Wahlsieger ohne Mehrheit - Bielefeld zwischen Großer Koalition und Rot-Rot-Grün

Bielefeld. In Bielefeld hat sich die politische Landkarte verändert. Die Mehrheitsfindung im Stadtrat wird ein heikles Thema. Denn das wichtigste politische Gremium der Stadt gleicht einem bunten Flickenteppich. Elf Parteien und Wählergemeinschaften haben den Einzug ins Rathaus geschafft. Unter ihnen sind zum ersten Mal die AfD, &bdquo;Die Partei" und die BIG. Sie alle werden in den nächsten Jahren bei der Gestaltung Bielefelds mitreden. Was bedeutet das für die Stadt? Wer wird die Zügel in die Hand nehmen, notwendige Mehrheiten hinter sich vereinen? Ein erster Überblick. PAPRIKA Möglich ist vieles, realistisch sind deutlich weniger Varianten. Die SPD betont trotz Verlusten weiterhin ihren Führungsanspruch. Parteichefin Wiebke Esdar: &bdquo;Für uns ist es ganz klar, dass wir uns in der Koalition sehen." Die SPD habe die größten Schnittmengen mit den Grünen und sei zuversichtlich, dass dieses Vertrauensverhältnis fortbestehe. Esdar macht deutlich, dass die SPD am liebsten mit der Paprika-Koalition (SPD, Grünen, Bürgernähe-Piraten und LiB) weitermachen würde. &bdquo;Die hat sich sechs Jahre bewährt, wir können also darauf aufbauen, dass es wieder funktionieren würde." Die Partei könnte eine wichtige Rolle spielenÄhnlich sieht das Jens Julkowski-Keppler (Grüne). Auch er favorisiert Paprika, hält es aber für unerlässlich, nicht nur im Stadtrat eine Mehrheit zu haben, sondern auch in den Ausschüssen handlungsfähig zu sein. Da hatte die Paprika zuletzt keine Mehrheiten, musste jonglieren. Zusätzliche Partner müssten her. &bdquo;Die Partei" könnte eine Rolle spielen. Julkowski-Keppler: &bdquo;Es gibt durchaus inhaltliche Überschneidungen, und man kennt sich auch." Deren Spitzenkandidatin Lena Oberbäumer würde lieber reine Sachpolitik machen, über Koalitionen habe man sich noch keine Gedanken gemacht. &bdquo;Aber die großen Parteien dürfen uns gerne ansprechen." Esdar reagiert zögerlich. &bdquo;Das muss man erst sehen." Die SPD wolle mit allen demokratischen Parteien sprechen, &bdquo;die konstruktiv und verlässlich sind". ROT-ROT-GRÜN UND AMPEL Gespräche gibt es also mit allen Parteien außer der AfD. Ob auch die Linke für eine rot-rot-grüne Mehrheit und die FDP für eine rot-gelb-grüne Mehrheit, die es 2009 bis 2014 schon einmal gab, dazugehören? &bdquo;Ja, wir verschließen uns nicht. Inhaltlich gibt es aber aktuell noch große Differenzen", sind sich Esdar und Julkowski-Keppler einig, vor allem bei Fragen zum bezahlbaren Wohnen und der Verkehrspolitik. Die Linken geben sich gesprächsbereit. &bdquo;Wir freuen uns über alle, die mit uns sprechen wollen. Es wird aber ein paar Bedingungen geben", sagt Brigitte Stelze, Sprecherin der Linken. &bdquo;Wir sehen auch die schwierige Situation im Rat", man wolle aber nicht nur ein Mehrheitsmacher sein. FDP lehnt Ampel "eher" ab In der Wohnungsfrage habe sich die Partei besonders von Pit Clausen mehr erwartet. &bdquo;Für eine Koalition müsste er sich noch deutlich bewegen." Auch Jan Maik Schlifter (FDP) sieht keine Neuauflage der Ampel. &bdquo;Eher nicht, schließlich wollten wir einen echten Politikwechsel und Rot und Grün eine Pause gönnen. Zumindest einem von beiden." Jamaika wäre für ihn eine Option. JAMAIKA Dahinter verbirgt sich ein mögliches Bündnis von CDU, Grünen und FDP. Allerdings müssten sich die beiden Großen schon schwer annähern, denn gerade bei solchen Themen wie Verkehr und Sicherheit oder Bauen sind sie weit auseinander. Schlifter stünde für solche Verhandlungen bereit, auch wenn er sie für unwahrscheinlich hält. Für ihn wäre wichtig, dass sich eine deutliche Mehrheit bildet. Die Politik müsse unabhängig von den Einzelvertretern sein, &bdquo;sonst kriegt vor allem die AfD bei einem Patt noch das Heft in die Hand", sorgt sich der Liberale. &bdquo;Dann lieber eine große Koalition." GROSSE KOALITION Gespräche mit der CDU werde es geben, aber erst nach der Stichwahl, betont SPD-Chefin Wiebke Esdar. &bdquo;Es macht ja einen großen Unterschied, wer den OB stellt." Die SPD sehe zudem nicht so viele Übereinstimmungen bei wichtigen Themen. MINDERHEITENREGIERUNG Und letztlich gäbe es die Lösung, keine festen Koalitionen zu bilden, sondern sich themenorientiert Partner zu suchen. Das hat für Oberbäumer und auch für Michael Gugat (LiB) viel Charme. Für Gordana Rammert (Bürgernähe/Piraten) wäre das die demokratischste Lösung. &bdquo;Das bedeutet für alle mehr Arbeit, aber der Bürgerwille würde deutlicher repräsentiert." Gespräche mit der SPD sind für sie schwierig, weil gerade Clausen strikt gegen ihre Hauptforderung eines eigenen Partizipationsbeauftragten sei.

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