Vollbremsung für Bielefelder Hochbahnsteig-Gegner

Bielefeld. Jetzt ist es endgültig: Es wird keinen Bürgerentscheid zum Umbau der Hauptstraße und zum Bau von Hochbahnsteigen in Brackwede geben. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat entschieden, dass die Frage der Zulässigkeit eines solchen Bürgerbegehrens zu Recht vom Verwaltungsgericht Minden verneint worden ist. Die Bürgerinitiative zum Erhalt der Hauptstraße hatte dagegen in Berufung gehen wollen. Das OVG hat dies nicht zugelassen, da es keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gebe. DAS STECKT DAHINTER Zur Erinnerung: Die Stadt Bielefeld hat bei der Bezirksregierung Detmold im März 2018 die Planfeststellung für den Aus- und Umbau der Hauptstraße beantragt, damit die Haltestellen barrierefrei werden, der breitere Vamos auf der Stadtbahnlinie 1 fahren kann. Gleichzeitig soll die Straße samt Nebenanlagen komplett saniert, der Radverkehr neu geordnet werden. Engagierte Brackweder hatten ein Bürgerbegehren gestartet (im Prinzip der Antrag auf einen Bürgerentscheid). Sie wollen verhindern, dass im zentralen Bereich der Einkaufsstraße Hochbahnsteige gebaut werden, da sie deren Trennwirkung für das größte Nebenzentrum der Stadt für schädlich und gefährlich halten. Die Bielefelder sollten in dem Bürgerentscheid folgende Fragestellung beantworten: &bdquo;Soll die Stadtbahn im Bereich der Hauptstraße zwischen Berliner Straße und Post von Hochbahnsteigen frei gehalten werden, damit die Einkaufsstraße erhalten bleibt wie bisher?" Zur Unterstützung hatte die Initiative fast 15.000 Unterschriften gesammelt – ein übererfülltes Quorum. Zeitgleich forderte die Initiative aber auch, die geplanten Hochbahnsteige an andere Standorte zu verschieben oder an alter Stelle zu belassen. So soll die Haltestelle &bdquo;östlich Germanenstraße" vor die Sparkasse verschoben werden, die Haltestelle &bdquo;Berliner Straße" an der Bartholomäuskirche verbleiben. Eine Antwort, auf die oft gestellte Frage, wie beides zusammenpasse, war die Erhalt-Initiative schuldig geblieben. Unzulässig, weil ... Wie schon die Stadtverwaltung und das Verwaltungsgericht Minden bewerten es auch die Münsteraner Richter so, dass dieses Bürgerbegehren mit Blick auf die Gemeindeordnung NRW (§26 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4) allein deshalb unzulässig ist, weil es Angelegenheiten berührt, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu entscheiden sind. Wobei der Begriff &bdquo;Angelegenheiten" weit zu fassen sei und auch Sachentscheidungen umfasse, die im Zusammenhang mit einem planungs- oder zulassungsbedürftigen Vorhaben stehen. Diese gelte auch für politische Vorentscheidungen, beispielsweise mit Blick auf Hochbahnsteig-Standorte. ZU KOMPLEX FÜR JA/NEIN Im Beschluss des 15. Senats des OVGs heißt es auch, dass sich Planfeststellungsverfahren und ihre komplexen Vorhaben mit bedeutsamen Auswirkungen nicht für eine auf eine Ja- oder Nein-Entscheidung angelegten Bürgerentscheid eignen. Dabei gehe es um einige plakativ herausgegriffene Gesichtspunkte, es könne folglich keine sorgfältige Abwägung des gesamten Vorhabens stattfinden. Das Bürgerbegehren habe zudem einen unzulässigen Inhalt, weil es darauf abziele, eine bestimmte Bauausführung (die Hochbahnsteige) von vornherein auszuschließen und dem planerischen Abwägungsprozess zu entziehen. Genau dies dürfe laut Gemeindeordnung aber nicht Sinn und Zweck eines Bürgerbegehrens sein. Daher verfange auch die Argumentation der Kläger nicht, es sei lediglich ihr Ziel die Haupteinkaufsstraße zu erhalten, nicht bestimmte Bauausführungen auszuschließen. Die Bürgerentscheidsfrage sei aber genau so formuliert. NUR EIN EINZELFALL Die Klage habe auch keine grundsätzliche Bedeutung über den Einzelfall hinaus, entschied das OVG. Das hatte die Klagevertretung im Zulassungsantrag so formuliert. Auch der Kritik, von &bdquo;einer echten Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger könne auf kommunaler Ebene keine Rede mehr sein, folgten die Münsteraner nicht. Es sei rechtlich nicht vorgegeben, dass bestimmte Entscheidungen zwingend dem unmittelbaren Willen der Bürger überantwortet sein müssten. Es bestehe kein Vorrang der Entscheidung eines Bürgerbegehrens. Der Gesetzgeber habe das Recht, auf bestimmte Bereiche andere Verfahrensregeln anzuwenden. Damit ist das Urteil des Verwaltungsgerichtes Minden vom 17. Oktober 2019 rechtskräftig. Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar. Das Rechtsamt der Stadt Bielefeld begrüßt die Entscheidung, die noch einmal seine Rechtsauffassung bestätigt habe und betont, dass damit das Bürgerbegehren &bdquo;endgültig vom Tisch ist". Prüfung der Pläne Derweil prüft die Bezirksregierung immer noch die Planunterlagen für die Hauptstraße. Die Stadt hatte im Juni noch einmal zusätzliche Unterlagen eingereicht, die aus Detmold angefordert worden waren. Sprecher Peter Westphal erklärt auf Nachfrage der NW, dass derzeit noch keine verbindliche Aussage darüber getroffen werden kann, wann der Planfeststellungsbeschluss abschließend gefasst werde. DIE BÜRGERINITIATIVE Ein direktes Statement zur Entscheidung des OVG gab es von der Bürgerinitaitive nicht. Lediglich Rechtsbeistand Hermann Gördes antwortete knapp: &bdquo;Wie Sie wissen, läuft das Planfeststellungsverfahren noch. Im Rahmen dessen bringt die BI ihre Positionen zur Geltung." Wenn die Ergebnisse unzufriedenstellend bleiben, bliebe den Brackwedern, die eine Niederflurvariante für die Linie 1 möchten, letztlich nur die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss. ERMITTLUNGEN Noch ein Verfahren ist nicht abgeschlossen: das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bielefeld im Zusammenhang mit der Unterschriftenliste des Bürgerbegehrens. Nach Aussage von Staatsanwalt Christopher York wird weiterhin geprüft, ob es damals Manipulationen gegeben hat. Insbesondere die Ermittlungen zu den beteiligten Personen gestalteten sich &bdquo;umfangreich und schwierig’".

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