wobei wir zum Schluss noch einmal bei uns allen wären: Dass Bielefeld Hotspot-Kommune war und schnell wieder sein kann, liegt an uns. Die Zahl unserer Kontakte ist zu hoch! Wenn wir wieder ein Licht am Ende des Corona-Tunnels sehen wollen, müssen wir in den nächsten Wochen – vor, während und nach Weihnachten und Silvester – die Füße stillhalten. 2021 soll doch besser werden! 2020 haken wir jetzt einfach mal ab.

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