Wie Theaterleute Weihnachten feiern

Bielefeld. Das Weihnachtsstück ist jedes Jahr der Renner. Rund 50 Aufführungen vor und auch nach Weihnachten müssen diesmal vom &bdquo;Zauberer von Oz" gestemmt werden. Logisch, dass die betroffenen Mitarbeiter des Theaters auch an den beiden Weihnachtsfeiertagen arbeiten müssen. Andere haben frei. Fünf der rund 350 Theaterleute, die viele verschiedene Nationalitäten haben, haben der NW erzählt, was bei ihnen los sein wird an Weihnachten 2019. INKEN EWERT (REQUISITEURIN, 28 Jahre) Wenn das Weihnachtsstück über die Bühne geht, ist Inken Ewert unentbehrlich. Die Requisiteurin ist dafür zuständig, dass Mobiliar, die bewegliche Ausstattung, pünktlich auf der Bühne steht. Und dass alles, was im Verlauf des Stücks drauf soll, parat steht. Außerdem müssen Kostüme bereitgestellt oder abgeräumt werden, damit Durchgänge nicht verstopfen. Am 25. Dezember muss die 28-Jährige deshalb arbeiten. Außerdem ist sie für kleinere pyrotechnische Sensationen zuständig. &bdquo;Das ist ein Schwerpunkt von mir", erklärt sie. Beim Weihnachtsstück muss sie dafür sorgen, dass der Zauberschirm der Hexe qualmt und Funken sprüht. Am 26. Dezember hat Ewert frei. Zum Glück, denn es ist ihr Geburtstag. &bdquo;Heiligabend fahre ich mit meinem Freund zu dessen Eltern in Bielefeld. An meinem Geburtstag kommen meine Eltern aus Hamburg angereist, wo ich herstamme", schildert sie. Gefeiert wird ohne Tannenbaum: &bdquo;Ich steh’ nicht so auf Weihnachtsdeko. Außerdem habe ich zwei Katzen, die würden eh alles abräumen", erklärt Ewert lachend. Das ganze Brimborium um die Feiertage liege ihr nicht so: &bdquo;Es ist doch am wichtigsten, dass man zusammenkommt und ein paar schöne Stunden verlebt." ALEXANDRE NODARI (TÄNZER, 26 JAHRE) Der Neuzugang in Simone Sandronis Tanzkompagnie kommt aus Frankreich und dorthin, genauer zur Familie seiner Freundin in Lyon, wird sich Alexandre Nodari zu den Feiertagen aufmachen. Am 27. Dezember allerdings muss er noch mal nach Bielefeld, für eine Vorstellung des aktuellen Tanzstücks &bdquo;Opus 65". &bdquo;Neun Stunden per Zug", stöhnt er, danach gehe es wieder zurück. Dann aber ins Elsass, wo seine Eltern wohnen. &bdquo;Ich freue mich darauf, dann wieder viel Französisch sprechen zu können", sagt Nodari. Da es sein erstes Engagement als Tänzer ist, schwingt wohl auch ein wenig Heimweh mit. Zu essen gebe es daheim zu Weihnachten oft Meeresfrüchte und Lachs, ein zweiter Gang bestehe aus Geflügel, meist Pute. Zum Schluss gibt’s ein süßes Dessert. Einen Weihnachtskuchen mit Buttercreme hat Nodari seiner Tanzkompagnie versprochen. Er backt ihn selbst, nach einem alten Rezept seiner Großmutter. Der religiöse Hintergrund des Fests, so der 26-Jährige, sei ihm und seiner Familie nicht so wichtig, auch wenn er es genießt, den traditionellen Umzug des Heiligen Nikolaus und seines Gefolges in seinem Heimatort anzuschauen. STEPHAN KILLIAN (ANKLEIDER, 36 JAHRE) Sehr flink und dabei sensibel gegenüber den verschiedenen Persönlichkeiten macht Stephan Killian seine Arbeit. Als Ankleider stellt er auf und hinter der Bühne die Kostüme bereit, sorgt für schnelle Kleiderwechsel und damit mit für einen reibungslosen Ablauf der Aufführung. Zuständig ist er für &bdquo;Herren-Solodarsteller", manchmal übernimmt er den Part des Anreichens und Ankleidens von der Hüfte abwärts. Ein Kollege ist für die obere Hälfte der Schauspieler, Sänger oder Tänzer zuständig. &bdquo;Der Vorteil ist, dass die Kollegen stets mit derselben vertrauten Person zu tun haben", schildert Killian. Eingespielte Teams also hinter der Bühne. Den Heiligen Abend wird Killian bei der Familie seines Mannes in Paderborn verbringen. Der gebürtige Harsewinkler freut sich auf eine besondere Speise, den &bdquo;Flammlachs": Lachs, der über einer Feuerschale geräuchert wird. Im