Diese Bielefelder Kirche ist nicht mehr wiederzuerkennen

Sennestadt. Der erste Eindruck ist überwältigend. Die Thomas-Morus-Kirche ist eine völlig andere geworden. Hell, weit, freundlich, farbig, zugewandt - kurzum, sie ist wunderschön geworden. Die Renovierungsarbeiten befinden sich im Endspurt. Allerdings müssen sich Gemeindemitglieder und Kirchenfreunde noch gedulden, bis sie sich selbst einen Eindruck verschaffen können. Denn der für 4. April angedachte Weihetermin kann wegen der Corona-Schutzmaßnahmen nicht stattfinden. Und ein wichtiger Punkt ist noch nicht abgearbeitet. Wo früher dunkle Paneele von oben drückten, Holzbänke Barrieren darstellten, Punktstrahler wie Glühlämpchen von der Decke hingen, herrscht jetzt nur noch eines vor: Licht. Der fächerförmige, bis zu 17 Meter hohe Kirchenraum hat strahlend weiße Wände. Der dunkel gewordene Holzfußboden ist einem hellen Naturstein gewichen, die Deckenpaneele tragen nun ein schlichtes Mittelgrau. Auch die neue Bestuhlung wird diesen Farbton aufnehmen. Und dann sind da noch die 380 bleiverglasten Fensterscheiben. Mehr als ein Jahr hat es gedauert, sie alle nach und nach auszubauen und von ihrer jahrzehntedicken Rußschicht zu befreien, schadhafte Stellen auszubessern. Gestaltet worden sind sie Anfang der 1960er Jahre von der Benediktiner-Schwester Erentrud Trost, die auch andere liturgische Elemente entworfen hat. Bei Sonnenuntergang am schönsten Ihre volle Wirkung entfalten diese Fenster vor allem, wenn die Sonne im Untergang begriffen ist. Dann flirren die Bilder und Farben über die Wände des Altarraumes. Sie setzen auch die hölzerne Maria mit dem Kinde oder das in luftiger Höhe hängende Altarkreuz ganz neu in Szene. Der "Opfergang" kann nun dank moderner LED-Lichttechnik in alle erdenklichen Farben getaucht werden. Deckenstrahler erhellen die Thomas-Morus-Kirche, neue Leuchtmittel in den nahe der Wände befindlichen Hängeleuchten strahlen weithin aus. Es werde Licht. Ganz neu sind einige wesentliche Elemente der Kirche: Altar, Ambo, Tabernakel, aber auch die Entnahmestelle für Weihwasser oder die Aufbewahrungsstele für die geweihte Öle. All das hat Pater Abraham Fischer OSB (Abtei Königsmünster in Meschede) entworfen. Er ist Diplom-Theologe, Priester, Metallbaumeister, Schmied und Künstler. "Meine Spezialität ist es, mich in diesen Grenzfeldern zu bewegen", erzählt Pater Abraham. Der Künstler zollt Respekt "Ich bin mega stolz, dass ich diese Kirche gestalten darf", sagt er und drückt zeitgleich seinen Respekt vor der künstlerischen Leistung von Schwester Erentrud aus. Diese hat neben den Fenstern auch die Mosaike des Kreuzweges gestaltet und das Altarkreuz. Jeweils drei Stationen sind auf beiden Seitenwänden versetzt worden, da die Beichtstühle entfernt sind. Nun bilden sie eine Einheit. Pater Abraham ist von den Mosaiken beeindruckt. "Das ist eine starke religiöse Arbeit aus den 1950/60er Jahren." Der expressiv dargestellte Christus komme einem bei der Betrachtung förmlich entgegen. "Der Kirchenraum erzählt Geschichten von Gott", betont Pater Abraham. Und er solle einen Gegenraum zu unserem Alltag bilden, "in dem wir permanent mit Bilder zugeknallt werden". Daher sei die schlichte Ausgestaltung unter dem Zusammenwirken von Gestaltung, Liturgie und Theologie wichtig. Seine neuen Einrichtungsgegenstände seien so entworfen, "dass sie sich gegenseitig stützen. Das ist ja ein Grundthema von Kirche." Besonders lobt er die gute Zusammenarbeit mit dem Sennestädter Architekturbüro Rasche-Schürmann, dass die Renovierungsarbeiten geplant hat. Altarraum nun gemäß 2. Vatikanischem Konzil Messing, Stein und blaugefärbtes Titan sind die dezenten Materialien, die in der Thomas-Morus-Kirche zum Einsatz gekommen sind: beim neuen Altar, bei Ambo, Tabernakel, Weihwasser- und Öl-Stele. Gerade die Letztgenannte gefällt Pfarrer Hubertus Maus ganz besonders. Der Leiter der Großpfarrei St. Elisabeth freut sich darüber, dass die vom Erzbischof geweihten Öle nunmehr für die Gemeinde sichtbar sind. Aber auch den Altar findet er außergewöhnlich. Dieser ist nun näher an die Gemeinde herangerückt, da der Altarraum durch eine weitere Ebene in den Gemeinderaum hinein vergrößert worden ist. Das Taufbecken, das nun im Eingangsbereich der Kirche steht, hat jetzt ebenfalls einen Titaneinsatz. Der früherer Altar hat in der Werktagskapelle seinen Platz gefunden. Auch andere Einrichtungsgegenstände mussten gemäß Auflage der Unteren Denkmalbehörde im Gotteshaus bleiben. Denn die Thomas-Morus-Kirche, gebaut 1960/61, soll unter Denkmalschutz gestellt werden. Passiert ist das nach Aussage von Hubert Maus und Verwaltungsleiter Patrick Droszynski allerdings noch nicht. "Eigentlich sollte das 2019 anlässlich des Tages des offenen Denkmals bereits geschehen sein", sagt der Pfarrer. Kleuker-Orgel komplett überholt In neuem Glanz erstrahlt auch die Orgel auf der Empore. Orgelbaumeister Friedrich Kampherm hat das vom Brackweder Orgelbauer Detlef Kleuker erbaute Instrument abgebaut, die 1.562 Orgelpfeifen gereinigt, Schadhaftes ausgetauscht und einiges modernisiert. So verfügt der Organist in Sennestadt künftig auch über eine elektronische Setzeranlage, die einen schnellen Registerwechsel erlaubt. Zunächst sind alle Kirchen bis Ende April geschlossen, vielleicht auch darüber hinaus. "Ich denke aber schon, dass die Menschen mit ihren Sorgen auch gerne in die Kirche möchten", sagt Pfarrer Maus, bei dem das Telefon dieser Tage nicht stillsteht. Er und sein Team überlegen derzeit, ob es künftig in Thomas Morus einen begrenzten Zugang für Kirchenbesucher geben kann - so wie dienstags bis sonntags in Herz Jesu Brackwede. Die neue gläserne Zwischentür, die den Gemeinderaum noch einmal abgrenzt, könnte dies möglich machen.

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