Bielefelds schräge, supererfolgreiche Vorzeige-Grüne vor ihrer Krönung

&bdquo;Eure Durchlaucht, Hannelore, die Erste von Gadderbaum" – ist das jetzt die richtige Ansprache, Frau Pfaff? HANNELORE PFAFF: (lacht) Unter uns, meine Familie nennt mich Kaiserin von Gadderbaum, aber ich mag am liebsten das übliche &bdquo;die Hannelore" - oder eben das &bdquo;Du, Hannelore". Als erste Politikerin in der Geschichte der Stadt Bielefeld in diesem Jahrhundert können Sie am Montag nur mit Stimmen aus Ihrer Fraktion zur Bezirksbürgermeisterin gewählt werden – das muss sich als Grüne doch surreal anfühlen, oder? PFAFF: Echt? Als Erste? Ja, das ist furchtbar surreal, das alles nimmt mir noch heute oft den Atem – und es macht mir zwar keine Angst, ist aber mit einer enorm großen Erwartung an uns Grüne und mich verbunden. Leider werden wir die nicht immer und überall erfüllen können, das geht ja auch gar nicht. Obwohl: Ich merke, dass die Verwaltung längst weiß, dass wir in Gadderbaum zwar der kleinste Stadtbezirk sind, aber einer, der längst einen sehr großen Einfluss hat. Wir haben Gewicht, auch als Grüne. "Tolles Gefühl" Absolute Mehrheit. Sie müssen nun weder den Job der Bezirksbürgermeisterin mit CDU oder SPD teilen noch sich irgendwie mit anderen absprechen PFAFF: Das ist einerseits ein tolles Gefühl und andererseits? PFAFF: Andererseits fühlt es sich aber auch schwer an. Es ist doch immer so, dass Höhen auch ihre Tiefen haben. Heißt? PFAFF: So ein Szenario bringt in einer Demokratie Probleme mit sich, ich will ja auch niemanden übergehen. Wir hatten hier immer ein Miteinander, das meist zur Zufriedenheit aller funktioniert hat – und das will ich beibehalten und weiterführen. Das ist neu an meiner Aufgabe in dieser Mehrheitssituation. "Keine Gefahr" Droht in dieser Konstellation nicht sogar mehr eine Opposition aus den eigenen Reihen – denn jeder grüne Bezirksvertreter weiß ja nun, dass er mit seiner Stimme so mächtig ist wie nie zuvor? PFAFF: Interessanter Gedanke. Aber ich sehe diese Gefahr nicht bei uns, weil wir viel miteinander reden, uns oft treffen und viel diskutieren. Und sollte es doch so kommen, dann werde ich es mir anschauen und sehen, wie es sich entwickelt und mich dazu verhalten. Wie erklären Sie sich heute, mit etwas Abstand zur Wahl, das landesweit beachtete Fast-50-Prozent-Ergebnis der Gadderbaumer Grünen? PFAFF: Freibad und Sekundarschule liegen für Effekte sicherlich zu weit zurück, es ist also etwas anderes. Ich glaube, die Leute hier wissen, dass wir Grünen und ich persönlich mich mit Herzblut und allem drum und dran einsetzen für sie. Sie wissen ebenfalls, dass ich aber auch sage, dass ich etwas nicht schaffen kann. An dieser Ehrlichkeit krankt es in der Politik. Viele haben Angst davor, zu sagen, dass sie etwas nicht schaffen, dass ihnen etwas Misslungenes leid tut. Ehrlichkeit, das ist die Überschrift. "Für Gadderbaum" Ihre politische Karriere geht nun über mehr als ein Vierteljahrhundert und könnte Sie auch auf den Bürgermeisterposten bringen. Doch es geht nur eines: Bezirksbürgermeisterin in Gadderbaum oder Bielefelds Bürgermeisterin. Was tun Sie? PFAFF: Ich habe mich für Gadderbaum entschieden. Schweren Herzens? PFAFF: Nein, mein Herz hängt hier – und hier habe ich viele Prozente bekommen. Ich gebe aber zu, dass mich die Bürgermeisterin Pfaff auch gereizt hätte; weil ich denke, dass ich das sehr gut hinbekommen hätte. Aber nein, ich bleibe hier, alles andere wäre Betrug an den Gadderbaumern. Demokratie in die Schule Bei welchen Gadderbaumer Themen sind Sie glücklich, dass sie diese nun kompromisslos Grün entscheiden oder beeinflussen können? PFAFF: Beim Radverkehr – nicht nur an der Artur-Ladebeck-Straße, sondern auch an der Bodelschwinghstraße, wo es noch immer nicht gut läuft. Zudem will ich die Demokratie noch viel stärker in die Schulen tragen. Wir aus der Politik sollten da viel aktiver und präsenter sein. Dort müssen wir ein Bewusstsein für den Wert der Demokratie schaffen. Tja, und an Bethel habe ich künftig noch mehr den Wunsch, nicht immer weiter Parkplätze auszubauen, sondern mehr auf den ÖPNV und den Radverkehr zu setzen, auch durch finanzielle Unterstützung der Mitarbeiter. Und in jenem Teil Gadderbaums oberhalb des OWD will ich erreichen, dass wir dort mit Minibussen einen ÖPNV anbieten können. Insgesamt muss der ÖPNV in Gadderbaum weiter ausgebaut werden. Zudem möchte ich das Thema Klimawandel runterbrechen auf das Machbare hier in Gadderbaum: Schutz von Bäumen, Aufforstung des Waldes, Klimakorridor für unsere Stadt. Das ist insgesamt ein riesiges Themengebiet, bei dem jede und jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten mitwirken kann - denn Gadderbaum ist noch nicht grün genug. Als weiteres ist es ebenso wichtig, keine weitere Flächenversiegelung mehr zu produzieren. "Kommt noch ganz viel" Zurück zu &bdquo;Eurer Durchlaucht" und zur Krönungsmesse am Montag: Ist das, zusammen mit Ihrem Ratsmandat, der Höhepunkt Ihrer politischen Karriere? PFAFF: Was? Nein, da kommt noch ganz viel. Wie, Sie sind damit noch nicht am Ende der Karriere angelangt? PFAFF: Nein, ich lasse mich gerne überraschen von all dem, was da noch kommt für mich in der Politik. -------------------- Das Interview führte NW-Redakteur Kurt Ehmke.

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