Fridays-for-Future-Aktivisten kritisieren scheinheilige Bielefelder Politiker

Bielefeld. Menschen wie Benjamin Angermann werden gern mal übersehen. Der Student ist ein unauffälliger Typ, braune Locken, Trekkingjacke, freundlicher Blick, leise Stimme. Und dennoch verschafft sich der Soziologie-Student aktuell mächtig Gehör. Er ist einer der Drahtzieher des Bielefelder Ablegers von Fridays-for-Future. Zum harten Kern der Bewegung in Bielefeld zählt der 22-jährige Angermann knapp 70 junge Menschen. Sie treffen sich alle zwei bis drei Wochen an der Uni zu einer &bdquo;Vollversammlung". Dann besprechen sie in rund drei Stunden das weitere Vorgehen: Wann findet die nächste Demo statt? Welche Redner laden wir ein? Was machen andere Städte? Die ältesten Mitglieder seien um die 30; die jüngsten im Teenager-Alter. Wichtig seien den Akteuren flache Hierarchien. Anfangs habe ein festes Organisations-Team Regie geführt, doch das hatte bei vielen Teilnehmern zu Kritik geführt. Seitdem verteile man die Verantwortung auf viele Schultern. Die jüngste Demo durch die City wurde beispielsweise von 14-jährigen Schülern maßgeblich geplant und moderiert. Brief an OB Clausen hatte überrascht Überrascht haben die jungen Aktivisten kürzlich mit einem perfekt ausformulierten Brief an Oberbürgermeister Pit Clausen, in dem sie den Klimanotstand fordern. Daraufhin sahen sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass der Brief von jemand anderes formuliert wurde. Das weisen die Aktivisten zurück. Lediglich die Eltern einiger Teilnehmer hätten mitgeholfen, den Antrag aufzusetzen. Die nennen sich offiziell &bdquo;Parents-for-Future" – und begleiten die Demos am Rande. Auch aus anderen Städten hätten die Klimaaktivisten Unterstützung erhalten. &bdquo;Herford hatte zu der Zeit ja bereits den Klimanotstand ausgerufen. Von dort haben wir wertvolle Tipps erhalten", sagt Angermann. Den Vorwurf der Instrumentalisierung weist er zurück und betont, dass die Bielefelder Bewegung unabhängig und überparteilich sei. Das bestätigt auch Darius Kosmützky. &bdquo;Natürlich werden wir aktuell von vielen Seiten umgarnt", sagt der 22-jährige Student. &bdquo;Aber das lassen wir nicht zu." Lob und Anerkennung reiche ihnen nicht aus. &bdquo;Wir würden auch die CDU unterstützen, wenn die ein vernünftiges Klimaschutzkonzept hätte", sagt Kosmützky. Auch die Grünen hätten noch Luft nach oben. "Wir dachten danach, dass sie unsere Vorschläge teilen" Enttäuscht seien sie vom Verhalten einiger Ratsfraktionen. &bdquo;In den Vorgesprächen haben sie uns das Gefühl gegeben, uns zu unterstützen. Wir dachten danach, dass sie unsere Vorschläge teilen", sagt Angermann. &bdquo;Doch während der Ratssitzung haben sie viele unserer Punkte dann öffentlich kritisiert." Die Aktivisten ärgern sich darüber, wollen sich aber nicht unterkriegen lassen. Ihr Ziel sei es, dass all ihre Forderungen noch einmal im Rat diskutiert und beschlossen werden. Positiv sei, dass sich die Bewegung langsam aber sicher durchmische. &bdquo;An der Uni sind wir jetzt stärker präsent." Eine kürzlich gegründete Hochschulgruppe soll weitere Impulse setzen. Auch auf Bundesebene seien einige Mitglieder aktiv – und so mit Vertretern anderer Städte im Austausch. Vor wenigen Tagen habe eine 78-Jährige gefragt, ob sie mitmachen dürfe. &bdquo;Klar doch", habe Angermann gesagt. Man wolle künftig gern mit mehr Erwachsenen auf die Straße gehen. Schon jetzt reihen sich regelmäßig Gruppen und Initiativen wie die Seebrücke, Randentscheid und Bielefeld pro Nahverkehr ein. Dort, auf der Straße, gab zuletzt David Nalimov den Ton an. Während der jüngsten Demo brüllte der 15-jährige Schüler des Ceciliengymnasiums unzählige Schlachtrufe in das Mikrofon, knapp drei Stunden lang. Auch in der Ratssitzung ergriff er schließlich das Wort – und redete den Politikern ins Gewissen. "Wir wollen uns ja bewusst breiter aufstellen" Bleibt da noch der Vorwurf, dass Umweltverbände im Hintergrund die Strippen ziehen: &bdquo;Bei uns laufen Einzelpersonen mit, zum Beispiel von Greenpeace", sagt Angermann. Ganze Verbände würden in Bielefeld aber keinen Einfluss auf die Aktivisten nehmen, sagt er. Das sei in anderen Städten eher der Fall – aber ohnehin kein Problem. &bdquo;Wir wollen uns ja bewusst breiter aufstellen, um unsere Ziele zu erreichen", sagt Angermann. Eine Forderung der Bielefelder Politiker habe ihn besonders verwundert: Nämlich die, dass die jungen Aktivisten doch lieber in die Parteien eintreten und Politik betreiben sollten. Wenn junge Menschen das wollten, hätten sie es doch schon längst getan, entgegnet Angermann. &bdquo;Unzufriedenheit mit den politischen Parteien ist doch auch ein Grund, warum unsere Bewegung überhaupt erst entstanden ist." Lesen Sie auch:Der schönste Mann Deutschlands kommt aus BielefeldAutohändler zieht Bielefelder ab - Polizei sucht Betrüger per Öffentlichkeitsfahndung Hochzeitskorso blockiert Jahnplatz: Polizei ermittelt Fahrer Nun kommt der ganze Horror des Bielefelder Kurheims ans Licht Das Hotel Bielefelder Hof hat einen neuen Besitzer

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