Ein toter Bielefelder Soldat bekommt nun doch keinen eigenen Platz

Bielefeld. Die Welle der Empörung ist groß und sie scheint sich weit über die Stadt auszubreiten: Obwohl es bereits beschlossene Sache war, soll nun doch kein Platz nach dem Bielefelder Hauptgefreiten Martin Kadir Augustyniak benannt werden, der am 2. April 2010 in Afghanistan sein Leben gelassen hat. Die SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Brackwede machte eine Rolle rückwärts und hat nach eigenem Bekunden &bdquo;die Reißleine gezogen, damit der Platz nicht zur Kultstätte und zum Wallfahrtsort wird". In den sozialen Medien, in denen sich der Fall wie ein Lauffeuer verbreitet, schäumen viele ob der nun verweigerten Ehrerbietung für einen im Dienst fürs Vaterland gefallenen Soldaten. Plötzliche Umentscheidung Eigentlich war es nur noch ein letzter formaler Akt: Die Bezirksvertretung sollte der Eintragung des Platzes ins Straßenkastaster zustimmen. Dies lehnte die SPD-Mehrheit für alle überraschend ab. Fraktionssprecher Hans-Werner Plaßmann erklärt gegenüber der NW, dass die vorherige Zustimmung ein Missverständnis gewesen sei. Die SPD habe Anfang 2019 zwar der Aufstellung einer Bank oder eines Findlings samt Inschrift zugestimmt, aber nicht der Namensgebung des Platzes. &bdquo;Da ist uns was durchgegangen." Danke sogar aus Ministerium Als &bdquo;einen Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen", bezeichnet CDU-Sprecher Vincenzo Copertino das Verhalten der SPD. Im Protokoll der damaligen Sitzung sei genau nachzulesen, dass die Umbenennung des Platzes – wie es ein Bürgerantrag erbeten hatte – und die Aufstellung einer Bank beschlossen worden sei. &bdquo;Wir haben für diese Entscheidung sogar Danksagungen bekommen, eine sogar aus dem Bundesverteidigungsministerium", so Copertino. Die jetzige Entscheidung schade dem Stadtbezirk, schade der Stadt. &bdquo;Das Nein nimmt jetzt große Dimensionen an." Die gespendete Granitbank mit dem Namen des Bielefelder Hauptgefreiten, der am Tag seines Todes noch einen verletzten Kameraden aus der Schusslinie gezogen hatte, steht seit Ende Juni 2019 auf dem kleinen Dreiecksplatz zwischen Waldbreede und Lange Breede. Bis es so weit war, hat es lange gedauert, da die Politiker viele Monate für eine Entscheidungsfindung brauchten. Ehrengrab als Gedenkort Mittlerweile ist noch eine Stele von Veteranen aufgestellt worden – möglicherweise ohne entsprechende Genehmigung. Plaßmann nennt dies als weiteren Grund der Sorge, dass der Ort zu einem ungewollten Heldengedenkplatz werde. Augustyniak sei im Zuge seiner Berufsausübung gestorben, habe ein Ehrengrab auf dem Queller Friedhof, und dort gebe es ein jährliches Gedenken. Schimpftirade in sozialen Medien &bdquo;Schande", &bdquo;erbärmlich", ,&bdquo;politisches Unvermögen" – solche Kommentare und mehr finden sich im Netz. Ein Facebook-Kommentator schreibt: &bdquo;Mit dem Begriff ,Heldengedenkplatz wird eine sprachliche Verbindung zum Ersten und Zweiten Weltkrieg geknüpft und eine vergleichbare politische Gesinnung der Gedenkenden impliziert. Beim Gedenken an einen Angehörigen der Bundeswehr, der sein Leben bei einem Auftrag des Parlamentes der Bundesrepublik Deutschland verloren hat, völlig inakzeptabel!" Mutter versteht die Welt nicht Ursula Wolf (64), die in Quelle lebende Mutter von Martin Augustyniak versteht indes die Welt nicht mehr. &bdquo;Mir fehlen die Worte, es war doch schon alles beschlossen." Seit sie davon erfahren habe, sei ihr der Boden unter den Füßen weggezogen. &bdquo;Seit zehn Jahren tut es weh, und ich komme nicht zur Ruhe." Sie habe kein Verständnis dafür, dass die Ehrung und Wertschätzung durch die Namensgebung verhindert werde. Martin Augustyniaks Einsatz in Kundus hat übrigens auch Schauspieler und Regisseur Til Schweiger beeindruckt. Er widmete 2012 seinen Film "Schutzengel", in dem ein Afghanistan-Veteran im Mittelpunkt steht, dem Bielefelder Hauptgefreiten und seinen beiden toten Kameraden. Mutter Ursula Wolf war damals zur Premiere ins Berliner Sony-Center eingeladen.

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