8 Problemfelder: Das sind Bielefelds größte Herausforderungen 2020

Bielefeld. Deutschlands Städte befinden sich in einem Wettbewerb um Einwohner, Fachkräfte und Investitionen. In Bielefeld sind in diesem Jahr viele richtungsweisende Entscheidungen getroffen worden: Der Rat hat den Klimanotstand ausgerufen, die Baulandstrategie beschlossen, die Verkehrswende eingeleitet und das Fundament für große Bauvorhaben wie den Jahnplatz-Umbau gelegt. Was wird aus all diesen Beschlüssen? Wie zukunftsfähig machen sie Bielefeld? Wohin Bielefeld letztlich steuern wird, hängt maßgeblich vom Ausgang der Kommunalwahl 2020 ab. Sie ist ein elementarer Navigationspunkt. Die folgenden acht Punkte werden den Wahlkampf in Bielefeld dominieren und sind wichtigste Zukunftsthemen der Stadt: 1. Wohnraummangel Seit 2010 ist das Wohnen in Bielefeld um über 30 Prozent teurer geworden. Jeder Sechste muss mehr als 40 Prozent seines Einkommens für die Miete bezahlen. Eigenheime kosten heute 30.000 Euro mehr als noch vor zwei Jahren. Bielefeld braucht dringend bezahlbaren Wohnraum. So weit, so konsensfähig. Das Problem: Niemand will den Wohnungsbau vor der eigenen Haustür. Politiker müssen mehr Rückgrat beweisen und Lösungen umsetzen. Mit der Baulandstrategie wollen SPD und Grüne mehr Einfluss auf den Wohnungsmarkt nehmen. Sie möchten künftig nur noch eigene Flächen entwickeln, die Bodenpreise spürbar senken und so für den Bau günstiger Mietwohnungen sorgen. CDU, FDP und BiMi glauben nicht an die Strategie und haben einen eigenen Plan entwickelt: Möglichst schnell bauen. Aber auch das wird schwer werden. 2. Wirtschaftskraft Die Konjunktur trübt sich ein, das Wachstum ist gebremst, Gewinnprognosen werden gesenkt. In den vergangenen vier Monaten hat es immer mehr Anmeldungen für Kurzarbeit gegeben sowie eine Abnahme der Zeitarbeit. Immer mehr Unternehmer wollen ihre Personalkosten auf sozialverträgliche Art senken. Auch die jüngsten Zahlen der Agentur für Arbeit sind wenig erfreulich. Besonders kritisch ist die Entwicklung bei den Arbeitslosen unter 25 Jahren. Hier hat es einen Zuwachs von 9,3 Prozent gegeben. 3. Verkehr/Umwelt Der Stadtrat hat den Klimanotstand ausgerufen. Ein symbolischer Akt. Mehr war das bisher nicht. Die Koalitionäre rund um SPD und Grüne haben sich vorgenommen, die Verkehrswende bis 2030 zu schaffen. Der Anteil der ÖPNV- und Radfahrer soll deutlich gesteigert, der Autoverkehr reduziert werden. Dafür sollen unter anderem Radwege ausgebaut werden, Parkplätze weichen oder teurer werden, Stadtbahnlinien ausgebaut und P+R-Häuser gebaut werden. Die bürgerlichen Parteien wollen jedem die Wahl des Fahrzeuges selbst überlassen. Technische Innovationen sollen das Problem lösen. 4. Ärztemangel Immer mehr Familien finden in der Stadt keinen Kinderarzt. In Bielefeld kümmern sich derzeit 29 Ärzte um 57.000 Kinder. Im Osten der Stadt ist das Problem derart eklatant, dass Bürger 600 Unterschriften gesammelt haben für eine Notlösung. Das Gesundheitsamt soll Aufgaben von Kinderärzten vorübergehend übernehmen. Bei Hausärzten ist Bielefeld mit einer Quote von 96 Prozent noch einigermaßen versorgt. Allerdings gilt das nicht für alle Stadtteile. 5. Überalterung Die Bielefelder Bevölkerung wird immer schneller immer älter. 2035 wird jeder dritte Bürger über 60 Jahre alt sein. Jeder vierte Bielefelder ist schon heute älter als 60 Jahre. Wie will ich leben, wenn ich alt bin? Fragen wie diese treiben viele Menschen in der Stadt um. Gerade das Thema Pflege steht dabei im Fokus. Und gerade hier herrscht Fachkräftemangel. &bdquo;Die Alterung der Bevölkerung wird zum Nummer-eins-Thema für die Stadt", sagt Sozialdezernent Ingo Nürnberger. Die Anzahl der Pflegebedürftigen steigt weiter, der Bedarf an Pflegekräften auch. 6. Stadtgestaltung Die Prognosen sprechen eine klare Sprache: Städte sind der Lebensraum der Zukunft. Aber: Menschen wollen keine Staus, wollen gesund leben und saubere Luft in der Innenstadt atmen. Sie wollen Naherholungsgebiete, Kultur- und Freizeitmöglichkeiten, Konsum- und Dienstleistungsangebote. Die Wohnsituation muss stimmen. Die Menschen wollen sich wohl fühlen, der Stresslevel einer Stadt darf nicht zu hoch sein. All das müssen Stadtplaner berücksichtigen. In den nächsten Jahren stehen große Bauvorhaben an. Bei der Neugestaltung des Jahnplatzes werden zu viele Kompromisse gemacht werden müssen. Das Wilhelmviertel hat Potenzial. Es muss aber auch ausgeschöpft werden. Der Campus Nord muss entwickelt werden. Vielleicht eine Klimaschutzsiedlung? Das wäre innovativ. 7. Sicherheit Das Thema treibt die Stadt seit Jahren um. Im Fokus der Diskussionen stehen der Kesselbrink, die Tüte am Hauptbahnhof, der Jahnplatz und der Treppenplatz in Brackwede. Die einen sprechen von objektiven Daten, die anderen von gefühlter Unsicherheit. SPD und Grüne sehen Lösungen in der Sozialarbeit vor Ort und schicken mehr Ordnungskräfte zu den Hotspots. Der Opposition reicht das nicht. Sie fordert mehr Kontrollen durch die Polizei und mehr Bewachung öffentlicher Plätze. 8. Schulen und Kitas In Bielefeld droht ein Grundschulnotstand. Laut Zahlen der Verwaltung wird die Anzahl der Grundschüler jedes Schuljahr um rund 300 Schüler steigen. Das entspricht ungefähr einer dreizügigen Grundschule pro Jahr zusätzlich. Die Stadt muss dauerhafte Lösungen finden, denn immer mehr Schulen und Kitas platzen aus allen Nähten.

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