Hause der Schwiegereltern trifft sich eine größere Runde – Geschwister und ihre Kinder. &bdquo;Etwa 12 Leute werden wir wohl sein", erwartet der 36-Jährige. Den 1. Feiertag verbringt das Paar dann mit Killians Eltern beim Bruder in Beelen. Und am 2. Weihnachtstag ist er im Dienst, Einsatz bei der &bdquo;Hochzeit des Figaro". In Paderborn wird ein Weihnachtsgottesdienst besucht. Ansonsten, sagt er, sei die Suche nach dem Christkind während eines Spaziergangs für die Kinder &bdquo;gesetzt". Die bekommen natürlich Geschenke, während die Erwachsenen es untereinander bewusst knapper halten. JANETT METZGER (30, TANZDRAMATURGIN) In der Familie von Tanzdramaturgin Janett Metzger gibt es &bdquo;eine schöne Tradition", wie sie sagt: &bdquo;An Weihnachten fahre ich mit meiner Mutter und ihrem Mann zu meinem Onkel nach Berlin-Friedrichshain", schildert die gebürtige Potsdamerin. &bdquo;Der hat dort eine Kneipe und hasst Weihnachten. Darum gibt es dort immer ein nettes Kontrastprogramm." Kneipenambiente statt Weihnachtsdeko, der Onkel kocht lecker für alle Weihnachtsflüchtlinge. An Heiligabend allerdings soll es auch für Janett Metzger heimelig zugehen: &bdquo;Wir sind eine Patchwork-Familie, am 24. bin ich bei meinem Vater und seiner Frau. Dort treffe ich meine 33-jährige Halbschwester. Beim Festtagsschmaus hält es wiederum die Mutter eher mit der Tradition (Gans oder Ente), Metzgers Vater &bdquo;experimentiert gerne". Da seine Frau gelernte Konditorin sei, sei das Dessert sichergestellt. Auch wenn sie über die Feiertage frei hat, die Arbeit kommt mit: &bdquo;Im Januar steht unsere Tanzpremiere &bdquo;Noostopia" an, außerdem muss bis März die Planung für die nächste Spielzeit stehen. Da ist der Laptop also immer dabei", sagt sie. Eins darf allerdings beim Weihnachtsbesuch in Potsdam nicht fehlen: &bdquo;Ich treffe mich mit meiner alten Mädels-Clique aus Schulzeiten. Inzwischen sind da schon Kinder dabei." GIANNI CUCCARO, THEATER- UND TANZPÄDAGOGE, 40) Der ehemalige Tänzer am Theater Bielefeld, Gianni Cuccaro, hat vor Jahren den Wechsel vom aktiven Bühnentanz zur Theaterpädagogik vollzogen. Mit seiner schwedischen Frau Anna, ebenfalls Ex-Tänzerin, und den beiden Kindern Daniel (10) und Niklas (4) ist der Italiener inzwischen fest verwurzelt in Bielefeld. &bdquo;Früher sind wir an Weihnachten zwischen Bielefeld, Stockholm und Neapel hin- und hergesaust, dazwischen sogar noch Vorstellungen", erinnert sich Cuccaro, um mit Inbrunst nachzuschieben: &bdquo;Dieses Jahr bleiben wir in Bielefeld!" Seine Eltern kommen aus Italien zu Besuch, aber an Heiligabend ist die kleine Familie unter sich. Auch ein Treffen mit Freunden ist drin, aber insgesamt soll dieses Weihnachten eine Ruhe-Insel werden. &bdquo;Klar ist es schade, dass ich die anderen 40 Verwandten nicht sehen kann", sagt Cuccaro und lacht beim Gedanken an die Erwartungen der traditionellen italienischen Großfamilie. Er liebe Weihnachten, weil die Kinder es lieben: &bdquo;Die singen noch bis Mai ,Jingle Bells’." Obwohl Cuccaro richtig angekommen ist in Bielefeld und hervorragend Deutsch spricht, gerät sein Weihnachtsfest zu einer Mischung der besten Zutaten aus den deutsch-italienisch-schwedischen Traditionen. Es gibt schwedische Deko mit Elchen und Holzpferden, er selbst hat vor Jahren eine Krippe gebaut (&bdquo;Das ist Tradition in Neapel"). Zum Essen gibt es Ente an Orangensoße mit Canneloni, Meeresfrüchte oder Pasta mit Muscheln: &bdquo;An Weihnachten bin ich der Chefkoch." Die schwedische bessere Hälfte sorgt für Milchreis mit einer Überraschungsmandel drin. Deren Finder beginnt – der Legende nach – das neue Jahr mit ganz viel Glück. Wichtig sei ihm der Religionsbezug des Fests der Feste: &bdquo;Wir besuchen den Gottesdienst in der Jodokus-Kirche."

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