Unvergessliche Sonderfahrt: Mit der Bielefelder Dampflok nach Hamburg

Bielefeld. &bdquo;Wir sind echte Oldtimerfans", sagt Klaus Henning (51) und grinst dabei seinen Vater Norbert (80) an. Die Uhr auf dem Bahnsteig des Bielefelder Hauptbahnhofes zeigt 5.30 Uhr. Immer mehr Fahrgäste treffen auf Bahnsteig 2 ein. Die Vorfreude ist spürbar. Sechs Frauen haben richtig gute Laune. Sie tragen Hüte in Form von Mini-Weihnachtsbäumen. Später klingen die Sektgläser. Doch erst einmal ertönt ein lautes Pfeifen, dann sind Dampfwolken zu sehen. Große rote Räder rattern auf die Wartenden zu. Er ist da – der Sonderzug nach Hamburg, der von einer 60 Jahre alten Dampflok gezogen wird. Lokführer mit Erfahrung ist erst 24 Handys und Fotoapparate werden gezückt. Dann geht es in einen von sieben Schnellzugwagen. &bdquo;Für uns ist das ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk", sagt Berufskraftfahrer Henning. Die Mitglieder des Vereins Bielefelder Eisenbahnfreunde sind schon lange auf den Beinen. &bdquo;Es dauert 8 bis 10 Stunden bis die Lok betriebsbereit ist", erzählt Eric Trübenbach. Der 28-Jährige stammt aus Chemnitz und gehört zum Team im Führerstand. Er weiß, dass die Lok, die einem Verein in Jöllenbecks Partnerstadt Glauchau gehört, besonders gut gebucht wird. &bdquo;Die ist 70 Mal im Jahr unterwegs." Lokführer Lars Henschke ist 24 Jahre alt und fährt sonst modernere Loks. Schwerstarbeit leistet Matthijs Kiezebrink. Unermüdlich schaufelt der Heizer Kohlen in das Feuer. Pro Schüppe sind es elf Kilogramm. Im Tender befinden sich 10 Tonnen Steinkohle. Durch die Lüneburger Heide nimmt die Dampflok richtig Fahrt auf. Der Lokführer deutet auf den Geschwindigkeitsmesser. Er ist sichtlich stolz, 110 Stundenkilometer stehen auf der Anzeige. Höchstgeschwindigkeit. Im Führerstand pfeift der Wind. Es ist laut. Die Verständigung klappt nur per Zuruf. Hydranten sind manchmal verrostet In Celle braucht die Lok Wasser – 20 Kubikmeter. Hier springt die Freiwillige Feuerwehr ein. Es dauert länger als gedacht, weil der Hydrant erst einmal von Rost befreit werden muss. Die Fahrgäste aus Bielefeld, Paderborn, Steinhagen, Rödinghausen und Vlotho nutzen die Gelegenheit, um Erinnerungsfotos zu machen. &bdquo;Wir sind heute Morgen ein bisschen überrollt worden", sagt Heiko Fastenau. 700 Brötchen mussten geschmiert werden. &bdquo;Jede helfende Hand wird benötigt." Als Kind hat sich der 69-Jährige mit seiner Spielzeugeisenbahn beschäftigt. An der Dampflok faszinieren ihn Mechanik und Technik. Erstaunlich sei, &bdquo;dass so alte Dinge noch funktionieren". &bdquo;Das ist Technik, die man sehen kann. Es ist ein Stück Nostalgie", ergänzt Sören Düker (31). Während der Fahrt sind immer wieder Fans mit ihren Kameras zu sehen. Marco Riffelmann berichtet, dass die Fahrt von zehn Vereinsmitgliedern betreut wird. &bdquo;Außerdem helfen uns noch Mitglieder von befreundeten Vereinen." Der Vorsitzende bedauert, dass die Infrastruktur für Dampfloks häufig nicht mehr vorhanden ist, weil Hydranten beispielsweise nicht regelmäßig gewartet werden. Viel ehrenamtliches Engagement sei nötig. Für das nächste Jahr gibt es schon Ideen. 397 Nostalgie-Fans haben sich angemeldet Auch der Lokführer und seine Mannschaft arbeiten an diesem Tag ehrenamtlich. Riffelmann räumt ein, dass der Preis für ein Ticket nicht günstig ist: &bdquo;Dadurch werden viele Familien mit Kindern ausgeschlossen. Viel günstiger könne man eine Fahrt jedoch kaum organisieren, weil neben den Trassengebühren von zwei bis drei Euro pro Kilometer auch bis zu 800 Euro Miete pro Waggon, Miete für die Lok sowie rund 250 Euro pro Tonne Kohle, Versicherungen und weitere Gebühren anfallen. Damit für den Verein auch noch etwas Geld übrigbleibe, sei eine Mindestpersonenzahl notwendig. Für die Fahrt nach Hamburg haben sich 397 Nostalgiezug-Fans angemeldet. Der jüngste Teilnehmer ist Levi. Der Sohn von Angela Waibel und Matthis Schadomsky ist acht Monate alt. Im 1. Klasse-Abteil aus den 1970er Jahren fühlt sich auch Leon pudelwohl. Auf den dicken blauen Polstermöbeln ist es bequem. Der Sechsjährige ist mit seiner Tante Nadine Fiekens gekommen. &bdquo;Was die auf die Beine gestellt haben, ist toll", resümieren Monika und Michael Eisenmeier am Ende.

Meistgelesen