Bielefeld. Steuerhinterziehung in Höhe von mehr als zehn Millionen Euro wirft die Bielefelder Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität dem 49-jährigen Litauer Arvydas M. vor. Am Mittwoch begann vor der IX. Großen Strafkammer die Hauptverhandlung.
Laut Anklage gehörte M. einer europaweit agierenden Bande von Zigarettenschmugglern an, die ihre Ware in den Niederlanden und Belgien in versteckten Fabriken sogar selbst produziert haben soll. Nach Zwischenlagerung wurden die natürlich unversteuerten Zigaretten unter den Markennamen West, Marlboro oder Email verkauft.
Eins dieser Zwischenlager befand sich erst in Delbrück-Westenholz, später in Bielefeld-Sennestadt. Aufgabe des Angeklagten soll es unter anderem gewesen sein, das Vormaterial für die Produktion zu beschaffen, große Mengen Zigaretten abzunehmen und gewinnbringend weiter zu veräußern.
Polizei fing SMS-Chat ab
Die 25 Seiten starke Anklageschrift führt 29 Einzeltaten auf, die Arvydas M. binnen nur einem halben Jahr von April bis Oktober 2014 begangen haben soll. Dass er erst jetzt zur Rechenschaft gezogen werden kann, liegt an der schwierigen Identifizierung seiner Person. Die Bandenmitglieder kommunizierten untereinander per verschleiertem SMS-Chat, den die Polizei abfing.
Erst 2019 konnte die Identität des Angeklagten festgestellt und gegen ihn ein europäischer Haftbefehl erlassen werden. Am 8. Mai wurde er in Polen festgenommen und nach Deutschland überstellt. Seit dem 29. Mai sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede in Untersuchungshaft.
Bandenmitglieder als Untermieter
Zu Prozessbeginn verlas M.s Verteidigerin eine Erklärung ihres Mandanten. Darin macht er Angaben zu seinem Lebenslauf. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestreitet er jedoch. Zwei andere, bereits verurteilte Bandenmitglieder hätten in den Niederlanden eine Weile als Untermieter bei ihm gewohnt.
In deren Machenschaften sei er aber nicht eingebunden gewesen, hieß es in der Erklärung. In Paderborn hatte es bereits 2015 einen Prozess gegeben, in dem einer der Haupttäter zu sieben Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt worden war. Die Verhandlung wird am 5. November fortgesetzt.