Jahnplatz-Pläne: Die Falle schnappt zu

Die Stadt geht hohes Risiko. In Münster droht die Umwelthilfe vor dem Oberverwaltungsgericht mit Fahrverboten. Ein Vergleich mit dem Land soll diese noch abwenden. Gleichzeitig behakeln sich in Bielefeld Politiker und Verwaltung so, dass der Umbau des Jahnplatzes, des aktuell größten und wichtigsten Projekts, um die Schadstoffe unter den Grenzwert zu senken, auf der Kippe steht. Die Paprika-Kooperation hofft mit ihrem Schachzug, das Thema an den Vergleichs-Beschluss im Rat zu binden, das erforderliche Baustellen- und Umleitungskonzept zu retten. Die Mehrheit schaffte sie damit, doch Rechtssicherheit gibt es nicht. Eine Prüfung durch die Aufsichtsbehörde könnte einschneidende Folgen haben. Der nötige Konsens fehlt Wie konnte es dazu kommen? Seit Jahren verfolgt die Paprika mit Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) die Strategie der Verkehrswende, um die Bürger zum Umstieg vom Auto auf ÖPNV, Fahrrad und Fußwege zu bringen. Das ist ein zäher und langfristiger Prozess. Es fehlt an Geld, Personal, Planern und Umsetzung. Es dauert, bis die nötigen grundlegenden Konzepte vorliegen. Ein Gesamtverkehrskonzept ist nicht erkennbar. Ein großer Makel dabei ist es, dass der dafür nötige breite Konsens fehlt. Die Paprika und Clausen hangeln sich mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit durch – und stoßen auf heftige Opposition. Die Linken wollen teils weitgehendere Einschnitte, CDU, FDP, BiMi und BfB sorgen sich, dass Autos und Busse im Stau stehen. Rettungsversuch scheitert Einigkeit ist nicht in Sicht.Und so ziehen sie an unterschiedlichen Strängen, das Bild nach außen wirkt chaotisch. Anträge hier, Anträge da, doch zusammen kommt man nicht. Im Stadtentwicklungsausschuss setzte die Paprika vieles durch. Doch mit dem Austritt von Michael Gugat aus der Gruppe Bürgernähe/Piraten, durch die ein Sitz an die FDP wechselte, verlor die Kooperation dort ihre Mehrheit. Und beim Baustellen- und Umleitungskonzept für den Jahnplatz schnappte die Falle zu. Verkehrsdezernent Gregor Moss, der der CDU angehört, aber die Verkehrswende offensiv mit verfolgt, setzte aufs formale Verfahren, ließ den wackeligen Ausschuss über die tragende Säule des Jahnplatz-Umbaus abstimmen. Die Paprika merkte erst zu spät das Dilemma, Rettungsversuche scheiterten am nicht unerwarteten Widerstand der Linken. Verkehrswende spaltet Ein Umleitungskonzept für eine Baustelle an einen Luftreinhalte-Katalog zu binden ist schon ein kesses Manöver, um einen Ausweg zu finden. Die Paprika und Clausen sehen sich rechtlich auf der sicheren Seite. Dem folgt auch Moss. Doch CDU-Fraktionschef Ralf Nettelstroth hält das für so zweifelhaft, dass er es rechtlich prüfen lassen will – mit der Folge, dass jetzt alle Schritte, die die Stadt für den Umbau einleitet, unter Vorbehalt stehen. Das ist für ein so schwieriges, unter hohem Zeitdruck stehendes Vorhaben äußerst unglücklich. Doch das nehmen die Protagonisten in Kauf. Denn nicht nur der Jahnplatz-Umbau, die gesamte Verkehrswende spaltet die Politik. Und die Auseinandersetzung wird im Wahlkampf, der jetzt in die heiße Phase kommt, immer schärfer. Das war bei den Debatten im Rat zu Jahnplatz, Luftreinhalteplan, ÖPNV-Förderung und B-61-Planung spürbar. Statt fachlich und mit fundierten Informationen in Ausschüssen zu beraten werden Themen teils mit Schauanträgen in den Rat geholt – um den politischen Gegner bloß zu stellen. Die Akteure können nur hoffen, dass in Münster, wo Land und Umwelthilfe am Tisch sitzen, nicht die falschen Schlüsse daraus gezogen werden. Dann könnte es für Bielefeld bitter werden. Denn es drohen nicht nur schärfere Auflagen im Luftreinhalteplan, Land und Umwelthilfe könnten die Stadt an die kürzere Leine legen. Das würde den Gestaltungsspielraum einschränken.

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