Bielefeld. Die Gaudigstraße im Bielefelder Norden, Ortsteil Theesen. Auf der einen Seite der örtliche Kindergarten, am anderen Ende zwischen Feldern gelegen ein Bauernhof, die Nähe zur angrenzenden Grundschule lässt unter der Woche das Leben pulsieren. Und mitten drin ist der VfL Theesen zu Hause. Die große Nummer im Bielefelder Amateurfußball. Hier, so hat man vor lauter Vorstadtflair häufig das Gefühl, ist die Welt noch in Ordnung. Nicht nur wegen der ersten Mannschaft, die in den vergangenen 20 Jahren größtenteils zwischen Westfalen- und Landesliga hin- und hergependelt ist, sondern gerade wegen der außergewöhnlichen Jugendarbeit ist der VfL überregional und sogar international bekannt.
Viele große Spieler waren in diesem Jahrtausend schon im Biekra-Sportpark zu Gast – doch auch die Legendenelf aus den eigenen Reihen hält viele bekannte Namen aus der heimischen Szene bereit. Heinz-Werner Stork, seit 2012 im Theesener Vorstand und seit gut einem Jahr dessen Vorsitzender, präsentiert für „Die goldenen Zwanziger" einen Mix aus den Größen vergangener Tage und den besten VfL-Kickern von heute.
Im Tor der VfL-Legendenelf dieses Jahrtausends steht Johannes Ludwig. Mit Andreas Brandwein im Jahr 2005 an die Gaudigstraße gekommen, zeichneten Ludwig immer sein ruhiger Charakter und seine souveräne Spielweise aus. 2016 stand er zum letzten Mal zwischen den Pfosten, heute ist er Torwarttrainer der Westfalenliga-Mannschaft.
In der defensiven Dreierkette bringt Stork pure Führungskompetenz: Florian Gauer (2005 – 2012) und Janik Steffen (2014 – 2019) waren beide Kapitän der ersten Mannschaft, auch Janis Theermann (2007 – 2010 und 2014 – 2016) war immer einer, der vorangeschritten ist. Doch nicht nur die Führungskompetenz schätzt Stork an seinem Defensivtrio: „Florian war ein echtes Konditionswunder, Janis unheimlich kopfballstark und Janik vor allem extrem kritisch gegenüber sich selbst. Und manchmal", so fügt der VfL-Boss lachend an, „auch gegenüber dem Schiedsrichter".
Im Mittelfeld vertraut Stork auf zwei Spieler früherer Tage: „Volker König war ein echter Stratege auf dem Platz und der mannschaftsdienlichste Spieler überhaupt." König prägte beim VfL die Phase nach der Jahrtausendwende, war wichtige Stütze beim letzten Landesliga-Aufstieg 2005. In dieser Saison schnürte der inzwischen 49-jährige noch einmal die Schuhe für die dritte Mannschaft.
Eine echte Legende des Bielefelder Amateurfußballs ist Eduard Hertel, der im vergangenen Winter mit 42 Jahren beinahe noch den VfL Oldentrup in die Endrunde der Hallen-Stadtmeisterschaften geschossen hätte. Hertel spielte von 2005 bis 2012 in Theesen, erzielte in der Landesliga einmal 32 Scorer-Punkte in 30 Spielen. Stork erinnert sich an den Dribbelkünstler: „Edes Haken kannte jeder, doch genutzt hat es den wenigsten. Einige Verteidiger drehen sich heute noch!"
Aus der hauseigenen Talentschmiede entstammt Dominik Neumann, der auch im Zentrum der Theesener Legendenelf die Fäden zieht. Dabei hat sein Durchbruch etwas auf sich warten lassen: „Er musste zunächst Dritte und Zweite spielen, bis wir es erkannt haben", erklärt Stork. Dann aber war Dominik Neumann nicht mehr wegzudenken: Nach seiner ersten festen Saison 2010/2011 blieb Neumann bis 2018 bei der ersten Mannschaft des VfL – und war dabei absolute Identifikationsfigur.
Lange spielte Neumann im Mittelfeld zusammen mit Timo Niermann, der schon mit 20 Jahren in der Oberliga spielte, dann 2013 nach Theesen kam und bis heute zum Westfalenligakader gehört. „Timo ist auch ohne Ball enorm zweikampfstark und gibt immer Vollgas", schwärmt Stork.
Auch für den Kapitän der aktuellen Mannschaft findet der VfL-Boss in der Legendenelf natürlich einen Platz. Alessio Giorgio ist allerdings mehr als ein einfacher Spielführer, er war Teil der legendären Theesener A-Jugend-Bundesligamannschaft von 2013/2014 und machte sich damals mit dem entscheidenden Treffer beim historischen 3:2-Heimsieg gegen Arminia Bielefeld unsterblich.
Stork macht bewusst darauf aufmerksam, dass der VfL in den vergangenen 20 Jahren ein beachtliches Überangebot an großartigen Stürmern hervorgebracht habe. Die Entscheidung scheint letztendlich trotzdem nur allzu logisch: „Thies Kambach war zwar nur von 2013 bis 2016 bei uns, aber er ist ein super Fußballer, ein super Typ und einer der ganz Großen des Bielefelder Fußballs. Marvin Höner ist unser aktueller Stürmer und einer, der immer wieder den Unterschied ausmacht." Das hat Höner nicht zuletzt in dieser Saison bewiesen: Der bei Ajax Amsterdam ausgebildete Knipser entschied die beiden Stadtderbys gegen den VfB Fichte im Alleingang und unterstrich damit den Status des VfL Theesen als Nummer eins im Bielefelder Amateurfußball.
Auf dem Trainerposten bleiben keine Fragen offen, natürlich nominiert Stork mit Andreas Brandwein den aktuellen Coach der ersten Mannschaft: „Er ist seit 15 Jahren bei uns, ein exzellenter Kenner des ostwestfälischen Fußballs und positiv fußballverrückt." Außerdem, so freut sich Stork, sei Brandwein ein echter Vereinsmensch – und das ist im Theesener Umfeld sicher nicht ganz unwichtig.