
Bielefeld. Wer sich am Sonntag in die Innenstadt aufgemacht hatte, durfte sich auf einiges und vor allem auf Unerwartetes gefasst machen – wann etwa wird man sonst von einem waschechten Seeräuber direkt an der Rathausstraße begrüßt? „Ahoi!“, raunt Pirat Kapitän Flunker erstaunten Passanten entgegen. „Habt Ihr Fischbrötchen dabei?“
Hatten sie natürlich nicht – dafür aber wie Tausende weitere Besucher eine große Portion Neugierde, Freude an Musik und an charmant dargebotener Kleinkunst. Für einen ganzen Nachmittag hatte sich die Bielefelder Innenstadt für das Festival „Hut ab!“ in eine riesige und äußerst lebendige Bühne verwandelt, auf der es praktisch an jeder Ecke etwas Neues zu entdecken gab. Bei nahezu perfektem Wetter strömten die Besucher durch die Stadt, um die Darbietungen der mehr als 100 Künstler aus aller Welt zu erleben.
Einer von ihnen war Gilad Shabtay aus Israel, der auf dem Alten Markt als „The Ambiguous Vagabond“ besonders unter den Kindern auf einen Schlag einen ganzen Fanclub gewonnen hat. Gleich reihenweise klappen die Münder auf, als der Vagabund auf Stelzen stehend Bälle und seinen Hut durch die Luft wirbeln lässt.
Bei „Hut ab!“ sind viele Künstler in Bielefeld
Stichwort Stelzen: Von weitem schon zu sehen waren die Geier Chill & Schorsch vom Bielefelder Stelzentheater. Als sie die Niedernstraße herunterstaksten, ging der vierjährige Leon lieber vorsichtshalber hinter seiner Mutter in Deckung – auch wenn sich wenig später herausstellt, dass die schrägen Vögel eigentlich ganz nette Zeitgenossen sind.
Damit fügen sie sich perfekt in die Atmosphäre von „Hut ab!“. Trotz der etwas frischen Temperaturen entwickelte sich in der Altstadt und drumherum eine Stimmung, wie man sie sonst eher aus Städten in Italien oder Südfrankreich kennt: Die Bielefelder genießen die Sonne, das Spektakel und das Leben.

Und dazu gehört für viele auch das gepflegte Shopping: Denn parallel zum Festival öffneten zahlreiche Geschäfte der Innenstadt von 13 bis 18 Uhr ihre Türen. Und auch hier gab es für die Organisatoren einigen Grund zum Strahlen. „Wir hatten ab dem Mittag eine sehr hohe Frequenz“, freut sich Dominik Heuer vom Café Knigge als Vertreter der City-Werbegemeinschaft rund um die Bahnhofstraße über Besucherzahlen „deutlich über denen vom Vorjahr“. Die Kombination aus kostenloser Kultur und verkaufsoffenem Sonntag habe in den vergangenen Jahren deutlich an Format gewonnen. „Das ist genau das, was sich die Menschen wünschen – es bringt Leben in die Stadt.“ Das sieht Saskia Twardawsky, Managerin des Loom, ganz ähnlich – immerhin zog im Verlauf des Nachmittages plötzlich und auch für die Veranstalter überraschend eine Polonaise kreuz und quer durch das Shopping-Center.
Die Besucher kommen nicht nur aus Bielefeld

„Es geht in erster Linie darum, die schönen Seiten Bielefelds zu zeigen. Dass wir dann auch noch Leute mit Tüten durch die Stadt laufen sehen, freut uns aber natürlich auch.“ Und die kamen bei weitem nicht nur aus Bielefeld oder der näheren Umgebung, wie Jan-Erik Weinekötter vom Handelsverband OWL berichtet: In den Parkhäusern wurden auch zahlreiche Kennzeichen aus Münster, Osnabrück oder auch Hannover gezählt. „Das Festival ist eine ganz hervorragende Standortwerbung“, so Weinekötter.
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„Hut ab!“ hat sich als Highlight im Veranstaltungskalender etabliert. Und das nicht nur bei den Bielefeldern, sondern auch bei den Künstlern. Für viele ist das inzwischen zum achten Mal ausgetragene Festival ein begehrter Start in die jetzt wieder beginnende Freiluftsaison. „Und es hat sich bei ihnen herumgesprochen, dass die Bielefelder spendabel sind und es hier einen guten Hut gibt“, sagt Henner Zimmat vom Altstadt-Team.