Er ist das neue Gesicht der Gesamtschule

Bielefeld. Für Frederik Suchla (40) ging’s immer einen Schritt nach vorne. Sein Referendariat machte er an der Grundschule, dann sattelte er drauf, um auch in der Sekundarstufe I unterrichten zu dürfen. Suchla arbeitete an der Gesamtschule Quelle und baute dann die Sekundarschule Gellershagen als stellvertretender Schulleiter mit auf. Nach zwei Jahren dort wird er ab kommendem Schuljahr die Martin-Niemöller-Gesamtschule in Schildesche kommissarisch leiten – die größte Schule in Bielefeld und eine der ältesten Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen. &bdquo;Ein Riesen-Schiff", sagt Suchla. Lutz van Spankeren, der elf Jahre lang an der Spitze der Schule stand, war zum 1. März ans Oberstufenkolleg gewechselt und auch dessen Stellvertreterin Dorit Meier hat die Schule verlassen. Deren Stelle wurde jetzt ausgeschrieben – Suchla bewarb sich und bekam den Zuschlag. Die Schulleiter-Qualifikation hatte er da bereits in der Tasche. &bdquo;Ich konnte es mir einfach gut vorstellen, an diese Schule zu wechseln", sagt Suchla. 160 Lehrer und 1.500 Schüler Wird dann auch die Schulleiter-Stelle ausgeschrieben, würde er auch diese Herausforderung annehmen. &bdquo;Ich komme in ein Team, das sehr gut eingespielt ist und einen super Job macht", sagt Suchla. Das habe das Übergangs-Schulleitungsteam seit Frühjahr ohne Schulleiter und Stellvertreterin bewiesen. Ideen habe er auch schon viele im Kopf, die er mit dem Kollegium besprechen will. Er habe einfach Lust auf die Schule mit ihren gut 160 Lehrern und rund 1.500 Schülern. Wohlwissend, dass sich demnächst viel verändern wird: 2021 soll der Beginn einer mehrjährigen Bauphase sein, denn die Gesamtschule wird an zwei Standorten neu gebaut. &bdquo;Die Feinplanung läuft", sagt Suchla. Er hofft, dass die Schule 2024 steht. Schulleiter und Baumanager Suchla weiß, er wird künftig nicht nur Schulleiter, sonder auch Baumanager sein. &bdquo;Der Neubau der Schule hängt ganz klar mit dem Erfolg der Schule zusammen", sagt er. Die Erwartungshaltung ist groß, viele sehnen den Neubau dringend herbei. &bdquo;Ich war erst diese Woche in einem Klassenraum, in dem drei Eimer standen", sagt er. &bdquo;Das Wasser tropft von den Decken." Er wollte eigentlich Jura oder BWL studieren Suchla nimmt die Herausforderung an. An der Sekundarschule Gellershagen sei er auch unter erschwerten Bedingungen gestartet. &bdquo;Es gab damals große Vorbehalte gegen die Schulform", sagt er. &bdquo;Jetzt haben wir in jedem Jahr volle Hütte." Suchla will die Martin-Niemöller-Gesamtschule für Eltern wieder attraktiver machen. &bdquo;Der Ruf der Schule hat zu Unrecht gelitten", sagt er. Die Anmeldezahlen seien in den vergangenen Jahren zurückgegangen, ein Problem, mit dem viele Gesamtschulen zu kämpfen hätten. &bdquo;Eltern verbinden mit dieser Schulform häufig etwas Negatives, weil sie keinen konkreten Abschluss vor Augen haben." Dabei seien viele Schüler im integrierten System häufig besser aufgehoben. Das Problem der &bdquo;Abschulung" wie an Gymnasien oder Realschulen gebe es dort nicht. Ein Kind der Gesamtschule Suchla selbst sieht sich als Kind der Gesamtschule. An der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Gesamtschule Stieghorst hat er Abitur gemacht. &bdquo;Ich weiß nicht, ob ich heute da stehen würde, wo ich stehe, wenn ich nicht auf die Gesamtschule gegangen wäre", sagt er. In den Klassen 5 und 6 hätte er alles andere im Kopf gehabt, aber nicht Schule. &bdquo;Der Knoten ist erst in der achten Klasse geplatzt", sagt er. Warum ist er eigentlich Lehrer geworden? Er ging mit den Gedanken im Kopf in die Studienberatung, Jura oder BWL zu studieren, erzählt er. &bdquo;Als ich draußen war, habe ich mich fürs Grundschullehramt eingeschrieben." Vielleicht hätten ihn seine eigenen Lehrer inspiriert, vermutet er heute. Leicht fällt ihm der Abschied nicht In dieser Woche muss er noch seinen Schreibtisch in der Sekundarschule leer räumen, dann geht’s an der Gesamtschule los. Ganz leicht falle ihm der Abschied nicht, sagt er. &bdquo;Ich habe sehr gerne an der Sekundarschule gearbeitet." Es sei einfach ein Traum gewesen, eine Schule aufzubauen. Auch habe er viel von Schulleiterin Katharina Tweeboom lernen können. &bdquo;Ich habe mich dort pudelwohl gefühlt." Mathe, Deutsch, Gesellschaftslehre und Sport unterrichtet er, in Schildesche wird er da aber wohl nicht mehr zu kommen. &bdquo;Den Zahn haben mir die Kollegen schon gezogen." Suchla will Bezirksbürgermeister werden Es könnte noch eine zweite neue Rolle in diesem Jahr für Suchla geben: Bei der Kommunalwahl am 13. September wird er für die SPD als Bezirksbürgermeisterkandidat im Stadtbezirk Mitte ins Rennen gehen. Wird er gewählt, so lasse sich das beides sehr gut vereinbaren, sagt er. &bdquo;Die Freizeit wird nur leiden." Wenn sich kommunalpolitisch nur Rentner und Studenten engagieren, fehle ein wichtiger Teil der Gesellschaft, sagt er. Ein paar schlaflose Nächte hätte er allerdings schon gehabt, bevor er seinen Hut in den Ring geworfen habe. Ausgleich hat er genug: Seit 25 Jahren hat er eine Dauerkarte für Arminia, sitzt dort mit einer Truppe um Oberbürgermeister Pit Clausen und seiner Freundin Ayla Avvuran, die Lehrerin an der Sekundarschule Königsbrügge ist, auf der Osttribüne. Und morgens um 5, da joggt er, oft 12, 13 oder mehr Kilometer durch Bielefeld. &bdquo;Danach bin ich wach."

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