Acht Jahre Haft im Fall des toten Babys von Gellershagen

Bielefeld/Hagen. Damit hatten weder der Angeklagte, noch sein Verteidiger, Alexander Klemme, gerechnet: Der Bielefelder Vater (36), der in der Nacht auf den 14. November 2015 seine beiden drei Monate alten Zwillinge so stark misshandelt hatte, dass eines der Kinder viereinhalb Stunden später starb, muss nun für acht Jahre ins Gefängnis. Noch im Gerichtssaal wurde der sichtlich überraschte Vater, der bislang auf freiem Fuß war, verhaftet und hinter Gitter gebracht. Damit ist der Fall juristisch abgeschlossen, der seinerzeit über Bielefeld hinaus für erhebliches Aufsehen gesorgt hatte: der qualvolle Tod eines drei Monate alten Säuglings. Nach dem Konsum von Cannabis und LSD hatte der Vater gegen fünf Uhr morgens in seiner Gellershagener Wohnung seine schreienden Zwillinge, ein Junge und ein Mädchen, gleichzeitig aus ihrem Gitterbett gehoben. Die beiden Säuglinge fielen ihm aus dem Arm, stießen mit ihren Köpfchen zusammen und prallten auf den Boden. "Aus reiner Wut und purem Zorn" Dabei schlug der Junge mit dem Gesicht auf und wurde zusätzlich noch vom Vater getreten. &bdquo;Aus reiner Wut und purem Zorn", wie das Hagener Schwurgericht feststellte. Denn der Vater hatte nach der Tat bei der Polizei ausgesagt: &bdquo;Kinder haben nachts um diese Zeit nicht zu schreien." Mehrere Knochenbrüche im Rücken, an zwei Stellen geborstene Schädel, schwere Hirnunterblutungen. Die Rechtsmediziner hatten trotzdem nur eine Lungenentzündung als Todesursache festgestellt. Doch im Verfahren wurde deutlich, dass Misshandlungen die Folgen einer solchen Lungenentzüdnung verstärken können. Die Vorsitzende Richterin Heike Hartmann-Garschagen sprach in ihrer emotionalen Urteilsbegründung dennoch von einem &bdquo;durchgängigen Martyrium der beiden Säuglinge". Sie sagte zum Verurteilten: &bdquo;Ein Baby wird in der Regel wie ein rohes Ei behandelt. Aber dass man Säuglingen eine derartige Gewalt antut, ihre Köpfe fest zusammenschlägt, ihre Rippen zusammendrückt – das sind hilflose Lebewesen, denen Sie massivste Gewalt angetan haben. Das ist mit Fahrlässigkeit nicht zu erklären." Sechs Monate Strafbaschlag Zwischen dem ersten Urteil des Landgerichts Bielefeld, das seinerzeit eine 15-monatige Bewährungsstrafe ausgesprochen hatte, und dem gestrigen Urteilsspruch des Schwurgerichts Hagen liegen Welten: Erkannten die Bielefelder Richter damals auf fahrlässige Körperverletzung, sprachen die Hagener Richterinnen nun eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateineinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen aus. Zuvor hatte der Bundesgerichtshof 2017 das Urteil des Bielefelder Landgerichts gekippt und zur erneuten Verhandlung ans Schwurgericht Hagen verwiesen. Weil das Urteil mehr als vier Jahre nach der angeklagten Tat sehr spät kam, wurde dem Angeklagten ein Strafabschlag zugesprochen: sechs Monate seiner acht Jahre langen Haft gelten damit bereits als verbüßt. Schock, Weinkrampf, Beten Direkt nach dem Urteil klickten die Handschellen bei dem Bielefelder, der geschockt die Hände ins Gesicht schlug und einen Weinkrampf bekam: &bdquo;Ich bitte, mich mit Meldeauflagen vorläufig auf freiem Fuß zu lassen", flehte er mit zum Beten gefalteten Händen, &bdquo;ich habe großen Mist gebaut und würde alles tun, was Sie mir aufgeben." Die Kammer zog sich noch einmal kurz zur Beratung zurück und trat nach vierzig Sekunden erneut in den Saal: Der Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls wurde zurückgewiesen. Schon einmal war der Bielefelder aus der Haft entwichen, damals ging es um wenige Monate. Deshalb sahen die Richterinnen eine große Fluchtgefahr. Dann führten zwei Wachtmeister den am Boden zerstörten Mann ab zum Gefängnis. Lesen Sie auch: Viele Fragen nach dem Tod des Babys auch an das Jugendamt

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