Bielefeld Außergewöhlich: Winzer aus Bielefeld gesucht

Bielefeld. Einen Weinberg gibt es schon länger in Bielefeld. Doch wirklich ertragreich war der Winzersche Garten unterhalb des Johannisbergs bis heute nicht. Sehr zum Bedauern derjenigen, die gern selbst mal im Weinberg mitmachen möchten. Für die gibt es jetzt eine Möglichkeit: Jan Philipp Bleeke aus Bielefeld gründete Anfang des Jahres an der Mosel ein solidarisches Landwirtschaftsprojekt (Solawi). Es geht um Wein. Um dafür zu werben, kam der 32-Jährige in seine Heimatstadt zurück. Im Gepäck einige Kostproben aus eigenem Anbau. Bei "Heinrich sein Enkel" ploppten dezent die Korken, als Bleeke im dicht gefüllten Lokal vor 40 Zuhörern seine Pläne einer Solawi nach genossenschaftlichen Kriterien im Weinberg erläuterte. Jedes Mitglied bestimmt seinen finanziellen Beitrag selbst Solawi, das heißt vor allem: Kosten und Ernte teilen sowie Unabhängigkeit vom Markt und seinem Preisdruck. "Bei Solawi muss jeder mitmachen", verdeutlich Bleeke. Die Gruppe übernehme für das Projekt die Verantwortung. 25 Teilnehmer möchte er gewinnen, 15 haben bereits zugesagt: Studenten, Akademiker, Rentner. Sie alle zahlen gleich am Anfang einen Betrag ein, dessen Höhe sie selbst bestimmen können. Jeder gibt, was möglich ist oder ihm nötig erscheint. Die Betriebskosten für ein Jahr sind damit gedeckt. Was sollten die Genossenschaftler darüber hinaus leisten sollten? Sechs Workshops plant Bleeke für seine Mitglieder: Nach einer Bieterrunde sind gemeinsame Weinproben geplant, Wanderungen durch die Mosellandschaft mit Besuchen anderer Weingüter, möglichst auch Mitarbeit bei der Lese und zum guten Schluss die gemeinsame Abfüllung in Flaschen. "Die Menge kann niemand genau voraussagen", dämpft der Jungwinzer übertriebene Erwartungen. "Gibt es Spätfrost oder Hagel, fällt der Ertrag entsprechend geringer aus." Wie bei Genossenschaften üblich, erhält jedes Mitglied die gleiche Menge - unabhängig vom jeweiligen finanziellen Einsatz. Vom Autoverkäufer zum Weltenbummler und Weinexperten Jan Philipp Bleeke, ein lässiger Typ, dem das Lächeln nur selten aus dem Gesicht weicht, scheint mit seiner Strickmütze und der Funktionskleidung direkt aus dem Weinberg zu kommen. Ein bunter Hund, der nach der Schule als Autoverkäufer begonnen hat, sein Fachabitur baute und an der Fachhochschule Marketing studierte. Aus Liebe zum Wein jobbte er nebenbei in einem Bielefelder Fachgeschäft, ging später nach Neuseeland und half dort auf unterschiedlichen Gütern aus. Nach der Rückkehr wurde Bernkastel-Kues seine neue Heimat."Eine einmalige Weinbauregion, die Steilhänge dort, der Schieferboden, das ist einmalig", schwärmt Bleeke und schenkt ein Glas Pét Nat ein, einen fast vergessenen Schaumwein. Seine Kohlensäure entwickelt das leicht herb mundende Getränk beim Gärungsprozess in der verschlossenen Flasche. Bleeke steckt voller Energie, er hat viel vor. Noch arbeitet er vier Tage bei dem Weingut Staffelter Hof, wo das Projekt auch stattfinden wird. Die übrige Zeit steckte er in sein Solawi-Projekt. Sein Wunsch: "Überall an der Mosel sollen Solawi-Projekte entstehen und sich von hier aus über ganz Deutschland ausbreiten. Viehhaltung, Gemüseanbau, ja sogar wie in den Niederlanden auch die Krankenpflege - alles wäre nach dem Solawi-Konzept möglich. "Ich will die Welt retten und muss jetzt ordentlich Gas geben", sagt er und grinst. Am Ende des Abends, die meisten der mitgebrachten Weinflaschen sind leer, weiß der Winzer: Seine Mission war erfolgreich. Vier neue Mitglieder haben sich auf Anhieb verbindlich zu seinem Projekt angemeldet, andere wollen später dazukommen.

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