Bielefelder Staatsschutz prüft jetzt die Reden der Neonazis

Der Aufmarsch der Neonazis in Bielefeld ist vorüber. Für die Polizei und viele Beteiligten beginnt jetzt die Aufarbeitung des Großeinsatzes. Nur 14 Strafanzeigen liegen bisher vor. Außerdem gab es abends noch zwei Prügelattacken. Zudem prüft der Staatsschutz aktuell den Inhalt einiger Redebeiträge der Neonazi-Demo, wie Polizeisprecher Knut Packmohr bestätigte. Darüber hinaus beantwortet er alle Fragen zu Wasserwerfer, Stolander-Tunnel und Beweisvideos. VOLKSVERHETZUNG? Dabei gehe es um die rechtliche Bewertung, ob bestimmte Redebeiträge als Leugnung des Holocaust eingestuft werden können, so Packmohr. Entsprechende Vorwürfe seien in den sozialen Netzwerken zu finden. So sei vor allem Alt-Nazi Thomas &bdquo;Steiner" Wulff mit seinen Äußerungen am Mikrofon beschuldigt worden, in volksverhetzender Weise gesprochen zu haben. &bdquo;Pauschalbehauptungen reichen für eine Strafverfolgung aber nicht aus", erklärt Packmohr. &bdquo;Die Beamten des Staatsschutz, die sich die Reden vor Ort angehört haben, müssen genau auf den Wortlaut achten." Gerade Wulff agiert hierbei immer auf die gleiche Weise: Er stellt in Form von Fragen den Holocaust in Frage, lässt ihre Beantwortung aber offen. Packmohr erklärt: &bdquo;Uns wirft man vor, dass wir bei solchen Reden nicht sofort einschreiten." Es gebe zwar konkret verbotene Sätze. Aber in allen anderen Fällen müsse abgewägt werden. Volksverhetzung liegt nur dann vor, wenn die Aussage juristisch einwandfrei als solche bewertet werden kann.VERMUMMUNGSVERBOT Auch nicht viel einfacher wird die Verfolgung von mehreren Verstößen gegen das Vermummungsverbot. Bei Temperaturen um 0 Grad ist die Grenze zwischen einem schützenden Schal und illegaler Vermummung sehr schwer zu ziehen. GEGENDEMO-AKTIONEN In einem Fall leistete ein Mann Widerstand, als er die Absperrungen am Jahnplatz nicht akzeptieren wollte und auch einem Platzverweis nicht Folge leistete. Hierbei wurde ein Polizist verletzt. Zwischen West- und Große-Kurfürsten-Straße gelang 50 Personen ein Durchbruch, die Polizei stoppte sie dennoch mit Hilfe von Pfefferspray. Die Demonstranten hatten sich erhofft, zum Marschweg der Neonazis gelangen zu können. Sechs von ihnen kamen stattdessen in Gewahrsam. Der Versuch eines linken Aktivisten, vor der Kunsthalle das Frontbanner der Neonazis zu stehlen, wurde ebenfalls polizeilich unterbunden. In diesem Getümmel sollen auch Neonazis einen Fotografen angegriffen haben. Ein Platzverweis, eine Ingewahrsamnahme. Die Polizei ermittelt. Die etwa 100 Personen, die die Neonazis per Sitzblockade auf der Elsa-Brändström-Straße aufhielten, wurden übrigens nicht angezeigt. &bdquo;Wir haben die Blockade als gesonderte Versammlung eingestuft." Die Neonazis wurden an der Blockade vorbeigeführt. DOPPELDEUTIGE PLAKATE Die Ermittlungen des Staatsschutzes zu den einkassierten Plakaten von &bdquo;Die Partei" dauern noch an. Hier wurde laut Packmohr noch keine Strafanzeige gestellt. Die Plakate hingen am Boulevard, einige erfüllten ihm zufolge den Anfangsverdacht der Aufforderung zu einer Straftat. &bdquo;Es gibt für diese Plakate zwei Lesarten", räumt aber auch Packmohr ein. So ist der Slogan &bdquo;Nazis töten." als Aussagesatz historisch wohl kaum zu widerlegen, als Aufforderung ist er eine Straftat. FILMEN DER GEGENDEMO An mehreren Stellen kritisierten Teilnehmer der Gegendemos, dass sie grundlos von der Polizei gefilmt worden wären. Packmohr erklärt: &bdquo;Wir hatten Beweissicherungstrupps im Einsatz, die bei einem Anfangsverdacht Filmaufnahmen machen." Grundlos dürften diese aber nicht filmen. &bdquo;Werde aber plötzlich ein Schal vors Gesicht gezogen oder jemand hebt einen Stein auf, wird mit Filmaufnahmen begonnen." So soll es an Notpfortenstraße und Arndtstraße geschehen sein. &bdquo;Wenn sich die Situation aber beruhigt oder schlicht nichts passiert, werden diese Videos wieder gelöscht", betont der Polizeisprecher. Eine Demo komplett zu filmen, sei nicht erlaubt. Das gelte übrigens auch für die Neonazis. Deshalb gebe es auch nicht von allen Redebeiträgen Aufnahmen. STOLANDER-TUNNEL DICHT Dass der Fußgängertunnel am Stolander (unter Alfred-Bozi-Straße und Oberntorwall hindurch) gesperrt war, wurde oft kritisiert. Hatte die Polizei diesen Weg doch zuvor als einzige offene Fußgänger-Strecke zwischen Bielefelder Westen und Innenstadt beworben. Packmohr: &bdquo;Die Beschwerden hier sind nachvollziehbar und berechtigt." Aber gegen 11.30 Uhr hatten Polizeibeamte vor Ort die Absicherungen als nicht ausreichend bezeichnet." Es mussten weitere Gitter herangeschafft werden. &bdquo;Das war unglücklich. Aber wir haben uns bemüht, den Tunnel so schnell wie möglich wieder zu öffnen." Am Ende dauerte es eine gute Stunde, bis der Tunnel wieder geöffnet werden konnte. Dass er immer mal wieder geschlossen gewesen sei, dem widersprach Packmohr. WASSERWERFER Einige Gegendemonstranten beschwerten sich, dass unter dem OWD an der Mindener Straße plötzlich ein Wasserwerfer auf sie gerichtet worden sei. Einige berichteten, dass daraufhin unter den Demonstranten Panik ausgebrochen sein soll. Packmohr: &bdquo;Das ist auf Unwissenheit zurückzuführen. Denn bevor ein Wasserwerfer eingesetzt wird, wird die Polizei mehrfach deutliche Ansagen machen." Trotzdem räumt er ein: So ein Wasserwerfer wirkt von jeder Seite aus unangenehm. Aus Polizeikreisen war zu hören, dass sich an dieser Stelle mehrere Antifa-Vertreter unter die Demonstranten gemischt haben sollen. Entsprechend hätten die Beamten auf die Situation reagiert.

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