Viel Frust - dann endlich freie Bahn am Bielefelder Hauptbahnhof

Bielefeld. Es fährt ein Regionalzug nach Hamm. Das war’s. Wo sonst die Züge im stetigen Takt ein- und auspendeln, wuseln am Sonntagvormittag Dutzende Arbeiter in orangen Warnwesten über die Bahngleise, stampfen Schotter, prüfen Oberleitungen, installieren Technik. Der Hauptbahnhof Bielefeld ist zum Herbstferienstart weitestgehend lahmgelegt. Es ist der finale Tusch für die Brückensanierungen der Deutschen Bahn mit umfangreichen Gleissperrungen in Bielefeld. Seit heute Morgen, vier Uhr, können die Züge jetzt wieder ungehindert über den Gleisabschnitt Bielefeld rollen – nach 16 unruhigen Monaten mit Ausfällen und Ersatzverkehren. Seit Juni 2018 waren Reisende von und nach Bielefeld von erheblichen Einschränkungen im Bahnverkehr betroffen. Die Sanierungen an den Bahnbrücken Schillerstraße, Schildescher Straße und Von-der-Recke-Straße, für die je Bauabschnitt eine Hälfte der Gleise gesperrt werden mussten, machten Bielefeld mehr als ein Jahr lang zum Nadelöhr. Probleme mit der Bahn-App Im Neuen Bahnhofsviertel mussten Parkplätze gestrichen und Haltestellen für einen Strauß an Schienenersatzverkehren eingerichtet werden. Diese sorgen am Sonntag noch einmal für emsige Betriebsamkeit hinterm Bahnhof und Frust bei den Fahrgästen. Die Rückbauarbeiten erfassen den gesamten Gleisbereich, kein einziger Fernzug verkehrt. Nur jener eine Regionalzug nach Hamm darf stündlich den Bahnhof verlassen. &bdquo;Die Sperrungen sind in Ordnung. Aber dass die Abfahrtzeiten in der App der Deutschen Bahn nicht stimmen, nervt", ärgert sich Markus Fischer. Er wollte per Bus nach Sennestadt und sitzt jetzt am Bahnhof fest. &bdquo;Der Schienenersatzverkehr ist 15 Minuten früher gefahren als angegeben." Mit Fischer warten zwei junge Frauen auf den Bus der Eurobahn nach Paderborn. Auch sie sagen, man werde schlecht informiert. »Es herrscht leider das reinste Chaos« &bdquo;Es herrscht leider das reinste Chaos", bestätigt Carola Suhrbier von der Nordwestbahn. Mit Kollege Kay Westermann beantwortet Suhrbier geduldig alle Fragen der Wartenden, verteilt Info-Flyer. &bdquo;Unsere Busse fahren pünktlich", betont Westermann. Doch bei der Eurobahn habe es seit dem frühen Morgen Probleme gegeben. Zwei Busse in Richtung Gütersloh seien ersatzlos ausgefallen. Discogänger auf dem Heimweg saßen stundenlang am Hauptbahnhof fest. Sie hätten schließlich Taxi-Gutscheine der Deutschen Bahn bekommen. Dass die Zeiten in der Bahn-App unzuverlässig seien, können die Mitarbeiter der Nordwestbahn ebenfalls bestätigen. &bdquo;Auch manche Busfahrer wirken heute überfordert. Bei der Sperrung im März war das insgesamt besser organisiert", sagt Suhrbier. Firmen arbeiteten parallel an drei Bahnhöfen Am Bahnsteig nebenan blitzt eine orange Warnweste auf: Seine Firma nutze die Sperrung, um die Achsenzähler an den Gleisen zu erneuern, erklärt der Westen-Mann. &bdquo;Sie zählen, ob alle Waggons eines Zugs durchgefahren sind. Zusätzlich gibt es Geschwindigkeitsmesser, die kontrollieren, ob der Zug abbremst und sonst eine Notbremsung einleiten." An diversen Stellen im Gleis sind verschiedene Firmen parallel im Einsatz. An den Bahnhöfen Bielefeld, Brake und Brackwede. An Weichen, Signalanlagen und Gleisbett. Auf Höhe der Handwerkskammer hat Tiefbauer Simon Poppe mit zwei Kollegen, Schaufel, Bagger und Presslufthammer gerade eine Querung für die Verkabelung unter den Schienen gelegt und schüttet neuen Schotter auf. Die Arbeiten lägen im Zeitplan, sagt ein Bahnsprecher am Sonntagnachmittag. Bielefelderin Ingeborg Rommel (82) steht eine Odyssee bevor Unterdessen machen sich der einzige Zug des Tages und Kai Hartmann an Gleis 5 bereit zur Abfahrt in Richtung Hamm. Mit seiner Buchung habe alles wunderbar geklappt, sagt der 41-Jährige aus Wittlich in der Pfalz. Er lobt die Organisation der Deutschen Bahn: Seine Reservierungen seien trotz geänderter Fahrtzeiten erhalten geblieben. Eine kleine Odyssee steht dagegen Sennestädterin Ingeborg Rommel (82) bevor. &bdquo;Ich fahre gleich mit dem Bus nach Herford, dann mit der Bahn von Herford nach Rheine und von Rheine nach Emsdetten. In Emsdetten mache ich einen kurzen Besuch. Dann geht es weiter mit Umstieg in Münster nach Frankfurt zum Flughafen." Das Bahnchaos nimmt Rommel gelassen. Sie freut sich auf ihr Reiseziel: drei Wochen Urlaub in Singapur und Australien. 5.000 Tonnen Beton wurden verbaut Gegen vier Uhr am Montagmorgen ist der Bahn-Spuk vorbei und eine der wichtigsten Baustellen der Deutschen Bahn in NRW Geschichte: 5.000 Tonnen Beton wurden verbaut, 12.000 Meter Kabel verlegt, 45 Millionen hat die Sanierung der drei Bielefelder Bahnbrücken gekostet, 80.000 Reisende waren von den Einschränkungen täglich betroffen. Die Unterführungen an Schildescher und Schillerstraße sollen zum Jahresende, die Unterführung Von-der-Recke-Straße im März 2020 fertig werden. Obendrüber haben die Züge durch Bielefeld schon jetzt wieder freie Bahn. Mehr zum Thema: Es geht weiter - langwierige Bauarbeiten am Bielefelder Hauptbahnhof starten

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