Warum dieser Bielefelder Chef ausschließlich Polen anstellt

Bielefeld. Markus Stücke sitzt in seinem Büro an der Herforder Straße und lächelt freundlich. &bdquo;Ich bin hier die deutsche Minderheit", sagt er. Der Bielefelder ist Geschäftsführer des Unternehmens Saremog. Seine 17 Mitarbeiter sanieren Gebäude in der Stadt. Sie alle stammen aus Polen. Eine bewusste Entscheidung ihres Chefs. &bdquo;Wenn sich heute ein junger Bielefelder bei mir bewerben würde, hätte er eher wenig Chancen", sagt Stücke. Warum? Experten bestätigen: Polnische Arbeiter stehen in der Stadt hoch im Kurs. Vor Jahren kam Stücke erstmals mit polnischen Arbeitskräften in Kontakt, durch einen Geschäftspartner. Stücke stellte sie ein – und war angetan. &bdquo;Auf unseren Baustellen fallen oft spontane und flexible Arbeiten an." Die Mitarbeiter sanieren Dächer und Fenster, sie erneuern Fassaden, dämmen Wände und streichen an. Seine polnischen Kräfte hätten sich dabei schnell als &bdquo;Allzweckwaffen" herausgestellt. &bdquo;Sie diskutieren nicht lange, sie handeln. Sie sind unkompliziert und goldig bei der Improvisation", sagt Stücke. Auch dann, wenn die Tätigkeit nicht in ihren Arbeitsbereich falle. &bdquo;Universell einsetzbar", nennt Stücke das. Er glaubt, dass Polen in ihrer Heimat &bdquo;breiter ausgebildet" würden. &bdquo;In Deutschland gibt es ein stärkeres Gewerkedenken." "Keine krasse Ausnahme" Durch persönliche Kontakte unter den Mitarbeitern kamen immer mehr Polen bei Saremog dazu. &bdquo;Ich setze inzwischen nur noch auf sie", sagt Stücke. Ein Einzelfall? &bdquo;Nach meiner Meinung ist das keine krasse Ausnahme", sagt Anna Zaharieva. Sie ist Juniorprofessorin für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften an der Uni Bielefeld. &bdquo;Es gibt viele Unternehmen in Deutschland, die überwiegend Arbeitskräfte aus Osteuropa beschäftigen." Bei kleineren Betrieben sei das oft mit sozialen Kontakten der Mitarbeiter und Mundpropaganda begründet – so wie bei Saremog. Deutschlandweit ist rund jede zweite Einstellung darauf zurückzuführen, hat Zaharieva in einer Studie ermittelt. Tatsächlich sind polnische Arbeiter in Bielefeld vergleichsweise stark vertreten. Im Januar gab es in der Stadt 1.675 polnische sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das macht rund ein Viertel der Beschäftigten aus dem europäischen Wirtschaftsraum aus. Das besagen Zahlen der Arbeitsagentur für Arbeit. Nur die türkischen Staatsangehörigen sind stärker vertreten. Ihre Anzahl liegt bei 3.500 Beschäftigten. Auf Platz 3 folgen die Griechen mit rund 1.000 Beschäftigten in der Stadt. "Das ist überhaupt nichts Ungewöhnliches" Mit Blick auf den Fachkräftemangel glaubt Anna Zaharieva nicht, dass es eine Verdrängung deutscher Arbeitskräfte in diesem Berufsbereich gibt. Tatsächlich macht der Anteil der Polen insgesamt nur 1 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Bielefeld aus. Bei den Türken sind es 2 Prozent. &bdquo;Ohne unsere ausländischen Mitarbeiter wären wir niemals so gewachsen", sagt Christoph von der Heiden von der Industrie- und Handelskammer (IHK) OWL. Mittelständische Unternehmen würden oft Mitarbeiter aus 10 bis 20 Nationen beschäftigen, so von der Heide. &bdquo;Das ist überhaupt nichts Ungewöhnliches und nichts Schlechtes." Vor allem polnische Kräfte seien begehrt. &bdquo;Sie sind gewerklich geschickt." Die IHK habe viele Betriebe in ihren Reihen, die auf Polen setzen würden, so von der Heiden. Markus Stücke macht indes keinen Hehl daraus, dass sein "Konzept" auch Nachteile hat. Von den 17 würden nur 5 Mitarbeiter &bdquo;vernünftiges Deutsch" sprechen. Ein einjähriges Sprachtraining habe keinen Erfolg gehabt. &bdquo;Ich habe bei einigen mittlerweile aufgegeben, dass sie ihr Deutsch verbessern", so Stücke. Vor allem Neukunden seien wegen der schwierigen Kommunikation auf der Baustelle anfangs irritiert. &bdquo;Wir planen die Aufträge so, dass wenigstens ein Mitarbeiter vor Ort ist, der Deutsch spricht." "Sie leben hier leider sehr isoliert" Intern kommuniziert das Unternehmen fast nur auf polnisch. &bdquo;Es würde wenig Sinn machen, jetzt Deutsche einzustellen. Das würde intern zu Sprachproblemen führen", glaubt Stücke. Er selber spricht kein Polnisch. Hinzu komme, dass es sich bei vielen Mitarbeitern um sogenannte Grenzgänger handele. Sie arbeiten drei Wochen am Stück in Bielefeld, sind dann mehrere Tage bei ihren Familien in Polen. Heißt: &bdquo;Sie leben hier in Bielefeld sehr isoliert und gehen nur zum Einkaufen raus", bedauert Stücke. Er nennt das eine &bdquo;kleine polnische Insel". Das Unternehmen bringt diese Mitarbeiter in eigenen Wohnungen mit Einzelzimmern und Gemeinschaftsbad unter – für 150 Euro im Monat inklusive Strom und Internet. Den Vorwurf, er spare mit den polnischen Mitarbeitern Geld, lässt Stücke nicht gelten. &bdquo;Wir sind tarifgebunden und Mitglied der Malerkasse." Seine Mitarbeiter würden zwischen 14,50 und 16,50 Euro pro Stunde verdienen, so Stücke. Und wie geht es weiter? Stücke will an dem Konzept festhalten. Über Fachkräftemangel könne er nicht klagen. Wenn er Mitarbeiter suche, stelle er einen Beitrag in eine Facebookgruppe namens &bdquo;Polacy w Bielefeld" (zu deutsch: Polen in Bielefeld) mit knapp 9.000 Mitgliedern. &bdquo;Nach einer Woche habe ich zwei neue motivierte Mitarbeiter."

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