Passanten in der City werden jetzt von Laserscannern erfasst

Bielefeld. Mehr als 100.000 Menschen in der Innenstadt – die Passantenzahlen für den letzten Verkaufssamstag in der Innenstadt vor Weihnachten haben alle bisher gemessenen Werte der Saison getoppt und den Einzelhändlern doch noch frohe Weihnachten beschert – zumindest theoretisch. Praktisch fallen die Fazite von Handelsverbands-Chef Thomas Kunz und Henner Zimmat, Sprecher der Kaufmannschaft Altstadt, allerdings eher verhalten aus: Die City war gefühlt weniger voll als an vergleichbaren Samstagen der Vorjahre, in denen noch nicht gemessen wurde. Der Einzelhandel habe Geschenke maximal auf Niveau von 2018 verkauft. Während sich das Duo auf getätigte Umsätze konzentriert, messen Laserscanner erstmals in der Geschichte des Bielefelder Handels eine bis dahin meist nur gefühlte oder eben geschätzte Größe: die sogenannte Passanten-Frequenz. Der Wert gibt Auskunft über die Anzahl der Besucher, die an einem Tag durch die Innenstadt spazieren. Klickten sich bisher zum Erfassen der Besucher engagierte Zähler die Daumen wund, erledigen heute unscheinbare Maschinen unmerklich den Job. Rund um die Uhr zählen die Geräte die Passanten Den Geräten entgeht dabei niemand, der über 80 Zentimeter misst. Rund um die Uhr zählen sie per Lasertechnik die Passanten und liefern erstmals präzise Daten darüber, wie viele Menschen sich tatsächlich durch die City bewegen. Im Juli installierte das Kölner Unternehmen Hystreet in luftiger Höhe drei spezielle Scanner. Nicht ohne Grund. Denn Hystreet gehört zum Konsortium Aachener Grund, einer Fondsgesellschaft, der auch mehrere Bielefelder Immobilien gehört. So das Sport-Scheck-Haus, das an Loom angrenzende Gebäude Görtz oder die Karstadt-Immobilie. Dort wird auch gemessen. Zwischen Karstadt und Knigge spannt eine Box ihren unsichtbaren Vorhang (Bahnhofstraße Süd), weiter nördlich befindet sich der Kasten am First von Deichmann (Bahnhofstraße Mitte) und der Checkpoint Stresemannstraße scannt zwischen Christ und Görtz. Da die Laser nur Konturen erfassen, sei das Verfahren datenschutzkonform und bedurfte deswegen auch keiner Genehmigung, sagt Hystreet-Geschäftsführer Julian C. Aengenvoort. So kam es, dass weder Wirtschaft noch Politik bisher viel von der neuen Technik mitbekamen – was sich seit Weihnachten schlagartig änderte. Denn dank der Daten kann der Handel erstmals schwarz auf weiß den Beweis erbringen, wie viele potenzielle Kunden ein verkaufsoffener Sonntag holt. 42.000 Passanten zwischen 13 und 18 Uhr Die Scanner von Hystreet zählten in den fünf Verkaufs-Stunden zwischen 13 und 18 Uhr an der Bahnhofstraße Süd genau 42.380 Passanten, über den ganzen Tag verteilt 57.957 Besucher und in der stärksten Stunde von 15 bis 16 Uhr exakt 9.958 bewegte Menschen – die bei sonnig-wolkigem Himmel und einer Temperatur von sieben Grad durch den Mess-Korridor flanierten. Noch Fragen?Auf jeden Fall: Denn ob die gezählten Besucher auch alle in den Geschäften einkauften oder die Atmosphäre für einen Bummel über den Weihnachtsmarkt nutzten, darüber geben die Daten keine Auskunft. &bdquo;Wir hatten uns im vergangenen Jahr auch schon mit der Technik beschäftigt, deren Einsatz aus Kostengründen aber vorerst nicht weiter verfolgt", sagt Stadt-Marketing-Chef Martin Knabenreich. So sei es spannend zu erfahren, wie viele Gäste über die Tage verteilt tatsächlich und nicht nur geschätzt das Stadtfest Leineweber besuchen.Allerdings wecke das Messen der Passanten-Frequenz auch Begehrlichkeiten bei der Immobilienwirtschaft. Schließlich habe diese Größe Einfluss auf Ladenmieten und den Wert der Immobilien. So integriert der &bdquo;Gutachterausschuss für Grundstückswerte" in Bielefeld bereits die jüngsten Scanner-Daten in seine eigenen noch analogen Zählungen, wie dessen Vorsitzender Rainer Nuß mitteilt. Die Fachleute würden es zudem begrüßen, wenn in der Stadt weitere digitale Messpunkte hinzukämen. Wobei sich die Gutachter besonders für die Veränderungen der Werte über längere Zeiträume interessieren, weil diese mehr aussagen über die Attraktivität einer Geschäftslage. Osnabrück nutzt die Technik bereits seit 5 Jahren So wie bei den Nachbarn in Niedersachsen: Osnabrück nutze die Mess-Technik auf eigenen Initiative schon seit über fünf Jahren an neun Standorten, sagt Alexander Illenseer. Ein Thema von Stadt-Marketing und Handel sei dabei auch das Leerstand-Management. Sie ließe sich anhand der Daten objektiv darstellen, wie sich beispielsweise die Präsenz eines Publikumsmagneten auf die Passanten-Bewegung auswirke. Und umgekehrt.Seit der Debatte zur Verkehrswende wird in Bielefeld viel diskutiert über die Zukunft der Innenstadt. Vergrault eine autofreie City die Besucher? Auch in Düsseldorf gab es entsprechende Befürchtungen, als die Kommune vor Monaten wegen hoher Stickoxid-Belastungen mehrere Umweltspuren einrichtete. Wie eine große Boulevard-Zeitung berichtete, zeigen die Hystreet-Zahlen jedoch, dass sogar mehr Passanten als noch im Jahre des Autos über die Kö flanierten.Wobei die Edel-Meile Kö im Hystreet-Ranking für den Monat November unter den 107 Einkaufsstraßen der teilnehmenden 53 Städte nur den Platz 79 belegt. Die beiden Spitzenpositionen hält München, und auf Rang 21 folgt dann Bielefeld mit seiner Bahnhofstraße (Süd) sowie gescannten 1.133.865 Passanten. Vielleicht bekommt die Stadt im Dezember noch so richtig die Kurve dank des verkaufsoffenen Sonntags (57.957) und des letzten Advents-Sonntags (106.362) und steigt weiter auf in die Top 20. Die Besucherzahlen in den deutschen Innenstädten sind abrufbar im Internet unter www.hystreet.com.

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